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Junge Musiker*innen sind begeistert von den neuen akustischen Erfahrungen im Inneren der TauberPhilharmonie Weikersheim. Foto: JMD
Junge Musiker*innen sind begeistert von den neuen akustischen Erfahrungen im Inneren der TauberPhilharmonie Weikersheim. Foto: JMD
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Symbiotischer Zusammenklang

Untertitel
TauberPhilharmonie und Musikakademie Schloss Weikersheim
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Als Rückschau auf ein Jahr erfolgreicher Lebensgemeinschaft zwischen den beiden Elite-Partnern im Hohenlohischen Land war dieser Artikel gedacht. Durch den Corona-Lockdown Mitte März teilten beide Einrichtungen auch das dadurch verursachte Leid – im Kontext eines im Mark erschütterten Musik- und Kulturlebens sicher nicht das sprichwörtlich halbe Leid, sondern ein doppeltes. Dennoch bleibt es dabei: Dieser Beitrag berichtet von dem erschwerten, aber dennoch gelungenen „Beginn einer wunderbaren Freundschaft“.

Dass eine Stadt von 7.500 Einwohnern im ländlichen Raum des nordöstlichen Winkels Württembergs, 40 Kilo­­meter südlich von Würzburg und in jeder Himmelsrichtung ebenso weit von der nächsten Autobahn entfernt, einen Stand-Alone-Konzertsaal baut, ist schon eine „unique selling proposition“, die lokalpolitisch erst einmal in einem über 10-jährigen Prozess reifen musste. Jetzt ist es da, das 13 Millionen schwere Konzert-, Kultur- und Konferenzhaus, das mit seinem Veranstaltungsprogramm auf ein Einzugsgebiet von rund 350.000 Menschen im Umkreis von einer Stunde Autofahrt abzielt. Und sie kommen – aus Mergentheim, Tauberbischofsheim, Rothenburg, Würzburg, Heilbronn, Schwäbisch Hall oder Künzelsau – zu Konzerten, Kabarett, Kino und Kleinkunst.

Unmittelbar an der Tauber gelegen, ist die Philharmonie ein markanter Akzent vor der dahinter sichtbaren Kulisse des Hohenlohischen Residenzschlosses. Historischer Repräsentant für Kunst und Kultur an diesem Ort, zieht es Jahr für Jahr hunderttausende Besucher nach Weikersheim. In seinen weniger repräsentativen, dafür aber von Leben vollen Häusern vermittelt seit 1956 die Jeunesses Musicales Deutschland (JMD) jungen Musikern prägende Impulse für ihr Musizieren im Hobby oder im späteren Beruf – und hat die 1976 gegründete musikalische Bildungsstätte und spätere Musikakademie Schloss Weikersheim zu einem der – mit zuletzt 33.000 Übernachtungen im Jahr – frequentiertesten Probenorte für die musikalische Jugend in Deutschland entwickelt.

Der JMD als Verband der Jugendorchester in Deutschland ist es ein Anliegen, besonders für diese Besuchergruppe optimale Probenbedingungen zu schaffen. Ein veritabler Konzertsaal ist da schon ein Pfund. Als „Ankermieter“, also als ein den monetären Sockel sichernder Partner, hat die Musikakademie an mindestens 120 Tagen im Jahr ein Nutzungsrecht – egal ob das Jugendsinfonieorchester der Musikschule Köln den Großen Saal braucht, ob im Kleinen Saal das Ensemble Cembaless probt oder ob man in den drei Stimmzimmern Registerproben abhält. Oder alles auf einmal, denn die Wände halten dicht. Für die musikalischen Gäste entstehen keine Extrakosten. Ihren Instrumentenpark und etliches an Bühnenpodesterie hat die Akademie eingebracht und sogar als „Morgengabe“ einen werksneuen Steingraeber-Semikonzertflügel dem schon vorhandenen Fazioli beigesellt. Ein klipp und klarer Kooperationsvertrag regelt das Zusammenleben, Rechte und Pflichten, gemeinsame Veranstaltungen, deren Bewerbung und finanzielle Aspekte. Der junge Philharmonie-Intendant Johannes Mnich ist ein „Fan“ der JMD, brennt für die Nachwuchsarbeit und weiß die profilgebende und sympathische Seite dieser Symbiose sowohl zu schätzen als auch zu nutzen.

Dass das Bundesjugendorchester die offizielle Gala-Eröffnung im September 2019 bestritten hat, war an sich schon Programm: Junge Orchester aus dem Mitgliederspektrum der JMD prägen mit Sinfoniekonzerten auch die offizielle Konzertsaison der TauberPhilharmonie. Die junge Philharmonie Würzburg machte den Anfang, die Deutsche Streicherphilharmonie des VdM bestritt die Wiederaufnahme des Betriebs nach dem Lockdown. Auch kleinere Ensemble-Start-Ups wie die Hanke Brothers und Rising Stars wie das vision sting quartet haben hier genauso ein Podium wie Igor Levit, Marc-André Hamelin oder Viva Voce. Die JMD führte die neue Philharmonie Anfang Dezember 2019 ihrem Verband mit dem Projektwochenende „Wir sind Jeunesses“ mit einem bundesweiten Projektorchester aus Musiker*innen ihrer Mitgliedsorchester vor und gab der lokalen Öffentlichkeit einen eindrucksvollen Einblick von dem, was eigentlich in der Musikakademie Schloss Weikersheim vor sich geht und warum dieser Konzertsaal eben  auch Sinn macht. Im Dezember 2020 soll hier die Generalversammlung des Weltverbands der Jeunesses Musicales mit einer Corona-Netzschaltung in die ganze Welt durchgeführt werden – so hat die TauberPhilharmonie über die Musikakademie als „World Meeting Center“ der Jeunesses Musicales auch international ihren Auftritt.

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