Unter dem Motto „Gemeinsam für Musikalische Bildung“ verabschiedeten der Verband Deutscher Schulmusiker (VDS) und der Verband deutscher Musikschulen (VdM) im März 2001 eine Gemeinsame Erklärung, deren Wortlaut im Folgenden abgedruckt ist.
Unter dem Motto „Gemeinsam für Musikalische Bildung“ verabschiedeten der Verband Deutscher Schulmusiker (VDS) und der Verband deutscher Musikschulen (VdM) im März 2001 eine Gemeinsame Erklärung, deren Wortlaut im Folgenden abgedruckt ist.Als Ergebnis von Beratungen zwischen dem Verband deutscher Musikschulen VdM und dem Verband Deutscher Schulmusiker VDS anlässlich des VdM-Herbstsymposions im November 2000 verständigten sich beide musikpädagogischen Verbände darauf, angesichts der schwieriger gewordenen Situation der Musikalischen Bildung Perspektiven gemeinsamen Handelns zu entwickeln, um an der Schwelle zum 21. Jahrhundert den Stellenwert der Musikerziehung für die allgemeine Bildung und für eine humane Gesellschaft zu stärken.Eine aus dem Jahr 1979 stammende erste gemeinsame Erklärung von VdM und VDS bildete den Ausgangspunkt des vorliegenden neu abgefassten Textes, der von den Vorständen beider Verbände erarbeitet und jeweils einstimmig verabschiedet wurde. VdM und VDS verbinden damit die Erwartung einer konkreten Wirksamkeit nicht nur auf verbandlicher und politischer Ebene, sondern insbesondere dort, wo Musikunterricht stattfindet. Dies geschieht, indem
- Musikpädagogen beider Einrichtungen die konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit suchen,
- die Verbände über Formen der konkreten Zusammenarbeit gemeinsam nachdenken, die dafür notwendigen Strukturen schaffen und auch Ressourcen bereitstellen
- und indem sowohl allgemein bildende Schule als auch Musikschule offen sind für den Dialog mit weiteren Partnern vor Ort, die der Musikalischen Bildung der Kinder und Jugendlichen verpflichtet sind.
1. Zur gesellschaftlichen Bedeutung Musikalischer Bildung
Musik ist Allgemeingut, für jeden Menschen verfügbar – zu jeder Zeit und an jedem Ort, in jeder gewünschten Stilrichtung, in jeder Qualität und in jeder vorstellbaren Funktion. Der Reichtum, den die massenmediale Verfügbarkeit von Musik verspricht, führt jedoch zu Verarmung, wenn Musik nur vordergründig konsumiert wird.
Musikalische Bildung ist ein Bestandteil der Allgemeinbildung, denn Musik bestimmt als Kulturgut, als Kommunikationsform und als sinnliche Erfahrung nahezu alle gesellschaftlichen Kontexte mit.
Musikalische Bildung trägt – abhängig von der Intensität der Auseinandersetzung der Schüler/-innen mit Musik – zu einer insgesamt positiven Persönlichkeitsbildung bei, indem sie seelisch-emotionale Kräfte, geistig-intellektuelle Fähigkeiten und auch soziale Kompetenzen entwickelt.
Musikalische Bildung im Sinne von bewusster und begreifender Musikrezeption möchte Menschen in die Lage versetzen, sich gegenüber Musik selbstbewusst und adäquat zu verhalten, sich Fähigkeiten ästhetischer Wahrnehmung und Urteilsfähigkeit zu erwerben und Musik als Klangereignis, als Mitteilung und als Gegenstand von Wissen zu erfahren.
Musikalische Bildung im Hinblick auf ein aktives eigenes Musizieren hat zum Ziel, Menschen in die Lage zu versetzen, sich selbst musikalisch auszudrücken. Indem sie Fertigkeiten und Fähigkeiten im Singen und/oder Instrumentalspiel sowie des gemeinsamen Musizierens vermittelt, bildet sie den Nachwuchs für das Laien- und Liebhabermusizieren sowie für das professionelle Musikleben heran.
Damit sichert die Musikalische Bildung die lebendige Tradition unseres Musiklebens. Sie ist in der Lage, Menschen unterschiedlichster Herkunft zu verbinden und bietet eine Verständigungsebene auch zwischen den Kulturen. Die Rolle eines aktiven Musiklebens auch im Hinblick auf Wirtschaftskraft und Standortqualitäten hängt unmittelbar von einer intakten Musikalischen Bildung ab.
