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Erfolgreiche Begegnung von Theorie und Praxis

Untertitel
Seminar der IG Medien zu Musikschulmanagement und Kreativität im Unterricht
Publikationsdatum
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Mit großem Erfolg fand Anfang Juni im Zentrum für Kunst und Medien in Hörste das jährliche Wochenseminar der IG Medien Fachgruppe Musik statt. Die Leitung lag bei dem inzwischen gut eingespielten Team von Ulrich Heß, Ulrich Steiner (beide NRW) und dem Bundessekretär Heinrich Bleicher-Nagelsmann. Der folgende Seminarbericht soll einen Überblick der dort behandelten Themen liefern und bei möglichen Teilnehmern des folgenden Seminars im Jahr 2000 Interesse wecken. Die Themen des Seminars lassen sich in drei Bereiche aufteilen: 1. Musikschulmanagement, 2. Kreativität in der Unterrichtsgestaltung und 3. Gewerkschaftsarbeit an Musikschulen. Während der Vorstellungsrunde am Tag der Anreise wird deutlich, daß sich die Gruppe der Seminarteilnehmer aus Musikschulpädagogen zusammensetzt, die in unterschiedlichen Zusammenhängen arbeiten. Das reichte von der Angestellten an einer kommunalen Musikschule über Musikschullehrkräfte und Leiter an in privatrechtlicher Rechtsform geführten Musikschulen, bis hin zu der selbständigen Privatmusiklehrerin. Auf diese Gruppe von 23 Pädagogen und Musikern trifft der erste Referent Michael Kobold, Leiter der Rheinischen Musikschule Köln (RMS). Als Einstieg in das Thema „Musikschulmanagement: Werbung, Präsentation, Kooperation und Veranstaltungsmarketing“ sehen die Seminarteilnehmer am Sonntagabend einen Film, der eine Schulklasse am Musikzweig des Kölner Humboldt Gymnasiums porträtiert. Angebotsschule Das Angebot „Musikgymnasium“ wird von allen Teilnehmern als positives Beispiel für die Integration von Musikschule und allgemeinbildender Schule gewertet. Als Mangel des Films wird von allen erkannt, daß der Anteil der Rheinischen Musikschule (RMS) an dem Angebot des Musikgymnasiums äußerst unzureichend dargestellt ist. Am folgenden Vormittag stellt Michael Kobold einführend die inneren Leitungssrukturen an der RMS vor. Die Leitungsebene setzt sich aus der Gesamtleiterkonferenz, der Regionalschulleiterkonferenz und der Fachleiterkonferenz zusammen. Geschäftsgrundlage des sich monatlich treffenden Obersten Leitungsgremiums, der Gesamtleiterkonferenz, ist eine Konferenzordnung. Ziel dieses Gremiums ist eine langfristige Zielplanung des Unternehmens RMS. Hierbei spielt sowohl die Darstellung der RMS in der Öffentlichkeit, als auch das Marketing innerhalb der Stadtverwaltung eine wesentliche Rolle. Michael Kobold stellt in diesem Zusammenhang das in den letzten Jahren entwickelte Marketingkonzept vor, das mit einem neu entwickelten Design die RMS in der Öffentlichkeit präsentiert. Mit dem Ziel, das Bild der Eltern über das Angebot der RMS zu schärfen und die Eltern an der Gestaltung der MS zu beteiligen, findet einmal im Jahr ein Elternabend zum Thema: „Zielsetzung der Musikschule/musikschulpolitische Fragen“ statt. Diesen Zielen dient auch die Durchführung von Umfragen unter den Eltern, in denen Fragen zur Produktpalette der RMS, der Qualität des Unterrichts und der Räumlichkeiten et cetera gestellt werden. Der Referent begründet diese Maßnahmen mit der Tatsache, daß das Erscheinungsbild von Musikschulen in der Öffentlichkeit und bei Schülern und Eltern existentielle Bedeutung für die Einrichtung und für den Erhalt der Arbeitsplätze hat. Solmisation als Erlebnis Der Montag nachmittag und der