„Folkwang“ hieß der Saal der Göttin Freya in der Walhalla und er verkörperte Liebe und Schönheit. Längst sind die Begrifflichkeiten der germanischen Mythologie kein Allgemeingut mehr, doch die Folkwang-Hochschule kennt jeder, der sich mit Musik, bildender und darstellender Kunst beschäftigt. Seit der Gründung der Hochschule 1927 in Essen durch Operndirektor Rudolf-Schulz-Dorburg sowie den Choreografen Kurt Jooss hat sich dort diese Idee der Künste unter einem Dach erhalten, auch wenn sie manche Erweiterung und Veränderung erfahren hat. Als einzige von sieben Kunsthochschulen in Nordrhein-Westfalen ist die Folkwang-Hochschule in Essen der Integration der Künste per Gesetz verpflichtet. Derzeit befindet sich die Hochschule in einem tief greifenden Strukturwandel.
„Folkwang“ hieß der Saal der Göttin Freya in der Walhalla und er verkörperte Liebe und Schönheit. Längst sind die Begrifflichkeiten der germanischen Mythologie kein Allgemeingut mehr, doch die Folkwang-Hochschule kennt jeder, der sich mit Musik, bildender und darstellender Kunst beschäftigt. Seit der Gründung der Hochschule 1927 in Essen durch Operndirektor Rudolf-Schulz-Dorburg sowie den Choreografen Kurt Jooss hat sich dort diese Idee der Künste unter einem Dach erhalten, auch wenn sie manche Erweiterung und Veränderung erfahren hat. Als einzige von sieben Kunsthochschulen in Nordrhein-Westfalen ist die Folkwang-Hochschule in Essen der Integration der Künste per Gesetz verpflichtet. Derzeit befindet sich die Hochschule in einem tief greifenden Strukturwandel.Seit Oktober 2000 ist Rektor Martin Pfeffer als Nachfolger von Edmund Illerhaus im Amt. Bei der letzten Senatswahl wurde Pfeffer von den Reformkräften gewählt, um einen radikalen Strukturwandel nach dem Modell der „Zukunftswerkstatt“ nach Robert Jungk zu initiieren. Der neue Rektor versichert: „Wir werden den Prozess über die Zukunftswerkstatt so anlegen, dass er partizipativ ist, in einer urdemokratischen Weise. Jeder kann die Dinge mitgestalten, das ist eine wichtige Nachricht nach außen.“Bislang wurde der Strukturwandel von der Hochschulöffentlichkeit sehr gut aufgenommen: Brechend volle Räume sowohl bei Vollversammlung als auch bei der Zukunftswerkstatt.
Damit aus der Aufbruchsstimmung keine unendliche Reform wird, gibt es einen engen Zeitplan: das heißt es gibt 2000/2001 keine Semesterferien und der gesamte Prozess soll nicht länger als eineinhalb Jahre dauern.
Dabei übernimmt das Rektorat nur die Rahmenplanung, die in Zusammenarbeit mit dem Gemeinnützigen Centrum für Hochschulforschung (CHE) in Gütersloh entstand (und „die keine inhaltliche Vorgaben macht“ wie Pfeffer mehrfach betont). Das CHE ist ein Zentrum für Hochschulentwicklung, eingerichtet von der Hochschulrektorenkonferenz und der Bertelsmann-Stiftung, in dem Fachleute versammelt sind, die in verschiedenen Hochschulreformprozessen Erfahrung gesammelt haben. Das Zentrum soll den Folkwangreformern helfen, typische formale Fehler, die bei Hochschulumgestaltungen begangen werden, zu vermeiden. „In Akademiezusammenhängen wird – was Veränderungen betrifft – in sehr langen Zeiträumen gedacht“, illustriert Pfeffer diese potenziellen Fehlerquellen. „Das ist gleichzeitig auch ein strategisches Mittel, um Veränderungen zu erschweren, zu verhindern, zumindest zu marginalisieren.“
Diesen Effekt will das Rektorat mit einem klaren Zeitplan verhindern. Von der programmatischen Rede Pfeffers am 2. November bis zum 1. Juli 2001 müssen die Konturen so klar sein, dass der Pool an frei gewordenen Stellen nach neuen Kriterien vergeben werden kann. Der Bedarf für die neuen Studienausrichtungen muss dann klar sein. Wie die Struktur dann aussieht, ob sich die Hochschule in Institute, Departments oder Fachbereiche gliedert, ist nach Pfeffers Überzeugung nachrangig.
