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Mordgeschichte mit Musik

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Stummfilmkonzert zu Hitchcocks „The Lodger“ in Lüneburg
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Vermittlung, Vernetzung, Kooperation – diese Begriffe sind immer häufiger Bestandteil der Überlebensstrategie von Kulturinstitutionen: Berufsorchester musizieren in Kindergärten und übernehmen Patenschaften für Jugendorchester, Theater spielen in Klassenzimmern. In Lüneburg haben erstmals Theater, Musikschule und Programmkino kooperiert und Anfang Juni mit einem Hitchcock-Stummfilmkonzert einen großen Erfolg gefeiert.

Eine Zusammenarbeit zwischen dem Theaterorchester „Lüneburger Sinfoniker“ und der städtischen Musikschule gibt es eigentlich seit Jahrzehnten. Erfahrene Orchestermusiker ergänzen ein engagiertes Musikschulkollegium, das wöchentlich immerhin 1.950 Schülerinnen und Schüler betreut. Und die ständige Orchestermitwirkung von Musikschullehrkräften hat dazu beigetragen, dass die Sinfoniker in den vergangenen Jahren ihr Repertoire trotz einer mit 29 Planstellen nur kleinen Stammbesetzung ständig erweitern konnten.

Die zündende Idee für ein deshalb überfälliges Projekt mit gemeinsamen Schülern brachte Kathi Kelsh ein, die Leiterin des Streichorchesters „Strings!“ der Lüneburger Musikschule: Sie schlug ein Filmkonzert mit Alfred Hitchcocks „The Lodger“ aus dem Jahr 1926 vor, eine hinreichend gruselige „Jack the Ripper“-Geschichte, die im Londoner Nebel spielt. „Zu dieser Idee haben mich Stummfilmprojekte des Landesjugendorchesters Bremen inspiriert“, erzählt sie. Nicht nur Urs-Michael Theus, Chefdirigent der Sinfoniker, war sofort von dem Vorschlag begeistert, auch das Lüneburger SCALA Kino, von der Bundesregierung mit dem Preis für das beste deutsche Kinoprogramm 2006 ausgezeichnet, erklärte sich spontan bereit, für Film und Vorführtechnik zu sorgen.

Für Hitchcocks mit 93 Minuten Länge ersten abendfüllenden Streifen hat der Komponist Ashley Irwin 1999 im Auftrag von ZDF/arte völlig neue Musik geschrieben; Anlass war der 100. Geburtstag des Altmeisters. Irwins Partitur, die expressionistische Elemente ebenso enthält, wie manch liebgewonnenes Hollywood-Klischee, war wie gemacht für das Lüneburger Vorhaben; denn sie stellt sehr hohe, aber durchaus zu bewältigende Ansprüche an fortgeschrittene jugendliche Musiker, ohne Profis dabei zu unterfordern. Klar, dass Kathi Kelsh und das Orchester „Strings!“ schon Anfang des Jahres mit der Einstudierung begannen. Und auch die ausgewählten jugendlichen Blasinstrumentalisten und eine Harfenschülerin machten sich schon Monate vor der Aufführung an die Arbeit.

Die gründliche Vorbereitung zahlte sich gleich bei der ersten Probe mit Urs-Michael Theus und den Sinfonikern aus: „Unsere Schüler konnten es völlig angstfrei genießen, einmal in einem Orchester zu arbeiten wie die Profis. Eine unvergessliche Erfahrung!“, wie Kathi Kelsh meint. Bei der Aufführung im Theater Lüneburg hat sich auch das Publikum mehr als begeistert gezeigt: Die Präzi­sion im Zusammenspiel mit dem Bild, der professionelle Klang des 60-köpfigen Orchesters forderten minutenlangen Beifall heraus, der Mut macht zu weiteren Projekten dieser Art.

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