„Nö, das ist nicht gruselig genug“, meldete sich ein Stimmchen in der „Geisterstunde“ in der Glocke energisch zu Wort. Wäre ja noch schöner, wenn Geister und Hexen zum Radetzky-Marsch von Johann Strauß Vater eine kesse Sohle aufs Parkett legen würden. Da passt doch Camille Saint-Saëns „Danse macabre“ viel besser, in dem das Xylophon so schön klappert wie sonst nur Zähne. Zumal Robin von Ohlshausen ein höchst beachtliches Violinsolo spielte.
Huibuh! Gleich acht Hexengeschwader nahmen bei den drei Familien- und Schulkonzerten Kurs auf den Kahlen Berg. „Ja, noch lacht ihr“, ruft Heiner Buhlmann, Direktor der Musikschule Bremen, als dirigierender Ober-Hexenmeister in den Konzertsaal. „Könnt ihr diesen übermütigen Hexen-Tanz erkennen? Eine falsche Antwort, und ihr seid Besen!“, droht er mit gespieltem Ernst. Das Leben ist eben ein einziges Risiko.
Eine der Hexen war übrigens Baba Yaga, die geradewegs Mussorgskijs
„Bildern einer Ausstellung“ entsprungen über die Bühne der Bremer Glocke fegte, um sich an die Fersen eines Zauberers zu heften, der angeblich ein Mädchen entführt hatte. Sekundiert wurde Nora dabei von einem orchestralen Katz- und Mausspiel, das Buhlmann mit kernigen Rhythmen nach vorne peitschte. Henning Gründahl, der sich nun von seiner Kontrahentin ins Bockshorn jagen ließ, hatte zuvor als Ghostcoach, als Geistertrainer, alle munteren Orchestergeister vorgestellt, ob die schüchternen Harfengeister oder die Pauken als Poltergeister.
Die Bremer Philharmoniker und das Jugendsinfonieorchester mit insgesamt 130 Musikerinnen und Musikern luden zur schaurig schönen Geisterstunde auf Burg Glockenstein und legten sich dabei mächtig ins Zeug. Dieses von Helga Warner-Buhlmann und Heiner Buhlmann konzipierte Familien- und Schulkonzert ist bereits die neunte Kooperation der Klangkörper. Tenor der Matinée, an der sich in allen drei Vorstellungen jeweils weit über 1.000 kleine wie große Geisterjäger und Zauberlehrlinge begeisternd rappend beteilig-ten: „Wir sind alle Geister!“, frei nach dem Queen-Hit „We will rock you“.
Die musikalische Walpurgisnacht führte von Modest Mussorgskijs unheimlich rauschender „Nacht auf dem Kahlen Berge“ mitten hinein in die irrlichternden Abgründe der Wolfsschlucht aus Carl Maria von Webers romantischer Oper „Der Freischütz“. Viel schauspielerisches Talent legte dabei Luca Crasemann als Erzählerin dieses Höllenritts an den Tag, indem sie das Gießen von Freikugeln und den infernalischen Pakt von Caspar, Max und dem Teufel, der im „Freischütz“ Samiel heißt, ungemein plastisch ausmalte. Danach begab sie sich wieder flugs an ihr Geigenpult. Die beiden Orchester entfachten in der imaginären Wolfsschlucht einen brodelnden, brausenden Geister-Sturm, dass es nur so krachte.
Schließlich drehten die Musiker noch einmal kräftig auf, indem sie mit „In der Halle des Bergkönigs“ aus Edvard Griegs „Peer Gynt Suite“ den orchestralen Turbo mobilisierten. Da liefen dann in einem Hexen-Sabbat übermütig übereinander purzelnde Trolle zur Höchstform auf. Heiner Buhlmann, Chef des Jugendsinfonieorchesters, hatte nicht zu viel versprochen, als er ankündigte, dass diese Musik das Publikum „vom Hocker reißen“ würde.
Viel Beifall, lautstarke Rufe nach Zugaben waren das Ergebnis dieser spannenden und mitreißenden Konzerte.