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Am Wochenende steht das Klavier im Abseits

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Musikschulleiter lässt Jancker und Co. nach seiner Pfeife tanzen
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Gesehen hat ihn jeder Fußballfan schon. Dem aufmerksamen Zuschauer von Bundesliga-Fußballspielen im Fernsehen wird auch sein Name vorgekommen sein. Doch kaum einer wird wissen, dass Herbert Fandel (37), der Mann im Schiedsrichter-Dress, der nicht allein das größte Laufpensum eines Spiels zu absolvieren hat, sondern sich unter den 22 Gladiatoren allein mit einer Trillerpfeife und zwei bunten Karten bewaffnet Respekt verschaffen muss, im wahren Leben Konzertpianist ist und im Hauptberuf die Kreismusikschule Bitburg-Prüm leitet. Mit Herbert Fandel sprach der VdM-Bundesgeschäftsführer Rainer Mehlig.

Gesehen hat ihn jeder Fußballfan schon. Dem aufmerksamen Zuschauer von Bundesliga-Fußballspielen im Fernsehen wird auch sein Name vorgekommen sein. Doch kaum einer wird wissen, dass Herbert Fandel (37), der Mann im Schiedsrichter-Dress, der nicht allein das größte Laufpensum eines Spiels zu absolvieren hat, sondern sich unter den 22 Gladiatoren allein mit einer Trillerpfeife und zwei bunten Karten bewaffnet Respekt verschaffen muss, im wahren Leben Konzertpianist ist und im Hauptberuf die Kreismusikschule Bitburg-Prüm leitet. Mit Herbert Fandel sprach der VdM-Bundesgeschäftsführer Rainer Mehlig.Mehlig: Herr Fandel, wir freuen uns, dass Sie Zeit für dieses Interview gefunden haben.
: Das ist doch selbstverständlich. Sie glauben ja nicht, wie oft das Telefon klingelt, und die Zeitung ist dran. Und für „meine Familie“, die Musiker, mache ich das besonders gern.
: Wie wird man eigentlich als Musikschulleiter Schiedsrichter in der Bundesliga?
: Als ich Schiedsrichter in der Bundesliga wurde, war ich noch gar nicht Musikschulleiter. Ich war ein ganz einfacher Klavierlehrer an unserer Musikschule. Schiedsrichter in der Bundesliga wird man, indem man die Schiedsrichterprüfung macht. Das habe ich 1979 getan als junger Kerl mit 14 Jahren und bin dann Jahr für Jahr eine Klasse höher gestiegen. Das geschieht durch Beobachtungen von ehemaligen Schiedsrichtern der Bundesliga, und die waren der Meinung, dass ich von der Qualität her da oben hinpasste. Ich bin als Konzertpianist von der Musikhochschule in Köln gekommen. Damals stand ich schon in einer kleinen Konzertkarriere. Und ich kam zu dieser Zeit an eine Art Lebenskreuzung, wo ich mich entscheiden musste: Was will ich werden? Beim Fußball hatte ich damals schon sehen können, dass der Weg irgendwann auch einmal bis zur Bundesliga führen kann. Und habe mich dafür entschieden, den pädagogischen Weg zu gehen als Musikschullehrer, dann als stellvertretender Leiter und jetzt als Musikschulleiter. So konnte ich damals mein Hobby beibehalten und bin jetzt eben Bundesligaschiedsrichter.
: Man ist doch als Bundesliga-Unparteiischer berühmter als ein Musikschulleiter?
: Ja, natürlich. Es ist ja mittlerweile im Profi-Fußball so, dass die Schiedsrichter nicht mehr eine Nebenrolle spielen, sondern auch durch das Aufkommen der Medien, durch Zeitungen, Fernsehen und die vielen Kameraeinstellungen während eines Spiels, sehr bekannt sind. Man muss sich mit den Medien auch auseinander setzen, das ist nun mal so. Und in meinem zweiten Bereich ist es mir eher lieber, unauffälliger zu bleiben, aber effizient.
