Seit etlichen Jahren schon ist Kürnbach im Kraichgau an den Tagen vor Christi Himmelfahrt Schauplatz eines sicherlich einzigartigen Projekts: In der dortigen Akademie des Blasmusikverbandes Baden-Württemberg arbeiten instrumentale und vokale Jazzgruppen nordbadischer Gymnasien mehrere Tage lang mit Profis von Weltklasseniveau. Die Instrumentalgruppen werden regelmäßig von so namhaften Jazzmusikern wie Peter Herbolzheimer, Judy Niemack (Gesang) und José Cortijo (Percussion) betreut. Dazu kam in diesem Jahr noch Klaus Graf (Saxophon). Die Ergebnisse der gemeinsamen Anstrengungen werden dann regelmäßig im Abschlusskonzert einer größeren Öffentlichkeit präsentiert. Möglich wird das Ganze durch die Zusammenarbeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe mit der Akademie. Die Plätze bei diesem Workshop, berichtet Regierungsschuldirektor Reiner Senger, sind inzwischen so begehrt, dass Wartelisten eingerichtet werden müssen.
Zentrale Ziele der baden-württembergischen Bildungspläne, die eine Öffnung der Schulen nach außen vorsehen und neben fachlichen auch auf soziale und personale Kompetenzen großes Gewicht legen, können hierbei in optimaler Weise verwirklicht werden. Die Arbeit mit den Jazzexperten bringt die Jugendlichen in mehrfacher Hinsicht voran: Sie erhalten nicht nur vielfältige fachliche Hinweise zur Verbesserung der eigenen Spielpraxis, sondern werden auch dazu angespornt, an sich weiterzuarbeiten und Durststrecken, die beim jahrelangen Üben am Instrument nicht ausbleiben, durchzustehen. Ein Teilnehmer bringt es auf den Punkt: „Dadurch, dass so gute Dozenten da sind und verschiedene Bigbands, lernt man viel kennen, also die Gemeinschaft in der Band und Übetechniken, einfach, wie man so ein Stück anpackt und dass Musik verbindet.“ Das gelingt nur mit einem Partner, der offen ist für die Zusammenarbeit mit den Schulen. Georg Lernbass, der Direktor der Musikakademie Kürnbach, sieht eine wichtige Aufgabe darin, „verschiedene Kräfte zusammen zu bringen, zum Beispiel eine Kooperation mit Schulen einzugehen, ein Zentrum der Kommunikation verschiedener Generationen und unterschiedlichster Musikrichtungen zu bilden.“ Dass dies mit diesem Projekt hervorragend gelingt, bestätigt Peter Herbolzheimer: „Ich finde die Arbeit gerade hier in Kürnbach sehr erfreulich, die Atmosphäre ist herrlich, ich kann mir kaum etwas Schöneres vorstellen.“ Und er lobt auch den Eifer der Teilnehmer: „Die Jugendlichen ziehen auch bei hohen Ansprüchen sehr gut mit, das ist immer was Begeisterndes.“ Der Jazz als Musikrichtung, in der Improvisation, Einfallsreichtum und Individualität der Darbietung eine große Rolle spielen, bietet dabei exzellente Möglichkeiten, um Jugendliche mit unterschiedlichen Qualifikationen ihrem jeweiligen musikalischen Entwicklungsstand und ihrer besonderen Leistungsfähigkeit gemäß einzubeziehen und hervortreten zu lassen.
Welchen Motivationsschub eine solche intensive Arbeit mit Profis außerhalb der normalen wöchentlichen Proben in der Schule bei Jugendlichen auslösen kann, zeigt die begeisterte Äußerung einer jungen Chorsängerin: „Es ist natürlich fantastisch, mit so großen Leuten zu arbeiten. Man lernt einfach, ganz anders, viel freier an die Stücke heranzugehen. Es wird halt Jazz vermittelt von Leuten, die davon wirklich Ahnung haben und da mit Leidenschaft rangehen, und das springt über. Dann überlegt man sich auch viel mehr, dabeizubleiben.“ Bleibt zu hoffen, dass der Workshop auch weiterhin großzügige Förderer findet.