Weniger Reden, mehr Kunst und Kultur! Das war der Leitgedanke für das 30-jährige Jubiläum, das die Bundesakademie am 4. Oktober in Wolfenbüttel feierte. Unter dem Motto »Lamettaphysik – Über Flirren, Schwerkraft und die Gesetze der Kunst« wurden deshalb keine typischen Festreden geschwungen, sondern der Abend mit einem vielfältigen Kulturprogramm gestaltet.
Nicht nur Fans, sondern ein breites Publikum soll mitbekommen, dass ein Konzert im soziokulturellen Kulturzentrum stattfindet; nicht nur der Inhalt, sondern auch die Organisation und Finanzierung müssen bedacht werden. Wie das und vieles mehr gelingt, vermittelt die Bundesakademie für Kulturelle Bildung seit 30 Jahren. Ihr Angebot richtet sich an alle, die professionell im Kulturbereich tätig sind. Rund 2.500 Kulturvermittelnde und Kulturschaffende bilden sich jedes Jahr in rund 180 Veranstaltungen weiter.
Die Seminare, Qualifizierungsreihen und Tagungen finden in den Bereichen Musik, Bildende Kunst, Darstellende Künste, Literatur, Museum sowie Kulturmanagement, -politik und -wissenschaft statt. Mehr als 300 kompetente Dozentinnen und Dozenten aus der Praxis unterstützen die Programmleiterinnen und -leiter bei ihrer Arbeit. 1986 als gemeinnütziger Verein mit einem bundesweiten öffentlichen kultur- und bildungspolitischen Auftrag gegründet, hat sich die Bundesakademie mittlerweile zu einem der bedeutendsten Anbieter für praxisnahe berufliche Fort- und Weiterbildung im Bereich Kulturelle Bildung in Deutschland entwickelt.
Und das ist ein guter Grund für die Bundesakademie zum Feiern. Aber „Lamettaphysik“? Was soll das sein, gibt’s den Begriff überhaupt und was hat das mit Kultureller Bildung zu tun? Diesen Fragen näherten sich die Künstlerinnen und Künstler beim 30. Jubiläum der Bundesakademie auf spielerische und experimentelle Weise. Da wurden Petrischalen und Vakuumflaschen eingesetzt, Versuchsobjekte von Äpfeln über Büroklammern bis hin zu Federn herangezogen, Zeit mit Hilfe von Energy-Drinks erzeugt, komplexe Formeln berechnet und vorsichtshalber Schutzbrillen und Lamettahauben aufgesetzt. Alles im Sinne der Wissenschaft – der Lamettaphysik eben.
Zur Begrüßung der Jubiläumsgäste spielte Crepes Sucette. Eric Seehof an der Gitarre, ba•Mitarbeiter Lukas Bergmann an der Geige und Thomas Sasse am Cajon fingen als Straßenmusiker in Erfurt, Weimar und Jena an, doch es zog die drei Freunde schnell in den Süden Europas. Am Jubiläumsabend versüßten sie den Gästen die Stunde vor dem Festakt mit einer bunten Mischung aus Irish-Folk, Klezmer und Klassik. Offiziell eröffnet wurde der Abend mit einem Gespräch der Direktorin Prof. Dr. Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss und dem Vorstandsvorsitzenden der ba• Dietrich Burggraf über die Ereignisse im Gründungsjahr 1986. Markus Lüdke, ehemaliger Programmleiter für Musik, führte als Conférencier locker durch den Abend und stellte der niedersächsischen Ministerin für Wissenschaft und Kultur Gabriele Heinen-Kljajic in einem Wortspiel ganz schön knifflige Fragen. Auf die Frage, was ihr mehr am Herzen liege, die Wissenschaft oder die Kultur antwortete sie diplomatisch: „beides!“
Das kulturelle Programm war sehr abwechslungsreich: eine Performance von pulk fiktion über die Gesetze einer Akademie, ein Schreibduell mit der Krimiautorin Kathrin Lange gegen das Publikum und eine kulturpolitische Lecture-Performance von „Zwei Eulen – Das Kulturbüro“. Der musikalische Teil des Programms – die Stücke „Pachelbel Canon in D Major“ und „Feeling Good“ gespielt vom digiEnsemble_duo – klang gewaltig! Kaum vorstellbar, dass kein ganzes Ensemble, sondern zwei Musiker an Tablets für diesen tollen Sound verantwortlich waren. Das gelang Matthias Krebs und Marc Godau durch die synchrone Verwendung vieler Tablets und ihre unkonventionelle Spielweise. Danach wurde die riesige Jubiläumstorte hereingefahren und mit einem Knall ging ein schillernder Lametta-Konfetti-Regen auf die Torte und Gäste nieder. Am Ende der anderthalbstündigen kulturellen und „wissenschaftlichen“ Versuchsreihe erschien „Lamettaphysik“ ein wenig greifbarer, auch wenn jeder Gast wahrscheinlich eine etwas andere Erklärung für sich gefunden hatte. Kulturelle Bildung lässt sich eben nicht so einfach definieren, in Formeln packen, messen und bewerten.
Nach dem offiziellen Teil sorgte Djane Rahel Kraska für gute Stimmung bis in die Nacht hinein. Mit Computer, Keyboard und Beamer performte sie ihre eigenen Songs aus dem Debutalbum „Soundtrack fürs Leben“ und wurde am Schluss spontan von Gästen musikalisch begleitet.