: Wie bekommen Sie denn Haupt- und Nebenberuf unter einen Hut? Mussten Sie schon einmal ein Konzert absagen, um die Trillerpfeife zu spielen?
: Man ist vielfach darüber verwundert, dass beides zu schaffen ist. Aber das geht, indem man die Zeit, die man dann letztendlich für den Job hat, dann zu 150 Prozent auszunutzen versucht. Und das versuche ich zu tun.
: Werden Sie in Fußballerkreisen als Exot betrachtet? Oder auch in Musikerkreisen?
: Ja, ich werde tatsächlich oft angesprochen, wie das möglich ist, dass ein Musiker, ein Konzertpianist gleichzeitig FIFA- und Bundesliga-Schiedsrichter ist. Aber ich sehe da durchaus viele Parallelen. Für mich ist das etwas ganz Normales.
: Wo sehen Sie denn die Parallelen? Welche Eigenschaften als Musiker, Musikpädagoge oder als Musikschulleiter kommen Ihnen beim Schiedsrichten zugute, und welche Qualitäten des Schiedsrichters prägen die Musikschularbeit?
: Ich muss als Musikpädagoge eine klare Konzeption haben. Das verlange ich jetzt auch von den Lehrern in meiner Musikschule. Dies muss ich als Bundesligaschiedsrichter und FIFA-Schiedsrichter natürlich auch auf dem Platz umsetzen. Hinzu kommt, dass ich durch meine Konzerttätigkeit schon früh mit Lampenfieber und mit dem öffentlichen Auftreten vertraut war. Und das nutzt auch dem Schiedsrichter in hektischen Situationen oder in wichtigen Spielen.
: Man sagt ja, dass man ein Instrument „spielt“, auch Fußball wird „gespielt“. Ist es das Spielerische, was für Sie eine Verbindung schafft? Oder worin liegt beim Fußball die Musik?
: Ja, das ist schwer nachzuvollziehen. Ich bin eben damit aufgewachsen. Meine gesamte Familie ist fußballbegeistert: mein Vater war Schriftführer im Verein, meine drei Brüder waren alle Schiedsrichter. Wir haben alle vier in der Fußballmannschaft zusammen gespielt, gleichzeitig aber auch Musik gemacht. Meine Mutter ist eine hervorragende Sopranistin. Bei uns in der Familie ist das zusammen vorhanden und für mich etwas ganz Natürliches.
: Kommen sie sich als Musikpädagoge auch schon mal wie ein Schiedsrichter vor? Zeigen Sie auch in der Musikschule die gelbe oder die rote Karte?
: Ich komme mir immer mehr auch schon mal als Schiedsrichter vor. Ich denke, wenn man eine „Firma“ wie eine so große Musikschule leitet, muss man das ein oder andere Mal Entscheidungen treffen, die auch unpopulär sein können, aber um des Gesamtwohls willen.
: Was war bis jetzt „ihr schönstes Fußballerlebnis“?
: Ohne Zweifel die Nominierung als einer von drei europäischen Schiedsrichtern zu den Olympischen Spielen jetzt nach Sydney.
: Lohnen sich 90 Minuten Laufen mehr als 90 Minuten Klavier zu unterrichten?
: Ja, erheblich. Es ist ja teilweise so, dass die Musikschulleiter recht mittelmäßig bezahlt werden für die Arbeit, die sie leisten. Als Bundesliga- und FIFA-Schiedsrichter werden wir mittlerweile sehr gut honoriert. Mir ist aber davon abgesehen etwas ganz anderes wichtig: Auch ein Musiker, der sich ja mit vielen Dingen beschäftigt – mit Literatur, mit Komponisten und so weiter – sollte doch immer auch ein bodenständiger Mensch bleiben. Dazu hilft mir doch teilweise auch der Fußball. Und das wäre auch eine Botschaft, die ich gerne vermitteln möchte: Künstler und Musiker sein, ohne die Bodenhaftung zu verlieren.

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