folgende Dienstag vormittag wurden unter dem Leitthema „Kreativität in der Unterrichtsgestaltung“ von der Musikpädagogin Aniko Baberkoff-Montag gestaltet. Hören, Singen, Spielen – die relative Solmisation lautete der Untertitel. Die Dozentin schreibt folgendes über die Methode: Hören – Singen – Spielen... ist die ursprüngliche Reihenfolge des Musizierens. Durch aktives Hören entdeckt das Kind die Musik, nimmt sie in sich auf, erlebt sie. Die Wiedergabe des verinnerlichten Musikerlebnisses geschieht vorerst mit dem natürlichen Instrument, der Singstimme. Die Singsilben (Do, Re, Mi, Fa, So, La, Si, Do) und die Handzeichen – als „Urbild“ der Notenschrift bieten eine Möglichkeit, mit den Tönen auf allereinfachste Weise zu improvisieren, ihre Beziehungen zueinander zu entdecken und sie später auf das Instrument zu übertragen. Das „Entziffern“ der absoluten Notenschrift erfolgt mit der Hilfe der Solmisation aus der inneren Tonvorstellung heraus. Das rhythmische Element wird anfangs durch Bewegung erlebt und danach bewußt gemacht. In der Kombination von Einzel- und Gruppenunterricht wird die musikalische Empfindung des Kindes und sein Wunsch nach selbständigem Gestalten auf dem Instrument zum Ziel gesetzt. Soviel zum theoretischen Hintergrund. Das, was die Dozentin den Seminarteilnehmern an Demonstrationen und praktischen Übungen erlebbar gemacht hat, hat die Gruppe bis zum Ende des Seminars nicht mehr losgelassen. Immer wieder wurden in den Pausen Melodien solmisiert. Einige Teilnehmer versuchten sich zu später Stunde an der voraussichtlich zukünftigen Hymne der neuen Verbundgewerkschaft ver.di. Leitung und Team Der Dienstag nachmittag war dem Thema „Führung und Organisation an Musikschulen – Mitarbeiterführung und Teamführung“ vorbehalten. Der Dozent Jochen Kloff ist Psychologe und Jurist. Er hat Berufserfahrung in der Arbeit im Justizvollzug mit drogenabhängigen Strafgefangenen. Seit 1973 arbeitet er unter anderem für den Verband deutscher Musikschulen in der Musikschulleiterausbildung. Als Organisationsberater moderiert er Musikschulteams bei dem Prozeß der Organisationsentwicklung. Einleitend formuliert er einige Thesen, die hier verkürzt wiedergegeben werden: * Musikschule ist mehr als eine Ansammlung von einzelnen Privatmusiklehrerinnen und -lehrer. * Aufgabe der Führung ist es, die Mitarbeiter zusammenzubringen und so in ihren Stärken zu unterstützen, daß sie ihren Wert erkennen. * Führungskräfte haben die Aufgabe, die Mitarbeiterinnen zu Selbstbewußtsein zu führen, indem sie Prozesse einleiten und in Gang halten, die dasMusikschulteam Fragen wie: „Wozu brauchen wir (die Gesellschaft) Musikschulen?“ weitgehend einheitlich beantworten lassen. Im Anschluß an diese Thesen folgte ein kurzer Abriß der Geschichte von Führung. Die Geschichte von Führung beginnt mit der Entwicklung von Organisationen. Sie wurde beschleunigt durch die Explosion von Wissen nach dem 2. Weltkrieg. Dadurch stieg auch der Anpassungsdruck an die Organisationen. Größe und Verkrustung wurden als Grund für das Sterben oder den Konkurs vieler Unternehmen erkannt. Als Konsequenz wurde die Anzahl der Entscheidungsebenen reduziert. Allerdings ging dadurch auch das Wissen dieser Ebenen verloren. Also mußten die verbliebenen Mitarbeiter qualifiziert werden. Dadurch stieg automatisch der Anspruch der Mitarbeiter an qualifizierter Führung. Die Führungskräfte mußten sich wandeln, von mit mehr Wissen ausgestatteten Leitern zu Partnern in einer Problemlösungsgemein-schaft. Das Organigramm einer solchen