„Was ist Jazz ?“ – Auf diese Frage antwortet der Klarinettist Pee Wee Russell: „... irgendwie läuft es letzten Endes darauf hinaus, dass ein paar Leute – ganz egal, woher sie kommen – im Herzen das richtige Gefühl und im Körper den richtigen Rhythmus haben.“
Ein besonders gelungenes Beispiel für diese Definition ist die jährlich stattfindende Schüler-Jazz-Begegnung in der Musikakademie Kürnbach. Seit zwölf Jahren schon ist Kürnbach im Kraichgau an den Tagen vor Christi Himmelfahrt Schauplatz eines sicherlich einzigartigen musikalischen Kooperationsprojekts: Instrumentale und vokale Jazzensembles verschiedener Gymnasien aus dem Regierungsbezirk Karlsruhe arbeiten mehrere Tage mit Jazz-Profis von Weltklasseniveau zusammen.
Als Dozenten sind namhafte Jazzmusiker wie Professor Klaus Graf (Saxophon), José Cortijo (Percussion), Judy Niemack (Jazz-Chor) und Christian Meyers (Trompete) tätig, die in wechselnden Workshops das Zusammenspiel der Bands verfeinern, an der Phrasierung und Intonation arbeiten und insgesamt für den filigranen musikalischen Feinschliff sorgen.
Jazz als Musikrichtung, in der Improvisation und Individualität der Darbietung eine große Rolle spielen, bietet hervorragende Möglichkeiten, Jugendliche mit unterschiedlichen Qualifikationen ihrem jeweiligen musikalischen Entwicklungsstand und ihrer besonderen Leistungsfähigkeit entsprechend einzubeziehen oder hervortreten zu lassen.
So können sie sich im Workshop in exemplarischer Weise als ganzheitliche Persönlichkeit erfahren im Spannungsfeld zwischen Individualität und Allgemeinheit, zwischen Einordnung in ein Ensemble und Bewährung als einzelne Musiker oder Solisten.
Die Ergebnisse der gemeinsamen musikalischen Arbeit werden regelmäßig in einem abschließenden Benefizkonzert der Öffentlichkeit präsentiert.
Für die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler steht natürlich das Erlebnis des gemeinsamen Musizierens unter professioneller Anleitung und das Interesse an der musikalischen Begegnung mit anderen Ensembles im Vordergrund.
Aber ganz selbstverständlich werden dabei auch zentrale Intentionen des Bildungsplanes verwirklicht: Ein außerschulischer Kulturträger, hier der Blasmusikverband Baden-Württemberg e.V., fördert die schulische musikalische Arbeit, und Jugendliche erleben, wie sie mit ihrem musikalischen Tun über die Schule hinaus in die Öffentlichkeit wirken. Die Arbeit mit Profis bringt die Schülerinnen und Schüler in mehrfacher Hinsicht voran: Sie erhalten nicht nur vielfältige fachliche Hinweise zur Verbesserung der eigenen Spielpraxis, sondern werden auch längerfristig dazu angespornt, an sich weiterzuarbeiten und Durststrecken, die beim jahrelangen Üben am Instrument nicht ausbleiben, durchzustehen. Zugleich erleben sie, dass sich Ausdauer und beharrliche Anstrengung lohnt. Die Verbesserung der eigenen musikpraktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten geht einher mit einem tiefer gehenden Hören und Verstehen von Musik.
Durch die intensive Probenarbeit in den Workshops werden soziale Kompetenzen bei den Jugendlichen gefordert und gefördert. Die gemeinsame Anstrengung hin auf ein Ziel, die Konzertaufführung, lässt Teamgeist und Verantwortungsgefühl für die gemeinschaftliche Aufgabe wachsen. Und die Notwendigkeit, im Abschlusskonzert mit der eigenen Leistung vor einem Konzertpublikum zu bestehen, fördert die Einübung personaler Kompetenzen, wie zum Beispiel sicheres Auftreten und Präsentation einer Leistung.
Reiner Senger, Musikreferent am Regierungspräsidium Karlsruhe, und Georg Lernbass, Direktor der Musikakademie Kürnbach, sind sich mit Blick auf die sehr erfolgreich verlaufenden jährlichen Jazz-Tage in Kürnbach sicher, dass ihr Kooperationsprojekt die mitwirkenden Schülerinnen und Schüler in ihrer musikalischen und persönlichen Entwicklung sehr fördert. Beide sehen die Fortführung dieser Kooperation auch als Hommage an den Mitbegründer und Ideengeber Peter Herbolzheimer, für den die Nachwuchsförderung im Jazz-Bereich eine Herzensangelegenheit war.