Hauptbild
In einem alten Saal führt eine Gruppe von Kindern mit Kostümen uind Instrumenten etwas vor. Links steht eine Frau. Vor den Kindern sitzen einige Erwachsene und Kinder im Publikum.

Kinderkongress 2024. Das Haus Steinstraße e. V. organisiert jährlich mit weiteren Bündnispartnern den Leipziger Kinderkongress, der beim Fachtag vorgestellt wurde. Fotograf: Thomas Meinicke

Banner Full-Size

Musikschulen als Orte gelebter Demokratie

Untertitel
Fachtag des VdM im Rahmen von „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung (2023–2027)“
Vorspann / Teaser

VdM-Musikschulen verstehen sich laut den VdM-Richtlinien als „Einrichtungen mit bildungs-, kultur-, jugend- und sozialpolitischen Aufgaben“ sowie als „Orte der Bildung und Begegnung“. In diesem Sinne sind Musikschulen Teil unserer demokratischen Gesellschaft, die demokratische Werte leben, vertreten und an die Schülerinnen und Schüler weitergeben.

Publikationsdatum
Paragraphs
Text

Um diesem Thema Raum und Akteuren Anreize zu geben, beschäftigte sich ein Online-Fachtag am 14. Februar 2025 mit der Frage, wie Demokratieförderung in der kulturellen Kinder- und Jugendbildung gelingen kann. Neben einem Vortrag von Prof. Dr. Anne Fritzen (Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar) stellten weitere Akteure der kulturellen Kinder- und Jugendbildung Projekte vor, in denen demokratische Prozesse umgesetzt wurden.

Ohne sich dessen bewusst sein zu müssen, sind Musikschulen in vielen Fällen bereits demokratiefördernd, indem Selbstwirksamkeit und Persönlichkeit der Kinder und Jugendlichen gestärkt werden. Im Idealfall werden sie dadurch befähigt, in ihrem weiteren Leben widerstandsfähig und weltoffen zu sein. Mithilfe des Demokratiemodells von Gerhard Himmelmann machte Anne Fritzen deutlich, wie Demokratieprozesse bereits im Kleinen entstehen. Wenn die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern auf Augenhöhe erfolgt, dann werden die Kinder und Jugendlichen darin bestärkt, ihre Meinung zu äußern, Dinge zu hinterfragen und sich aktiv an der Gemeinschaft zu beteiligen. 

Es gibt weitere Konzepte, die die Schülerinnen und Schüler noch stärker in demokratische Prozesse einbinden können, etwa wenn Entscheidungen gemeinsam diskutiert und getroffen werden, die Gruppe offen für alle Ideen ist, Konzepte wie Peer-Learning und Service Learning umgesetzt werden oder Kinderräte und -parlamente gegründet werden. Dabei ist allerdings stets wichtig, dass die Ideen und Entscheidungen der Kinder und Jugendlichen ernstgenommen, aufrichtig diskutiert und auch umgesetzt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass Frustration bei den Kindern und Jugendlichen entsteht. Die Erfahrungen, die die Referierenden mit den Teilnehmenden des Fachtages teilten, zeigen, dass bei der Entscheidungsfindung der Kinder und Jugendlichen zwar nicht unbedingt die Lösungen entstehen, an die die Verantwortlichen zunächst gedacht haben, aber dennoch gute und kreative Lösungen gefunden wurden, die die bestehenden Probleme ebenso beseitigen oder minimieren konnten. 

Während des Fachtags stellten die Referierenden verschiedene Projekte vor und zeigten auf, wie Demokratieförderung in die Projektarbeit integriert wurde. Dies kann zum einen gelingen, indem man die Kunst als Ausdrucksform nutzt und thematisch gesellschaftliche und politische Themen behandelt, um so ins Gespräch zu kommen und die Kinder und Jugendlichen altersgerecht an die Themen heranzuführen, wie Torsten Bähler und Riccardo Neumann (PROjektART) erklärten. Zum anderen kann Demokratie in der Umsetzung von Projekten in den Prozessen integriert werden, ohne direkt über das Thema zu sprechen. Dabei werden den Beteiligten möglichst viele Freiheiten und Entscheidungen überlassen. Die verantwortlichen Lehrkräfte verstehen sich dann eher in einer begleitenden und beratenden Rolle bei der Umsetzung der Ideen der Kinder und Jugendlichen. 

Marta Mai (Kulturwerk M14 gUG) stellte fest, dass es wichtig ist, alle Kinder und Jugendlichen in der Gruppe zu beteiligen, damit alle ein gemeinsames Ziel haben und es zum Austausch mit allen Beteilig­ten kommt. Wenn Kinder und Jugendliche in alle Prozesse der Projektarbeit eingebunden werden, stärkt dies die emotionale Bindung zum Projekt und untereinander. Weitere Aspekte, die für die demokratiefördernde Arbeit wichtig sind, stellte auch Ulrike Bernard vor. Das Mehrgenerationenhaus „Haus Steinstraße e. V.“ setzt viele Projekte in Leipzig um, die stark auf die Partizipation der Kinder und Jugendlichen in den gesellschaftlichen Prozessen der Stadt ausgerichtet sind. Dabei haben sich flache Hierarchien sowie die Beteiligung vieler Bündnispartner und die Berücksichtigung der Wünsche der Teilnehmenden bewährt.

Um die Partizipation der Kinder und Jugendlichen zu fördern, haben die Projektvorstellungen die Kommunikation mit den Teilnehmenden und die Vorbildfunktion der Lehrkräfte als entscheidend identifiziert. Wenn sich eine gute Zusammenarbeit im Team auf die Teilnehmenden überträgt, kann dies die Begeisterung und Motivation steigern. Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten werden in der Gemeinschaft diskutiert und ausgehandelt. Auch dies stärkt das Miteinander. 

Musik hat eine identitätsstiftende Wirkung, die allerdings nicht von allein demokratiefördernd ist. Die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern, in Ensembles, Orchestern und in der Projekt­arbeit ist das entscheidende Element, junge Menschen in ihrer Persönlichkeit zu stärken, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen und sie in die Gemeinschaft zu integrieren. Musikschulen können auf vielfältige Weise demokratiefördernd wirken und Demokratie für Kinder und Jugendliche erfahrbar machen.

Laut der UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder und Jugendliche das Recht, in allen sie betreffenden Angelegenheiten mitzubestimmen und sich frei zu äußern, und somit auch das Recht, ihre Freizeit selbstständig zu gestalten. Die Werkzeuge dafür können ihnen auch die Musikschulen an die Hand geben und so Orte gelebter Demokratie sein.

Der Online-Fachtag wurde veranstaltet vom Projektbüro des Verbandes deutscher Musikschulen im Rahmen des Förderprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung (2023-2027)“ des BMBF. Die Dokumentation ist auf der Projekthomepage unter www.vdm-musikleben.de abrufbar.
 

Print-Rubriken
Unterrubrik