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Riesige Fortschritte für die Popchorleitung

Untertitel
Pilotlehrgang an der Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel
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Das Dozententeam im Ausschreibungstext liest sich wie die Creme de la Creme der deutschen Jazzchorleiterszene: Prof. Anne Kohler, Martin Carbow (beide mit 1. Preis im Deutschen Chorwettbewerb), noch dazu Oliver Gies von Maybebop, dessen gefragte Chorarrangements spätestens seit dem Pflichtstück „Engel“ des diesjährigen Chorwettbewerbs bekannt sind. Für die Stimmbildung steht Lindsay Lewis, baldige Absolventin des berühmten dänischen Complete Vocal Institutes und inzwischen Professorin für Jazz- und Populargesang an der Universität Rostock. Große Namen.

Sie alle hat Markus Lüdke für einen sechsphasigen berufsbegleitenden Lehrgang zum Jazz- und Popchorleiter nach Wolfenbüttel verpflichten können. Ich bin beeindruckt. Aufgewühlt. Ich melde mich sofort an! Zusammen mit 39 weiteren begeisterten Chorleitern aus Deutschland treffe ich dann im Oktober 2007 in der Bundesakademie ein. In der Vorstellrunde wird das breite Spektrum der Teilnehmer deutlich: Manche kommen aus der Klassik und wollen in den Jazz schnuppern, andere sind Gesangslehrer und spüren den Trend zum Ensemblegesang, wieder andere haben noch sehr wenig Dirigiererfahrung und wollen in der Weiterbildung den Einstieg schaffen. Studenten und „alte Hasen“ hat also die Ausschreibung gleichermaßen angesprochen. Sogleich geht es los. Der ausgeklügelte Stundenplan wird ausgeteilt und schnell wird klar, dass diese zwei Jahre großen Arbeitseinsatz erfordern werden.

Gebt mir Futter

Chorische Stimmbildung, Dirigieren in Pop und Jazz, Probenmethodik, Arrangieren, Gehörbildung und Analyse, Stilkunde, Vokalperkussion, Rhythm&Groove, Einzelstimmbildung, chorpraktisches Klavierspiel und nicht zuletzt Chorsingen stehen auf dem Programm. Für die einzelnen Fächer werden die Teilnehmer meist in Kleingruppen aufgeteilt und es bestätigt sich der erste Eindruck des unterschiedlichen Niveaus der Teilnehmer auf den jeweiligen Gebieten. In allen Augenpaaren steht jedoch gleichermaßen zu lesen: „Ich will was lernen, gebt mir Futter!“ Davon haben die Dozenten reichlich. Und so eilen wir zukünftigen Jazz- und Popchorleiter durch die hervorragend ausgestatteten Räume der Bundesakademie von einem Kurs zum nächsten, von morgens 9 Uhr bis nachts 22 Uhr, dazwischen kurze Erholungspausen bei den Mahlzeiten, und saugen auf, was sich da über einen erGIESst. Beim Wein in gemütlicher Runde sind wir uns schon am Donnerstagabend einig, dass dieser Kurs seine KOHLE(R) absolut wert ist. Man trifft hier endlich auf Kolleginnen und Kollegen und der Austausch von Chorarrangements, die Tipps für das nächste Konzerthighlight und die ein oder andere Grundsatzdiskussion („Kann der Chorlaie wirklich die Synkope erlernen?

Klatscht der Deutsche nicht genetisch bedingt auf 1 und 3 statt auf 2 und 4?“) lassen die Zeit wie im Flug vergehen. Schon viel zu bald ist es Sonntagmittag und die erste Rückmelderunde steht an. Viel ist es gewesen, stressig und anregend zugleich. Neue Freundschaften haben sich angebahnt und deshalb fällt schon der erste Abschied schwer. Ein Teilnehmer verspricht, ein Internetforum für uns einzurichten – und die Mailadressen und Telefonnummern haben wir ja sowieso. Alle 40 wollen wir wiederkommen.