Einrichtung stellt eine umgekehrte Pyramide dar, bei der die Schüler/innen, die Eltern und die Öffentlichkeit als Kunden der MS-Lehrkräfte und der Verwaltung und die MS-Lehrkräfte als Kunden der MS-Leitung erscheinen. Dieses Verständnis von Mitarbeiterführung stellt die traditionelle Vorstellung der mit Herrschaftswissen ausgestatteten Leiter auf den Kopf. Nach diesen theoretischen Ausführungen führte der Dozent mit dem Plenum eine Diskussion zu der Frage: Wozu brauchen wir Musikschulen? Auf diese Art setzte er die Teilnehmer dem Rechtfertigungsdruck aus, der auch in den Kommunen vor Ort herrscht. So wurde den Teilnehmern verdeutlicht, daß eine einheitliche Vorstellung der Bedeutung und Funktion von öffentlicher Musikschularbeit innerhalb eines MS-Kollegiums langfristig von wesentlicher Bedeutung für die gesicherte Existenz der Einrichtung ist. Im weiteren Verlauf des Seminars wurde von Teilnehmern angeregt, anläßlich des Wochenseminars im Jahr 2000 zum selben Thema eine Veranstaltung durchzuführen, zu der auch Musikschulleiter eingeladen werden. Simulation und Wirklichkeit Am Mittwoch vormittag saß Günter Isemeyer, Landesbezirkssekretär NRW der IG Medien am Ende der Leitung. „Der heiße Draht: Mitgliederbetreuung der IG Medien“ lautete die Überschrift, unter der die Teilnehmer/innen mittels Rollenspiel mit der Situation konfrontiert wurden, daß ihnen auf einer Personalversammlung von dem Stadtdirektor „Obermeier“, glaubhaft dargestellt von Günter Isemeyer, die Kündigung ihrer Beschäftigungsverhältnisse und die Umwandlung der Einrichtung von einer kommunalen MS in eine MS in privatrechtlicher Trägerschaft eröffnet wird. Ulrich Steiner überzeugte als Personalratsvorsitzender Herr „Täumer“; Ulrich Heß brillierte als Kulturdezernent Herr „Dr. Dr. Kleinbecks“. Insgesamt war diese Art der Simulation von Wirklichkeit eine hervorragende Alternative zur frontalen Wissensvermittlung. „Improvisation und Körpererfahrung“ führte die Gruppe am folgenden Mittwoch nachmittag in eine andere Welt. Dr. Peter Maul hatte einen Seminarraum mit afrikanischen Percussionsinstrumenten gefüllt. Nachdem die Anwesenden über die Trommeln und andere Instrumente hergefallen waren und eine halbe Stunde Chaos auslösten, war das Bedürfnis nach Struktur und gemeinsamer musikalischer Gestaltung hinreichend geweckt. Was folgte war die Beschränkung auf minimale rhythmische Motive und somit ein Erfolgserlebnis für die Percussionisten. Der folgende Vormittag wurde angereichert durch die Elemente Tanz und Gesang. Solchermaßen gelockert wurde das ohnehin schon vorhandene Vertrauen in der Gruppe noch verstärkt. Mancher Kollegin ging wohl der Gedanke durch den Kopf: Könnte doch auch in meinem Kollegium solch eine entspannte und kreative Atmosphäre herrschen. Tanz auf dem Seminar Die Fortsetzung am Donnerstag nachmittag handelte von „Gruppenarbeit mit Musik und Tanz“. Professor Ingrid Engel von der Stuttgarter Musikschule führte mit praktischen Beispielen in die Welt der musikalischen Früherziehung ein. Ein Feuerwerk an musikalisch-tänzerischen Gestaltungsspielen führte die Gruppe an den Rand der Erschöpfung, so daß am folgenden Freitag vormittag der Wunsch nach Beschränkung der Themenwahl geäußert wurde. So konnten die Teilnehmer am Ende des Seminars intensiv die Schrittfolge eines Menuetts einüben. Da die Zahl der Teilnehmer für das Wochenseminar im kommenden Jahr beschränkt ist, wird eine frühzeitige Anmeldung zu dem Termin 18. bis 23. Juni 2000 empfohlen.
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