Dieser Bedeutung der Musikalischen Bildung stehen momentan Probleme gegenüber, die sich in der allgemein bildenden Schule durch das Zurückdrängen des Fachs Musik in den Stundenplänen sowie den eklatanten Fachlehrermangel ergeben und sich bei den öffentlichen Musikschulen durch die vielerorts schwindenden Finanzmittel der öffentlichen Hand abzeichnen.
2. Zur Aufgabenteilung zwischen allgemein bildender Schule und Musikschule
Die Sicherung der Zukunft der Musikalischen Bildung kann allein durch ein entschlossenes Zusammenwirken aller beteiligten Personen erfolgen. Insbesondere dadurch, dass Musikpädagogen der allgemein bildenden Schulen und der Musikschulen sich zu einem gemeinsamen Handeln verstehen, in dessen Mittelpunkt dieselbe Zielgruppe steht: die Kinder und Jugendlichen als die Zukunft unserer Gesellschaft.
Musikschule und allgemein bildende Schule kennen ähnliche und unterschiedliche Ziele, Bedingungen und Ansätze beziehungsweise Möglichkeiten der Musikerziehung. Nicht allein Gemeinsamkeiten können als Grundlage vereinter Bemühungen um die Musikalische Bildung genutzt werden: Eine Verständigung über vorhandene Unterschiede kann ebenso der notwendigen Profilschärfe dienen und zu einem Lernprozess führen, in dessen Folge ein sich gegenseitig ergänzendes Engagement um die musikalische Förderung von Kindern und Jugendlichen stehen kann.
Der Musikunterricht der allgemein bildenden Schule erreicht – insbesondere in den unteren Jahrgangsstufen – sämtliche Kinder eines Altersjahrganges, ist aber ein Unterrichtsfach von vielen.
Daraus leitet sich abhängig von den Lehrplänen der verschiedenen Schulformen ein Hinführen zur Musik vom voraussetzungslosen, allgemeinen Zugang aus sowie eine relevante Breite des musikalischen Blickwinkels her. Die Bandbreite hierbei reicht vom Erwerb musikalischer Grundkompetenzen bis hin zum Kultur erschließenden Musikunterricht. Außerhalb der Stundenpläne können Neigungsgruppen und Projekte angeboten werden.
Die Musikschule kommt als Angebotsschule für diejenigen in Frage, deren Neigung, Interesse und eventuell besondere Begabung ein aktives eigenes Musizieren wünschenswert machen.
Dabei strebt die Musikschule nach einer möglichst umfassenden Ausbildung einer speziellen Interessenslage, wobei auch der Freizeitwert eine Rolle spielt. Dementsprechend sind die Musikalische Früherziehung/Grundausbildung (als Klassenunterricht), der Instrumental-/Vokalunterricht (als Gruppen- und Einzelunterricht), der Ensembleunterricht sowie die Ergänzungsfächer auf die an Lehrplänen des VdM orientierte Entfaltung musikalischer Fähigkeiten gerichtet. Zusätzlich können Projekte angeboten werden.
Die Musikschule kann den Musikunterricht an den allgemein bildenden Schulen ebenso wenig ersetzen wie umgekehrt die allgemein bildenden Schulen den Musikunterricht der Musikschulen.
3. Zur Kooperation von allgemein bildender Schule und Musikschule
- Die allgemein bildende Schule fördert Musikschulaktivitäten ihrer Schüler/-innen.
- Musiklehrer/-innen der allgemein bildenden Schule regen Schüler/-innen zum Besuch einer Musikschule an. Insbesondere Grundschullehrkräfte weisen Kinder und Eltern auf das Musikschulangebot „Musikalische Grundausbildung“ hin. Dabei können auch solche Familien ermutigt werden, denen der Besuch einer Musikschule aus ihren sozialen Kontexten heraus eher nicht naheliegend erscheint.
- Schülern/-innen der Musikschule können für die Teilnahme an Sonderaktivitäten wie Wettbewerben (“Jugend musiziert”) oder Musikfreizeiten/Konzertreisen der Musikschulorchester/-ensembles im Rahmen des Möglichen beurlaubt werden.
- Die Planung von Nachmittagsunterricht sollte den Schülern/innen noch Freiräume zur Teilnahme an Musikschulunterricht gewähren.
- Musikschulaktivitäten der Schüler/-innen können in entsprechenden Zusammenhängen (z.B. musisches Gymnasium) als schulische Leistung anerkannt werden.