„Das was wir hier betreiben“, so Pfeffer, „ist eigentlich eine Selbstevaluation. Wir machen eine Stärke-Schwächen-Analyse.“ Bis Juli sollen neue Stellen entstehen durch Pension, Weggang oder durch laufende Verfahren. Zurzeit wird allerdings noch nicht berufen. Denn die Besetzung soll kein Stückwerk sein, die Reform soll sich konzeptionell in Berufungen und Umwidmungen auswirken können.
Längst zeichnet sich ab, dass die Zukunftswerkstatt weder vor der Lehre noch vor Studien- und Prüfungsordnung halt machen wird. Erste Schritte in eine Modularisierung des Studiums wurden bereits vollzogen. Jeder Student soll sich in Zukunft sein Hauptstudium selbst „zusammenbauen“. Das modulare Prinzip ist besonders inte-ressant vor dem Hintergrund der Folkwang-Idee, der sich die neue Hochschule mehr denn je verpflichtet fühlt. Für Wolf Burbat, Prorektor und Leiter der Jazzabteilung besteht der Folkwang-Gedanke heute in erster Linie in der Interdisziplinarität. „Diesen Gedanken tragen wir immer vor uns her und lösten ihn dennoch bis jetzt noch nicht so befriedigend ein, wie man das könnte. In gelegentlichen Projekten wird zusammengearbeitet. Das ist aber noch nicht richtig ins Studium eingeflossen: Das ist das, was wir jetzt vorhaben.“
Bereits heute bietet Folkwang mehr Disziplinen als üblich: Ein bundesweit wohl einmaliges Zusammenspiel von Orchester und Solistenausbildung, von Theater und Tanz (mit Pina Bausch als Leiterin des Folkwang Tanzstudios FTS), von Jazz und Computer-Musik, von Wissenschaft und Musikpädagogik lockt nach wie vor zahlreiche junge Künstler nach Essen. Und dass in der Folkwang-Hochschule, die heute in den Räumlichkeiten der ehemaligen Werdener Abtei untergebracht ist, neben München die einzige Professur für Gregorianik in Deutschland existiert, ist angesichts dieser Vielfalt eigentlich nicht weiter verwunderlich. Geplant ist auch, ab Sommer 2002 die „Internationalen Sommerkurse für Gregorianik“ wieder aufzunehmen.
In einer Zeit, wo es zunehmend Konkurrenz unter den Instituten gibt, schadet es sicher nicht, das eigene Profil zu schärfen, um nicht eine Hochschule unter anderen zu sein. „Was dieses Profil im Einzelnen ist“, so Rektor Pfeffer, „das werden wir noch weiter verfolgen. In der ersten Phase des Wandels hat sich abgezeichnet, dass die Interdisziplinarität allen sehr wichtig ist.“
Der Folkwang-Zukunftswerkstatt geht es nun darum, den Ansatzvorteil der Folkwang-Hochschule zu nutzen. „Dadurch dass wir nicht nur Musikhochschule sind, sondern auch Theater und Tanz dabei haben, können wir genau darin ein interessantes modulares Feld schaffen. Wir streben interdisziplinäres Denken an, keine Fachidioten.“ Welche Bedeutung eine flexib- lere Ausbildung für die künftige Berufspraxis von Studienabgängern haben könnte, liegt angesichts permanentem Wandel in den Berufsbildern auf der Hand.
Eine modulare Spielwiese will man aber nicht werden, dafür ist der Drang der Künste sowie deren Studenten auch nach außen zu gehen zu groß. So gibt es eine traditionelle Kooperation mit dem Werdener Gymnasium, einem musischen Gymnasium mit Tanzabteilung. Es bestehen Kontakte zur Folkwang-Musikschule, wo ebenfalls die Fächer Instrumente und Tanz unter einem Dach unterrichtet werden. Weiter bestehen vielfältige Kontakte zur Kulturszene, insbesondere zur neu aufgebauten Zechenkultur (Zeche Zollverein). Nach wie vor laufen die Fäden auch zur Urzelle der Folkwang-Hochschule, dem zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts von Karl Ernst Osthaus gegründeten Museum Folkwang.
„Auch zu Größen wie Gerard Mortier“ versichert Pfeffer, „suchen wir Kontakt. Der designierte Intendant der Triennale hat versprochen, dass er mit allen möglichen Kulturinstitutionen Kontakt haben möchte. Wir werden ihm als zentrale künstlerische Ausbildungsstätte des Ruhrgebiets eine Kooperation anbieten.“