Ende August 2014 kamen 24 Schülerinnen und Schüler einer 7. Klasse des Berliner Barnim-Gymnasiums zu einem musikalischen Projekttag in die Landesmusikakademie Berlin. Das ist eines der Angebote für Schulklassen: drei Stunden musikalischer Input – ob afrikanisches Trommeln, brasilianische Sambarhythmen oder Lieder aus aller Welt. Doch dies ist kein ganz „normaler“ Projekttag: die Schülerinnen und Schüler dieser Klasse kennen sich erst seit ein paar Tagen. Ganz bewusst hat die Lehrerin an den Beginn ihrer Arbeit mit der Klasse diesen musikalischen Projekttag gestellt – und damit Prinzipien der Teambildung angewendet. Handlungsorientiert werden die Schülerinnen und Schüler an einem ihrer ersten gemeinsamen Tage so die Erfahrung machen, als Gruppe etwas bewirken zu können.
Allein das gemeinsame Halten eines Metrums stellt hohe Ansprüche an die Fähigkeit jedes Einzelnen, seine Umgebung wahrzunehmen und sich darauf einzustellen. Der Umgang mit musikalischen Regeln, die Freude am Groove, die Entdeckung, dass Musik als Ganzes mehr ist als die Summe ihrer Teile, der Raum für Solos und Improvisationen – all das macht Musik zu einer trefflichen Analogie auf Teamarbeit. Auch die im von Bruce Tuckman 1965 vorgestellten Teamentwicklungsmodell enthaltenen Phasen – Forming, Storming, Norming, und Performing – lassen sich auf jedes musikalisch wirkende Team übertragen.
Dieses Prinzip wird nun beim neuen Angebot der Landesmusikakademie „Musik im Team“ – Teambildungsworkshops für Auszubildende – in den Mittelpunkt gerückt. Ob nun vom Ausbildungsbetrieb ausgehend, im Programm des Oberstufenzentrums oder als gewerkschaftliche Initiative: Die Programme der Workshoptage werden eng abgestimmt und auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten. Zusätzlich steht mit dem der Landesmusikakademie angeschlossenen Freizeit- und Erholungszentrum eine erlebnispädagogische Infrastruktur vom Kletterwald über eine Siebdruckwerkstatt bis zum Floßbau zur Verfügung.
Angebote zur Teambildung mit Musik gibt es immer häufiger. Neben den klassischen Assessment-Center-Aktivitäten Kletterwald oder Wildwasserrafting etablieren sich immer öfter Unternehmen, die bei ihren Trainings den Akzent auf Musik setzen. Von der spontanen Schöpfung eines Firmensongs über die Gründung einer Teamband bis zum gemeinsamen Drum Circle gibt es vielfältige Ideen, die teilweise von großen Wirtschaftsunternehmen nachgefragt werden.
Erfahrungen hat die Landesmusik-akademie Berlin aber nicht nur mit reiner Teambildung, sondern auch mit Mischformen, in denen die Musik sowohl Medium als auch Lerninhalt ist. So finden immer wieder musikalische Schulungen für ganze Kindertagesstätten-Teams statt, bei denen der Aspekt der Gruppe gleichberechtigt neben der inhaltlichen Horizonterweiterung steht.
Auch in der Jugendbildung findet dieses Prinzip Anwendung: Für einen Träger von Freiwilligen im Sozialen Jahr organisierte die Landesmusikakademie Workshops, die genau diese beiden Gesichtspunkte beinhalteten. Im Rahmen der Bildungsseminare, die Freiwillige während ihres Engagements absolvieren, stehen inhaltliche Impulse neben gruppenbildenden. „Singen mit Kindern“ und „Trommeln mit Kindern“ waren die gewünschten inhaltlichen Inputs – kleine musikpädagogische Einführungen, bei denen die Gruppe der FSJlerinnen und FSJ-ler vor ganz neue Aufgaben gestellt war. Ganz im Sinne des Leitbilds einer breit gefächerten Musikalisierung der Gesellschaft widmet sich die Landesmusikakademie Berlin nun einer besonderen Zielgruppe: Denn Auszubildende werden von den oben erwähnten Unternehmen nur selten in den Blick genommen.
Gerade im theaterpädagogischen Bereich bewegt sich zwar einiges – von der Theater-und-Schule-Partnerschaft einzelner Schulen (in Berlin bspw. aktuell zwischen der Jungen Staatsoper und der Best-Sabel-Berufsakademie) bis zum groß angelegten deutschlandweiten Programm (z.B. „Abenteuer Kultur“ des dm-Drogeriemarktes).
Doch der rein musikalische Aspekt bleibt dabei eher im Hintergrund. Da die Bezeichnung „coach“ – vielfach in Teambildungskontexten verwendet – nicht geschützt ist, sollten Seminarleitende, neben einer fundierten musikalischen, ein Mindestmaß an psychologischer Ausbildung absolviert haben, anregende Impulse geben können und bestenfalls aus der systemischen Beratung und der Theaterpädagogik kommen. So steht dem Dreiklang aus Musikerlebnis, Gruppenerfahrung und Spaß nichts im Wege.
Und die 24 Berliner Schülerinnen und Schüler? Sie haben drei Stunden lang Sambamusik gemacht, sind durchgeschwitzt und erfüllt von neuen Eindrücken – und starten mit diesen gemeinsamen Erfahrungen in ihre Sekundarschulzeit.