Die Stiftung Kinderland der Baden-Württemberg Stiftung hat im Jahr 2010 in Zusammenarbeit mit der Akademie Schloss Rotenfels, der Landesakademie für die musizierende Jugend in Baden-Württemberg, dem Deutschen Literaturarchiv Marbach und dem Förderverein Science und Technologie e.V. in Rust die Kulturakademie Baden-Württemberg ins Leben gerufen, um kreativen, talentierten Schülerinnen und Schülern der sechsten bis achten Jahrgangsstufe aller Schularten die Möglichkeit zu geben, ihre Begabung außerhalb der Schule weiter zu entwickeln und zu vertiefen.
In zwei Arbeitsphasen (Sommer- und Faschingsferien) können ausgewählte Schülerinnen und Schüler sich eingehend mit den von ihnen ausgewählten Bereichen Bildende Kunst, Literatur, MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) und Musik beschäftigen. Für die Teilnahme müssen sie zu einem bestimmten Stichtag eine Talentprobe einreichen. Ein Gremium wählt dann die Teilnehmer aus.
Aufbauend besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an der Projektklasse, für die wiederum eine Bewerbung notwendig ist. Hier steht der interdisziplinäre und fächerverbindende Aspekt im Zentrum des gemeinsamen Arbeitens, indem zwei Disziplinen zu einen Projekt zusammengeführt werden. So hat jeder Teilnehmer die Möglichkeit, jeweils vom anderen künstlerischen Bereich für die eigene kreative Entwicklung zu profitieren und sich fernab der individuellen Alltagssituation im Kreis von Gleichinteressierten zu entwickeln.
Als Thema der Projektklasse hat die Akademie Schloss Rotenfels und die Landesmusikakademie Ochsenhausen das interdisziplinäre Thema „Triadisches Ballett“ ausgewählt. Das Triadische Ballett des damals 34-jährigen Oskar Schlemmer wurde 1922 in Stuttgart uraufgeführt und gilt als Höhepunkt des abstrakten Balletts.
Dabei geht es um die Aufhebung der Konventionen des klassischen Balletts des 19. Jahrhunderts, welche, inspiriert von der rhythmischen Gymnastik Emile Jaques-Dalcrozes, zu einer neuen Ästhetik führen sollte.
Neben dem fächerverbindenden Aspekt von Musik und Kunst war durch den Uraufführungsort auch ein landeskundlicher Bezug zu Baden-Württemberg gegeben.
Das Wort „triadisch“ ist abgeleitet von dem griechischen Dreiklang und soll auf eine mehrschichtige dreifache Ordnung, die die Grundstruktur des Balletts ausmacht, hinweisen, also dem choreografischen Komplex „Kostüm-Bewegung-Musik“, der Raumdimension „Höhe-Breite-Tiefe“, den geometrischen Grundformen „Kreis-Quadrat-Dreieck“ und die Grundfarben „rot-gelb-blau“, um nur einige zu nennen. Zusätzlich wurden noch die musikalischen Parameter „Melodie- Harmonik-Rhythmik“ hinzugefügt.
Die Idee der radikalen Reduktion der Gestaltungsmöglichkeiten war der Grundtenor und zugleich Grundlage in der Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern. Auf dieser Folie entwickelten die Teilnehmer Figurinen für eine minimalistische Performance, mit der Vision, den Bruch mit der Tradition, wie er 1922 durch das Triadische Ballett vollzogen wurde, in das Jahr 2012 zu transferieren. Getragen von einer enormen Anstrengungsbereitschaft sind in einem zunächst geteilten Entwicklungsprozess Entwürfe für Figurinen entstanden, die wiederum die Grundlage für die jeweiligen musikalische Kompositionen der einzelnen Szenen waren. Der organisatorische Ablauf der Performance wurde vom Original übernommen, jedoch die Zeiten der einzelnen Tänze verkürzt. Parallel zu der Entwicklung und Komposition der einzelnen Tanzabschnitte wurden die Figurinenentwürfe in dreidimensionale Figuren umgewandelt. Gerade der Weg vom Entwurf zum fertigen, bühnentauglichen Kostüm war dabei ein besonders lehrreicher Prozess, in dem die physikalischen, materialen und praktikablen Aspekte vielerlei Modifikationen abverlangten. Vor allem mussten die Figuren so geschaffen sein, dass sie von den Teilnehmern auf der Bühne getragen werden konnten und man sich in diesen Figuren zur Musik bewegen konnte.
In einem zweiten zeitlichen Abschnitt trafen sich beiden Gruppen an der Landesmusikakademie in Ochsenhausen und erarbeiteten eine gemeinsame Performance, welche sich an der Schlemmerschen Figurenabfolge orientierte, darüber hinaus aber in ihrer minimalistischen Ausdrucksprache den Bogen ins 21. Jahrhundert schlug.