Am Ende der ersten Orchesterwerkstatt der Musikakademie Rheinsberg zu Ostern im Schlosstheater Rheinsberg gaben die jungen Musiker/innen sich den Namen „Orchester 1770“. Das war 2003. Auf dem Programm stand die Premiere der Oper „Paris und Helena“ von Christoph Willibald Gluck, uraufgeführt im Jahr 1770. Die jährlichen Opernwerkstätten der Musikakademie hatten damit ihr Projektorchester. Die Jahreszahl 1770 gibt Auskunft über das Repertoire: Opern aus der Zeit des von Prinz Heinrich von Preußen erbauten historischen Rheinsberger Schlosstheaters.
Mitglieder des Orchesters können Studenten und Absolventen der Berliner Musikhochschulen werden, die in Vorspielen ausgewählt oder von Meisterkursdozenten der Musikakademie empfohlen wurden. Die Dirigenten sind ebenfalls junge Leute, Stipendiat/-innen des Dirigentenforums des Deutschen Musikrates wie Eva Caspari, Justus Thorau oder Aurélien Bello, besonders befähigte Studierende der deutschen Musikhochschulen wie zum Beispiel Erina Yashima und Elias Grandi oder „eigener“ Nachwuchs – Studien- beziehungsweise Chorleiter einer Produktion, die die Fähigkeit zur Musikalischen Leitung eines Gesamtprojektes erkennen ließen wie Rustam Samedov und Fausto Nardi. Für die meisten von ihnen war es die Chance, erstmalig in eigener Verantwortung und in Zusammenarbeit mit jungen Sängern, Regisseuren, Bühnen- und Kostümbildnern eine komplette Opernproduktion zu erarbeiten.
Die dabei frei werdende Energie und Kreativität kennzeichnet auch die Arbeit des Orchesters in der Auseinandersetzung mit den unbekannten Partituren von Grétry, Piccinni, Reichardt, Cherubini, Hasse, Rousseau oder Wilhelmine von Bayreuth. Nicht selten ist Aufführungsmaterial zu ergänzen, sind Stimmen zu modifizieren oder die Musiker übernehmen szenische Elemente der Inszenierung.
Die Orchesterwerkstatt beginnt in der Regel mit einer reinen Orchesterprobenwoche in Berlin und setzt sich bei den Endproben und den meist sechs Vorstellungen der Oper im Schlosstheater Rheinsberg fort. Auch neben den Orchesterproben wird oft noch musiziert und es entstehen interessante Kammermusikprogramme, die in Konzerten der Musikakademie oder auch anderswo erklingen. Mittlerweile sind aus dem Orchester mehrere sehr erfolgreiche Kammermusikformationen hervorgegangen, die von Stiftungen gefördert werden (u.a. Live Music Now).
Die Musiker erhalten die Möglichkeit, mehrere Jahre in dem Orches-ter mitzuspielen. Sie erwerben so Orchestererfahrung und werden auf dem Weg in die Berufspraxis kontinuierlich gefördert. Das schließt Angebote für Solo- oder Kammermusikauftritte auch außerhalb der Orchesterwerkstatt ein.
Die mehrjährige Förderung durch die Musikakademie hat bewirkt, dass die jungen Musiker tatsächlich zu einem Orchester mit Qualitätsanspruch zusammengewachsen sind. Veränderungen aufgrund der beruflichen Entwicklung Einzelner werden aufgefangen, Jüngere rücken nach, die Auswahl erfolgt in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit Meisterkursdozenten wie Prof. Marianne Boettcher und Prof. Christian Friedrich Dallmann von der Universität der Künste Berlin und den entsprechenden Hochschulprofessoren. Während der Proben stehen die jeweiligen Hochschullehrer ihren Studenten wie der Musikakademie beratend zur Seite.
Ostern 2015 steht das Orchester unmittelbar im Rampenlicht. Musikalisch geleitet von Hermes Helfricht, Stipendiat des Dirigentenforums des Deutschen Musikrates, begeben sich die Musiker gemeinsam mit zwei jungen Gesangssolisten auf eine musikalische Reise von Paris nach Rheinsberg – im Gepäck Musik von Antonio Sacchini, Jean-Philipp Rameau, Christoph Willibald Gluck, Niccolò Piccinni, Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart, Ausschnitte aus Opern, die Prinz Heinrich von Preußen in seinem Französischen Rheinsberger Theater aufführen ließ und Solowerke, mit denen Solisten aus dem Orchester ihr Können zeigen dürfen.
Vier Konzerte stehen am Ende der Orchesterwerkstatt: 4.4.2015, 19.30 Uhr, 5.4.2015, 15 Uhr, 11.4.2015, 19.30 Uhr und 12.4.2015, 15 Uhr im Schlosstheater Rheinsberg.