Die Musikakademie-Landschaft in Deutschland ist nahezu einmalig – kaum ein anderes Land bietet ein vergleichbares Angebot für Musizierende jeglichen Alters und Vermögens. Und obwohl sich die Akademien in ihrer jeweiligen Ausgestaltung, ihren Kursangeboten und Kapazitäten deutlich voneinander unterscheiden, gibt es viele Gemeinsamkeiten.
Deshalb arbeiten die 23 Bundes- und Landesmusikakademien bereits seit 1985 in einem Arbeitskreis zusammen. 2015 haben sie sich zu einem Verband zusammengeschlossen, um die gemeinsame Arbeit zu stärken und das enge Netzwerk, das über die Jahre zwischen den Akademien entstanden ist, zu intensivieren. Jährlich treffen sich die Direktorinnen und Direktoren, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer in einer der Mitgliedseinrichtungen, um sich über aktuelle Herausforderungen auszutauschen, gegenseitige Einblicke in die aktuelle Arbeit der einzelnen Einrichtungen zu gewinnen und gemeinsame Projekte zu initiieren.
Fachlicher Austausch
In diesem Jahr fand die Konferenz erstmals nicht auf deutschem Boden statt. Auf Einladung der niederländischen Partner vom Akoesticum in Ede nahe Utrecht kamen Vertreterinnen und Vertreter aus 16 Akademien in die vor wenigen Jahren von Grund auf umgebauten historischen Gebäude einer einstigen Kaserne. Das charakteristische, unter Denkmalschutz stehende Gebäude im Stil der Neorenaissance ist umfassend renoviert worden, um Unterricht, Probenphasen, Meisterkurse und Aufführungen aller Art zu ermöglichen. Das Akoesticum stellt mit diesem Angebot damit die einzige Einrichtung in den Niederlanden dar. Um dennoch in einen fachlichen Austausch zu kommen, ist das Akoesticum seit einigen Jahren assoziiertes Mitglied im Verband der Bundes- und Landesmusikakademien in Deutschland. Den Blick über den Tellerrand intensivierten zwei Gäste. Die gebürtige Niederländerin Inez Boogaarts leitet seit 2016 die Zukunftsakademie NRW in Bochum. Die Akademie, Zentrum für Diversität in Kunst, Kultur und Kultureller Bildung in Nordrhein-Westfalen, unterstützt mit ihren Angeboten Kulturinstitutionen dabei, sich für mehr Diversität und Teilhabe zu öffnen und die Vielfalt der Gesellschaft für ihre Organisationen zu nutzen. Was in Deutschland erst in den vergangenen Jahren auch in Kulturinstitutionen und –betrieben diskutiert wird, ist in den Niederlanden schon vor 20 Jahren ein Thema gewesen, für welches es sogar ein zuständiges Ministerium gab. Als politisches Handlungsfeld verschwand es Anfang der 2000er-Jahre und wurde erst seit 2011/12 bei den Dachverbänden der Kultur im Widerstand zur populistischen Nationalregierung wieder offensiv diskutiert.
Kulturpolitik im Umschwung
Vom politischen Umschwung betroffen waren und sind in den Niederlanden auch die Musik- und Kunstschulen. Jan Brands, Direktor von „cultuur-connectie“, dem nationalen Verband für kulturelle Bildung und Volkshochschulen, berichtete über massive Schließungen von Musik- und Kunstschulen in den Niederlanden aufgrund von eingestellter staatlicher oder kommunaler Förderung. Trotz der mit Spannung wahrgenommenen Ausführungen zur kulturpolitischen Lage im Nachbarland blieb ausreichend Zeit, sich über das Thema Digitalisierung im Musikunterricht auszutauschen.
Ein musikalisches Abendprogramm mit dem multimusikalischen E-Geiger, Beatboxer und Sänger Tonio Geugelin sowie Tänzerinnen und Tänzern begeisterte die Akademievertreter, die dies als willkommenen Impuls im zweitägigen Austausch nutzten.