- Die Musikschule fördert musikalische Aktivitäten der allgemein bildenden Schulen.
- Musikschullehrkräfte motivieren Schüler/-innen zur Mitwirkung in Ensembles und Kursen der allgemein bildenden Schulen.
- Die Musikschule kann die Teilnahme ihrer Schüler/-innen in Ensembles und Kursen der allgemein bildenden Schulen als Ensemble- beziehungsweise Ergänzungsfach anerkennen.
- Die Musikschule unterstützt die Grundschule durch Angebote außerhalb des schulischen Pflichtunterrichts.
- Die Musikschule unterstützt die allgemein bildende Schule bei der musikalischen Öffentlichkeitsarbeit.
- Musikschulen und allgemein bildende Schulen unterstützen sich gegenseitig.
- (Musikalische) Veranstaltungen sollen aufeinander abgestimmt werden.
- Es können gegebenenfalls gemeinsame Ensembles gebildet werden, um Mehrfachbeanspruchungen von Schülern/-innen und Terminkonflikte zu vermeiden.
- Das gegenseitige Ausleihen von Noten, Leihinstrumenten und sonstiger Materialien wird organisiert.
- Räumlichkeiten für Unterricht, Ensembleproben, gegebenenfalls Tonstudio, Bühne et cetera, sollten gegenseitig zur Verfügung gestellt werden.
- Gemeinsame Projekte (z.B. Musiktheater, Exkursionen, Workshops) und Veranstaltungen werden durchgeführt.
- Gemeinsame Fortbildungsmaßnahmen werden veranstaltet.
- Musikpädagogen der allgemein bildenden Schule und der Musikschule stellen sich für speziellen Bedarf zur nebenberuflichen Mitarbeit zur Verfügung, wenn sie für die Erteilung von Unterricht in der jeweils anderen Einrichtung qualifiziert sind.
- Regelmäßige gemeinsame Beratungen von Musikschulpädagogen und Schulmusikern können die Bestrebungen der Musikalischen Bildung im Wirkungsgebiet koordinieren und verstärken.
- Im örtlichen Musikleben kann durch ein abgestimmtes Agieren der Musikpädagogen die Präsenz und der Stellenwert der Musikausbildung verbessert werden (z.B. gemeinsame Veranstaltungen, Einladung zu Tagen der offenen Tür u.a.).
- Anliegen der Musikschule können durch Schulmusiker beziehungsweise Schulen kommunalpolitisch wirkungsvoll unterstützt werden.
- Die Musikschule kann kommunale Anliegen der Schulmusik unterstützen und landespolitische Unterstützung über den VdM-Landesverband initiieren.
Solche örtliche Kooperation ist offen für die Beteiligung weiterer Partner, die der Musikalischen Bildung im kommunalen Umfeld verpflichtet sind (z.B. Laienmusikvereine, Kirchenmusiker, Chöre usw.) - VdM und vds arbeiten auf Bundes- und Länderebene in wichtigen Fragen zusammen. Dies gilt insbesondere für die
- gegenseitige Information und Einladung zu Kongressen und Tagungen,
- Information der Mitglieder über wichtige Entwicklungen und Veranstaltungen im jeweils anderen Verband,
- Gemeinsame bildungspolitische Initiativen, auch unter Beteiligung weiterer Partner (z.B. innerhalb des Deutschen Musikrats),
- Planung von Fortbildungskonzepten,
- Sammlung vorhandener und Erarbeitung weiterer Kooperationsmodelle sowie deren Kommunikation.
vds Verband Deutscher Schulmusiker e.V.
Weihergarten 5, 55116 Mainz, Tel. 06131/23 40 49, Fax 06131/23 40 06,
E-Mail: vds [at] vds-musik.de (vds[at]vds-musik[dot]de),
Internet: www.vds-musik.deVdM Verband deutscher Musikschulen e.V.
Plittersdorfer Straße 93, 53173 Bonn, Tel. 0228/95 70 60, Fax 0228/957 06 33,
E-Mail: vdm [at] musikschulen.de (vdm[at]musikschulen[dot]de),
Internet: www.musikschulen.de
VdM und vds widmen ihre vorliegende Erklärung als Beitrag zu der vom Deutschen Musikrat ausgerufenen Initiative „Hauptsache: Musik“ zur Förderung der Musikalischen Bildung in Deutschland.