Unter dem Motto „Musik, Bewegung, Stimme und Sprache verbinden“ fächerte die Tagung „Spektrum Rhythmik“ an der Akademie der Kulturellen Bildung das breite Feld der Rhythmik auf. Neben vielfältigen Einblicken in die künstlerische, wissenschaftliche und pädagogische Praxis stand in Remscheid vor allem der fachliche Austausch im Mittelpunkt. Eine gute Gelegenheit, neue Perspektiven kennenzulernen und sich übergreifend zu vernetzen.
In einem umfangreichen Workshop-Programm und zahlreichen Vorträgen stellten Referent/-innen aus Wissenschaft, Ausbildung und Praxis die Potentiale der Rhythmik in unterschiedlichsten Feldern der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildung vor. Dabei nahm die Tagung unter anderem Fragen in den Blick, wie Rhythmik in der Sozialen Arbeit verankert werden kann, wie man Prozesse und Interaktionen anstößt und stützt, oder wie junge Menschen mit Hörschwierigkeiten durch Rhythmik erreicht werden können.
Barbara Schultze, Leiterin des Fachbereichs Rhythmik an der Akademie der Kulturellen Bildung und Gastgeberin der Tagung, eröffnete zusammen mit Prof. Renate Kühnel (OTH Regensburg) die Tagung mit einem spannenden Vortrag. Gemeinsam ordneten sie die Rhythmik ins weite Feld der Sozialen Arbeit ein, nicht ohne ihre Zuhörer/-innen in kurze akustische und körper-koordinative Erfahrungen zu entführen. Um einen besonders intensiven Austausch zu ermöglichen, hatten sich die Veranstalter dafür entschieden, die Vorträge eng mit der Praxis zu verzahnen und sorgten so für eine sinnesanregende Atmosphäre.
Julia Wernicke ging in ihrem Vortrag und Workshop „Musik und Gebärde –Dialog zweier Sprachen“ auf die besondere Qualität der Rhythmik in Bezug auf die Arbeit mit hörbeeinträchtigten Menschen ein. Dabei vertrat sie auch die künstlerische Seite und veranschaulichte in Beispielen, wie sie für Pop- und Klassikkonzerte visuelle Gebärdensprachchoreografien entwickelt. Um dramaturgisch Text, Musik und Gebärdenausdruck zu gestalten, sei eine intensive interpretatorische Auseinandersetzung mit den Musiker/-innen und Sänger/-innen notwendig, so Wernicke. Das bringe auch neue Fragestellungen und Sichtweisen für die Musiker/-innen mit.
Der Neurobiologe und Experimentalpsychologe Dr. Franz Mechsner formulierte als Leitgedanken, dass Bewegungen vollständig als Wahrnehmungen geplant und gesteuert werden, als erlebtes leiblich-räumliches Geschehen. Im anschließenden Workshop „Bewegung mit Gefühl“ setzte er mit Prof. Dorothea Weise (UdK Berlin) die Bewegungserfahrungen der Teilnehmer/-innen in einen wissenschaftlichen Bezug.
Eve Gubler von der Universität Potsdam machte in ihrem Workshop deutlich, dass offene Ohren, gepaart mit Bewegung, Kindern im Grundschulalter einen „eindrücklichen“ Zugang zur Welt der Neuen Musik verschaffen können. Im Workshop erlebten die Teilnehmer/-innen stringent und lustvoll, wie mit einer durch Bewegung visualisierten Analyse von Kompositionen Zugang zu Ungewöhnlichem gelingen kann.
Die Tagung „Spektrum Rhythmik“ blickte jedoch nicht ausschließlich auf das pädagogische Potential des Fachs. Sie unterstrich auch, wie wichtig die künstlerische oder gestalterische Komponente als Impulsgeber im täglichen Einsatz ist. Am Abend präsentierten Rhythmik-Studierende künstlerische Projekte. Die künstlerischen Beiträge begeisterten ebenso wie der Austausch mit dem Publikum, bei dem die Studierenden ihre Choreografien beleuchteten. Darin gaben sie einen Blick hinter die Kulissen ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit hörbarer und nichthörbarer Musik und Texten.
Unter dem Titel „Musik und Bewegung improvisiert“ folgten 30 aufregende und mitreißende Minuten mit Dorothea Weise, Dierk Zaiser, Ulrike Brand und Olaf Pyras. Die vier Musiker*innen und Tänzer*innen kennen sich künstlerisch und lehrend. Gemeinsam auf der Bühne standen sie aber zum ersten Mal und improvisierten ganz aus dem Moment heraus – ohne Konzept, ohne Verabredung.
Am Ende der Tagung, die die Akademie der Kulturellen Bildung in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Musik und Bewegung, der Universität der Künste Berlin und der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg ausrichtete, betonte Barbara Schultze: „Der Austausch und Blick in die künstlerische Ebene hinein war extrem wichtig. Wir sind froh, dass wir mit unserem eng verzahnten Vortrags- und Workshop-Programm den Besucher/-innen zahlreiche Impulse und viel praktische Erfahrung für die pädagogische Arbeit mitgeben konnten.“ Eine Erkenntnis, die sich auch schon im Abschlussplenum spüren ließ: Aus unterschiedlichsten Herkunftsdisziplinen kommend, ließen sich Gemeinsamkeiten entdecken und neue Impulse für die eigene Arbeit mitnehmen. So entstehen Netzwerke!