Was für ein Abschied! Ein ganzer Tag stand im Regensburger Neuhaussaal unter der Überschrift: „Auf Wiedersehen, Wolfgang Graef!“ Seit 30 Jahren hat er die Musikschule in Regensburg geleitet und übergab den Staffelstab zum Jahresende an seinen Nachfolger Ralf Müller.
Musikpädagoge mit Leidenschaft
Am Vormittag des 2. Dezember verabschiedeten sich Schülerinnen und Schüler, ehemalige und aktuelle Kolleg*innen, Freunde und Freundinnen musikalisch in einer dreieinhalbstündigen Matinee, die zu keiner Zeit als zu lang empfunden wurde. Alle wollten mit ihrem musikalischen Beitrag „Danke“ sagen. Abends dann ein weiterer Höhepunkt: Musikerinnen und Musiker des Philharmonischen Orchesters Regensburg gaben ein Festkonzert – mit Gastklarinettist Wolfgang Graef! Werke für Bläser von Richard Strauss und Wolfgang Amadeus Mozart standen auf dem Programm. Der Jubel im Publikum war groß – am Schluss gab es standing ovations für den scheidenden Musikschulleiter.
Gesprochen wurde natürlich auch. VdM-Bundesvorsitzender Friedrich-Koh Dolge, Bundesgeschäftsführer Matthias Pannes und der Ehrenvorsitzende des VdM und Vorsitzende von Jugend musiziert Ulrich Rademacher hatten es sich nicht nehmen lassen, trotz Eis- und Schneechaos „irgendwie“ nach Regensburg zu kommen. Gleiches gilt für Julia Erche, Vorstandsmitglied des Verbands Bayerischer Sing- und Musikschulen. Zunächst aber machte Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer den Anfang der „honneurs“ und dankte ihrem Musikschul- und Amtsleiter für sein Engagement, mit dem er die musikalische Bildung in Regensburg vorangebracht hat. Friedrich-Koh Dolge erinnerte in seinem Grußwort an ganze 30 Jahre der Zusammenarbeit in verschiedenen Rollen und Themen – und an Herausforderungen, die man gemeinsam angegangen ist und gemeistert hat. „Das geht aber nur mit einer Durchsetzungskraft und einem Schaffensdrang, mit Deiner klaren Zielvorstellung und Vision von einem Bildungsorganismus öffentliche Musikschule“, erklärte Dolge. Und weiter: „Es war Dir immer wichtig, auch Unterstützung von außen zu holen, auch ehrenamtliches und zivilgesellschaftliches Engagement einzufordern, Menschen für die Musikschularbeit, Menschen für die Notwendigkeit der musikalischen Bildungsarbeit zu begeistern. All dies mit erfrischendem Tatendrang, immer Beratung sowie Diskurs einfordernd und – vielleicht auch manchmal mit der Faust in der Tasche – von einem Besseren erst einmal überzeugt werden zu müssen. Du hast jedoch auch immer dort Haltung gezeigt, wo es notwendig war und wo es Dir wichtig erschien.“
Julia Erche betonte, dass sowohl die Musikschule als auch die Stadt Regensburg Graef viel zu verdanken hätten. „Er hat sein Wirken und all seine Gestaltungskraft in diese Musikschule gesteckt. Über die Jahre hat er ein Gesamtkunstwerk verwirklicht, das nicht nur mit seiner Vollständigkeit überzeugt, sondern vor allem auch damit, dass es darüber weit hinaus geht“, so Erche. Selbst Leiterin der Musikschule Rottendorf beschrieb sie in einer launigen Art und Weise den Alltag eines Musikschulleiters, der sich mit kranken Sekretärinnen, kaputten Heizungen, fordernden Eltern ebenso konfrontiert sieht wie mit der Notwendigkeit, einen Kämmerer von der Notwendigkeit der musikalischen Bildung zu überzeugen. Dann aber auch: „Jede Verbesserung, jede Maßnahme, jede Idee ist erstmal noch gar nicht da. Einer muss sie haben. Einer muss sich den Freiraum schaffen, zwischen dem ganzen Alltag noch Kraft übrig zu behalten, um in Gesprächen Dinge anzubahnen. Um Strategien zu entwickeln. Die Person braucht Energie und Instinkt und einen sicheren Blick fürs Detail genauso wie für das große Ganze.“ Das alles treffe auf Wolfgang Graef zu.
Am Abend schloss dann Ulrich Rademacher den Reigen der Lobredner und sprach von den „kommunalen Bildungslandschaften“, deren wichtiger Teil die Musikschule sei. „Das poetische, aber in der Vermittlung leider oft vernebelnde Bild von ‚kommunalen Bildungslandschaften‘ birgt Tücken. Denn Landschaften müssen gepflegt werden. Was musikalische Bildung betrifft, fällt die Rolle des Landschaftspflegers vorzugsweise dem Fach-Menschen zu, der die öffentliche Musikschule leitet. Wer sonst soll in kommunalem Auftrag diese Aufgabe übernehmen? In kleinen und mittleren Kommunen ist dies meist selbstverständlich, aber auch in Hochschul- und Theaterstädten bietet sich diese Rollenverteilung an. Denn GMDs, Intendanten, Rektoren und Dekane kommen und gehen. Den langfristig verfügbaren musikpädagogischen Sachverstand, der nicht nur die eigene Institution im Blick hat, sondern auch und gerade deren Vernetzung mit allen öffentlichen und freien Akteuren von Musik und Bildung, gewährleistet meist die Musikschulleitung vor Ort.“
Die Redner hoben Wolfgang Graefs Leidenschaft und Tatkraft, sein Durchsetzungsvermögen, aber auch seinen Humor und seine Menschlichkeit hervor. Und natürlich wurden auch besondere Verdienste gewürdigt. So fiel nicht nur der Umzug der Musikschule ins repräsentative Palais gegenüber vom Theater in seine Amtszeit, sondern auch die gesamte Planung der Umbau- und Renovierungsphase, die es in sich hatte. Gewürdigt wurde auch die fruchtbare Partnerschaft mit einer Musikschule in Uganda – oder sein Engagement für den Verband deutscher Musikschulen und für Jugend musiziert. Den Vorsitz des Landesausschusses wird er weiterführen. Graef hat sich insbesondere für die Ensemblearbeit an seiner Musikschule eingesetzt und auch für Kooperationen und einen niedrigschwelligen Zugang zur musikalischen Bildung. Ebenso stand er aber auch hinter der Förderung besonders begabter junger Musikerinnen und Musiker.
Im wohlverdienten Ruhestand wird er sich nun wieder mehr dem eigenen Musizieren widmen. Als Klarinettist in verschiedenen Orchestern hat er bereits angeheuert und Fuß gefasst.
- Share by mail
Share on