Ein Aufwand, der sich lohnt

Zu Hause im eigenen Chor angekommen, wird mir bewusst, auf welch hohem Niveau wir in Wolfenbüttel musiziert haben. Es fällt schwer, die gleiche CARBOWsche Power herzustellen und die Chorarrangements sind für meinen Chor noch zu komplex. Aber ich habe viel an Probenmethodik und dank des hervorragend strukturierten Unterrichts von Markus Lüdke vor allem viel Nützliches über die Vermittlung von Rhythmus gelernt. Das bringt mich und meinen Chor schnell ein entscheidendes Stück weiter. Ich bleibe motiviert. Dann kommt der Brief mit den Hausaufgaben. Sechs eng bedruckte Din-A-4 Seiten. Man soll ein Stück, das in der nächsten Phase mit dem Chor einzustudieren ist, singend erarbeiten und einen detaillierten Probenplan erstellen. Zu allen (!) Stationen des Einsingens eine Übung aufschreiben und fähig sein, diese mit der Gruppe durchzuführen. Zwei Songs aus unterschiedlichen Genres erarbeiten und auswendig lernen. Üben, durch Körpersprache und Mimik Lieder einzuzählen. Fünf Stilkundecharts bearbeiten. Akkordsymbole eines Stückes analysieren. Ein einfaches Arrangement schreiben. Regelmäßig Jazz und Pop hören sowie täglich die eigene Blattsingfähigkeit trainieren. Verschiedene Klavier-Grooves aus dem Kurs üben und und und …

Fassungslos starre ich auf das fettgedruckte Abgabedatum: 19. Dezember 2007. Es ist mir völlig schleierhaft, wie ich das alles neben der musikalischen Hochphase der Advents- und Weihnachtszeit schaffen soll. Im Forum klagen wir einander unser Leid und die ersten Kandidaten verabschieden sich. Ich fange mit den Hausaufgaben an und – es macht riesigen Spaß! Es flutscht! Ich entwickle eine Kreativität und Freude, wie ich sie schon lange nicht mehr gespürt habe! Nicht allen geht es so wie mir. Im Februar haben elf Leute den Kurs verlassen (leider fast nur Männer), aber dafür sind welche von der Warteliste nachgerückt. Diese Gruppe bleibt dann im Wesentlichen bestehen. Über die zwei Jahre wachsen wir gut zusammen und der Unterricht bleibt spannend und wird durch hervorragende Gastdozenten ergänzt. Alle machen riesige Fortschritte.

Die Abschlussprüfung in der 6. Phase gestaltete sich dann ebenso umfangreich und anspruchsvoll – auch wenn die Bewertung dabei für uns nicht immer ganz durchsichtig ausfiel. Das kritikoffene Dozententeam hat hier für die zweite Staffel aber bereits entsprechende Veränderungen vorgenommen. Das wichtigste für uns aber war: Wir bestehen alle und sind wahnsinnig stolz darauf, die ersten 25 neuen Jazz- und Popchorleiter zu sein!

Ich kann diese Weiterbildung den Leuten wärmstens empfehlen, die Lust haben, sich sehr intensiv mit Pop- und Jazzchorleitung auseinanderzusetzen und den zeitlichen Aufwand dafür nicht scheuen. Es lohnt sich!

Informationen zum neuen Lehrgang Jazz- und Popchorleitung der Stufe B
Termine: 1.–5.9.2010 (1. Phase),
16.–20.2.2011 (2. Phase),
22.–26.6.2011 (3. Phase),
31.8.–4.9.2011 (4. Phase),
2012 (5. und 6. Phase)
Kostenanteil: 370,- Euro pro Phase (inkl. Ü/VP)
Anmeldeschluss für Phase 1:  30. Juli 2010
Der Lehrgang wird in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chorverbände (ADC) durchgeführt.

Kontakt & Beratung
Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel
Schlossplatz 13
38304 Wolfenbüttel
Tel. 05331/808-411
Fax 05331/808-413
post [at] bundesakademie.de (post[at]bundesakademie[dot]de)
www.bundesakademie.de

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