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Arbeitsrecht aktuell

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Seminar in Stuttgart völlig ausgebucht
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Mehr als 50 Musikschulehrerinnen und Musikschullehrer aus ganz Baden-Württemberg drängten sich ratsuchend am Montag im Landesbezirk der ver.di in einem Seminar zum Thema „Musikschulen – vom BAT zur freien Mitarbeit?“. Gleich drei Juristen der Gewerkschaft antworteten auf Fallkonstellationen, zu Fragen des individuellen Arbeitsrechts und zu Strategien der betrieblichen Interessenvertretung: Hermann Burr von der Landesrechtsstelle, Helmut Platow, Bereichsleiter Recht beim ver.di Bundesvorstand und Wolfgang Schimmel, ebenfalls Spezialist für Arbeits- und Urheberrecht.

Alarmiert wurden die Teilnehmer durch die Pläne, fest an gestellte Musikschulkräfte im Süden des Bundeslandes zu kündigen, um sie – nach der Umwandlung von Trägerschaften – zu wesentlich schlechteren Bedingungen wieder einzustellen, meist also Honorarkräfte mit Zeitverträgen. Die Kommunen wollen auf diesem juristisch zweifelhaften Weg Kosten sparen: In Trossingen verloren so gut 40 Festangestellte ihren sicheren Status, in Villingen-Schwenningen sind 56 Lehrerinnen und Lehrer sowie 1.500 Schüler von der Schließung der Musikschule bedroht, während beispielsweise in Freiburg nach drastischen Etatkürzungen die Unterrichtsgebühren so erhöht wurden, dass die Schüler ausbleiben. Helmut Platow und Wolfgang Schimmel erkennen in diesen Verfahren arbeitsrechtliche Tricks, die an einem Chemnitzer Urteil geschult sind: Mit diesem Urteil hatten Musikschulkräfte, unterstützt durch Platow, ein Abdrängen in die Scheinselbstständigkeit verhindern können. Schimmel, der in Trossingen und Villingen-Schwenningen den Musikschullehrern zur Seite steht, meint: „Inzwischen ziehen die Arbeitgeber jeden für sie verlorenen Prozess als Checkliste heran.“

Neben den vielen einzelnen Fragen zu ihren individuellen Rechten und zum Schutz ihrer Arbeitsverhältnisse ging es den Seminarteilnehmer denn auch um den generellen Stellenwert musisch-kultureller Bildung, die sie ausgerechnet in dem ehemaligen „Musterland“ von „Jugend musiziert“ preisgegeben sehen. „Diese Fragen müssen uns und die Eltern mobil machen“, forderte ein Teilnehmer in der Diskussion. Schimmel sekundierte: „Wir können nicht als Gewerkschaft durchs Land laufen und den kulturpolitischen Kahlschlag bekämpfen, wenn die Betroffenen den Sparmaßnahmen zustimmen.“ Der Appell blieb nicht ungehört.

Erörtert und intensiv diskutiert wurde Fragen der betrieblichen Interessenvertretung, des Kündigungsschutzrechts und – falls es dazu kommt – der oft problematischen rechtlichen und sozialen Absicherung „freier Mitarbeiter“. Das grundsätzliche Problem für alle beteiligten Personalräte ist, wie Burr erklärte, dass politische Entscheidungen des demokratisch legitimierten Gremiums – etwa des Gemeinderats, eine kommunale Musikschule zu schließen – nicht angreifbar sind. Lediglich die Folgen für die Betroffenen lassen sich durch Interessenausgleich und Sozialpläne abfedern. Allerdings sollte man nicht unbedingt abwarten, bis solche Entscheidungen fallen. Es ist den Beschäftigten eine Musikschule nicht verboten, auf die Gremienmitglieder zuzugehen oder die Öffentlichkeit zu informieren.

Außerdem kann sich ein öffentlicher Arbeitgeber nicht einfach durch Gremienbeschluss seiner vertraglichen Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen entheben. Deshalb wird zumeist versucht, eine Aufhebung oder Umwandlung der Verträge per „Änderungsvertrag“ durchzusetzen – manchmal mit dem Hinweis, dass eben fliegt, wer nicht unterschreibt. Ein Hinweis von Platow dürfte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wohl in Erinnerung bleiben: „Wenn der Änderungs- oder Aufhebungsvertrag erst unterschrieben ist, lässt sich auf dem Rechtsweg meistens nichts mehr machen.“ Dagegen bleibt im Falle einer Kündigung, auch einer Änderungskündigung immer noch der Weg zum u u Arbeitsgericht. Mit unterschiedlichen Chancen zwar, weil es – so Platow – immer auf den Einzelfall ankommt, aber immerhin mit Chancen. Sicher werden die Tricks, mit denen angestellte Musiklehrer zu angeblich „freien“ Mitarbeitern umgespritzt werden sollen, immer raffinierter, weil man eben aus verlorenen Prozessen lernt. Perfekt kann ein solcher „Etikettenschwindel“, wie Schimmel das nannte, aber nie werden: Letztlich wird man Lehrer brauchen, die nach Stundenplan arbeiten, an Konferenzen teilnehmen und sich obendrein um Schulorchester und -konzerte kümmern. Und deshalb wird es sich zumeist um Arbeitsverhältnisse handeln und nicht um selbstständige Arbeit wie bei einem Handwerker, der pünktlich – oder auch nicht – kommt, um ein verstopftes Rohr zu reinigen und anschließend dafür eine Rechnung nebst Anfahrt und Kleinmaterial schreibt.

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