Musik spielt seit den 1960er-Jahren eine große Rolle im Kloster Michaelstein bei Blankenburg (Harz). Die Kultur- und Forschungsstätte Michaelstein, später das Musikinstitut für Aufführungspraxis, heute die Musikakademie Sachsen-Anhalt, beschäftigte und beschäftigt sich auch intensiv mit Alter Musik, in Kursen, Tagungen, Konzerten und eigener Forschungsarbeit. Das Refektorium und die übrigen Räume in der historischen Anlage boten Musikern wie Zuhörern eine ganz besondere Atmosphäre. Was Michaelstein jedoch schon immer fehlte, und das nicht erst seit 2002, als das Land Sachsen-Anhalt die Landesmusikakademie in Michaelstein ansiedelte, war ein Raum, in dem große Orchester und Chöre Platz finden.
Schon lange gab es Entwürfe, die Scheune auf dem südlichen Teil des Wirtschaftshofs für die Musik nutzbar zu machen. 2009 bot sich endlich die Möglichkeit, die Realisierung in Angriff zu nehmen. Mittel aus dem Konjunkturprogramm II und dem Haushalt der Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, die Träger der Musikakademie ist, waren verfügbar. Und das sollte die neue Musikscheune leisten:
- Eine flexible Nutzung im Hinblick auf Musik, Sprache, Kursveranstaltungen, aber auch für Zwecke der Vermietung;
- Die Akustik den jeweiligen Erfordernissen möglichst einfach anpassen zu können;
- Einen großen Anteil an historischem Mauerwerk – Fachwerk wie Naturstein – im Saal sichtbar zu lassen.
Die bauliche Realisierung war eine echte Herausforderung: Mittels sogenannter HDI-(Hochdruckinjektions-)Körper wurde die alte Scheune aufgeständert, ein Kellergeschoss eingebaut. Damit war Platz geschaffen für alle technischen Notwendigkeiten. Der Innenraum selbst bekam mit dem Einbau zweier Betonscheiben eine Struktur, die gleichzeitig funktionale Bedeutung hat: Um die Akteure bei einer Veranstaltung aus den im Keller befindlichen Garderoben auftreten lassen zu können, ohne dass längere Wege durch das Publikum erforderlich sind, verdecken sie die Zugangstüren beziehungsweise den Kellerabgang.
Eine moderne Heizungsanlage, ein automatisches Lüftungssystem und eine flexible Lichtsteuerung und Sprachbeschallungsanlage wurden installiert. Entstanden ist ein multifunktionaler Veranstaltungsort: akustisch bestens geeignet für Proben von gro-ßen, aber auch – wie sich inzwischen herausgestellt hat – kleinen Ensembles und Orchestern oder Chören, ein Arbeitsraum für Kurse mit Platzbedarf wie Tanz, Musik und Bewegung, Rhythmik, und ein Konzertsaal, ideal für Aufführungen, bei denen bis zu 300 Zuhörer erwartet werden. Sogar kleine Theaterinszenierungen sind nun möglich.
Im Keller sind unter anderem Toi-letten, Garderoben, Lagerräume für Instrumente und Bestuhlung, ein Regieraum und Haustechnikräume angeordnet. Das Kellergeschoss wird über Treppen für unterschiedliche Nutzergruppen, beispielsweise einen Bühnenabgang oder die Besuchertreppe, und einen Aufzug erschlossen.
Die Heizwärme und Energie für die Musikscheune wird über ein Blockheizkraftwerk und eine zentrale Kesselanlage bereitgestellt, die auch weitere Gebäude des Klosterkomplexes mit Wärme, Warmwasser und Energie versorgt. Der erzeugte Strom wird außerdem in das Netz eingespeist.
Zahlen und Fakten können natürlich nicht die klanglichen und praktischen Eigenschaften ausdrücken, wohl aber geben sie Aufschluss über die Nutzungsmöglichkeiten:
- Saalgröße: 470 m²;
- variable Aufstellungs- und Bestuhlungsmöglichkeiten, bis zu 300 Zuhörer;
- Orchesterstühle, Notenpulte und Bühnenpodeste;
- Konzertflügel sowie historische Tasteninstrumente;
- Bühnenscheinwerfer;
- Garderobenräume, Ton-/Video-Regieraum.
Mit großer Spannung wurde im Sommer 2015 das erste Konzert, die Generalprobe der Deutschen Streicherphilharmonie mit 77 jungen Musikern, erwartet, mit ebenso großer die offizielle Eröffnung am 07. August 2015 mit Michaelsteins Jugendbarockorchester BACHS ERBEN.
Nach den Konzerten, Begeisterung bei den Musikern und Zuhörern und Freude bei den Verantwortlichen, der Baudirektion der Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt und der Leitung der Musikakademie: über die gelungene Akustik, die funktionierende Klimasteuerung und die gute Sicht im Saal.
Die Presse bezeichnete die Scheune als „klingenden Diamant“, die ersten Gäste, Chöre, Orchester, Solisten der Konzerte seit der Eröffnung loben die hervorragenden Bedingungen und die besondere Atmosphäre, die einzufangen gelungen ist. Jetzt hat auch Michaelstein seinen Saal.