Banner Full-Size

Fortbildung – Dienstzeit oder Freizeit

Untertitel
Lehrkräftemangel bei der Musikalischen Früherziehung und der Musikalischen Grundausbildung
Publikationsdatum
Body

Es besteht zur Zeit ein erhöhter Bedarf an ausgebildeten Leitern von Früherziehungs- und Grundausbildungskursen an kommunalen Musikschulen. Das ergibt sich aus steigenden Anmeldezahlen an den Musikschulen und aus der Tatsache, dass die angestellten Lehrkräfte an kommunalen Musikschulen in der Mehrzahl der Fälle keine entsprechende Ausbildung haben. Dem steigenden Bedarf an entsprechenden Kursangeboten können die Musikschulen auch deshalb zur Zeit nicht in vollem Umfang gerecht werden, weil deren Träger mit Hinweis auf das strukturelle Haushaltsdefizit keine neuen Stellen bei den Musikschulen einrichten wollen. Außerdem bilden die Musikhochschulen eine unzureichende Zahl von Lehrkräften im Bereich der „Allgemeinen Musikerziehung“ aus.

Undessen gibt es pädagogische Argumente für die Ausweitung dieses Bereichs, die von der Erkenntnis ausgehen, „... dass ein früher musikalischer Beginn zur Gesamtentwicklung des Kindes einen positiven Beitrag leisten kann.“ (LVdM NRW)

Um den Musikschulen zu ermöglichen diesen Bedarf zu decken, bieten die etablierten Weiterbildungseinrichtungen entsprechende Kurse für Lehrkräfte an Musikschulen an.

Neben diesen Weiterbildungsangeboten richtet der LVdM NRW in diesem Jahr erstmals einen Qualifizierungslehrgang „Musikalische Früherziehung“ und „Musikalische Grundausbildung“ aus.

Außer den eingangs beschriebenen Begründungen für die verstärkte Einrichtung solcher Angebote an den Musikschulen besteht eine weitere Attraktivität für den Musikschulträger darin, dass diese Kurse einen wesentlich höheren Kostendeckungsgrad im Vergleich zum Gruppen- und Einzelunterricht erzielen. Sie tragen sich in der Regel selbst. Vor diesem Hintergrund werden Musikschullehrkräfte, welche ihren Musikschulleitern als geeignet erscheinen, gebeten an einschlägigen Fortbildungsangeboten teilzunehmen. Dies mit dem nachvollziehbaren Argument, dass sich die überproportionalen Belastungen durch diese Unterrichtsform auf viele Schultern verteilen sollten.

Die IG Medien/Fachgruppe Musik hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass es ihr im Rahmen eines zeitgemäßen Musikschulangebotes – auch im Sinn von Musikschulsicherung – sinnvoll erscheint, die traditionelle Angebotspalette dieser Einrichtungen zu erweitern. Das gilt auch für den hier behandelten Bereich.

Fortbildung in der Freizeit

Soweit besteht vermutlich Einigkeit in der Beurteilung der Situation zwischen Musikschulträgern, Musikschulleitungen und IG Medien. Aber bei der Beantwortung der Frage, ob Fortbildungsmaßnahmen, welche von dienstlichem Interesse sind, während der Dienstzeit oder in der Freizeit stattfinden, tun sich plötzlich tiefe Klüfte auf. So ist der Autor dieses Artikels auf – gelinde ausgedrückt – Unverständnis gestoßen, als er bei einer Informationsveranstaltung über den oben genannten „Qualifizierungslehrgang“ des LVdM NRW in der Musikschule Mönchengladbach genau diese Frage stellte. Die spontane Reaktion des Lehrgangsleiters und Mönchengladbacher Musikschulleiters Frank Füser war zunächst die Aussage, dass man mit einer solchen Einstellung nicht für diese Arbeit geeignet sei.

Dann folgte der Hinweis auf den „Ferienüberhang“, der für solche Tätigkeiten zur Verfügung stehe. Zur Information: Der „Qualifizierungslehrgang“ umfasst insgesamt 220 Unterrichtsstunden und findet an sieben Wochenenden und einer regelmäßigen Vormittagsveranstaltung in der Woche, außerhalb der Schulferien statt. Er beinhaltet zwei Unterichtshospitationen im Umfang von jeweils 10 Unterrichtsstunden und dauert ein Jahr.

Ich vermute, dass die Meinung, dienstliche Fortbildung von Musikschullehrkräften habe grundsätzlich in der Freizeit stattzufinden, unter Musikschulleitern in der ganzen Bundesrepublik weit verbreitet ist. Der Hinweis auf die Tatsache, dass dienstliche Fortbildung in den kommunalen Verwaltungen selbstverständlich während der Dienstzeit stattfindet, würde wahrscheinlich in der Mehrzahl der Fälle Empörung auslösen und mit dem Verweis auf die schwierige Situation der jeweiligen Musikschule vom Tisch gewischt werden. Ich lasse mich jedoch gerne eines Besseren belehren.

Fortbildung in der Dienstzeit

Für die angestellten Musikschullehrkräfte, die vor der oben beschriebenen Frage stehen und in das empörte Gesicht ihres Musikschulleiters schauen, wenn sie ausgesprochen wurde, seien hier einige Hinweise erlaubt:

Eine dienstliche Fortbildung im Umfang von 220 Unterrichtsstunden, Vor- und Nachbereitung nicht mitgerechnet, bedeutet umgerechnet in das BAT-Gehalt einer MS-Lehrkraft grob geschätzt einen Betrag von 10.000 Mark. Diesen Betrag spart ein Musikschulträger ein, wenn die Fortbildung in der Freizeit stattfindet. Andersherum: Eine Musikschullehrerin schenkt ihrer Musikschule ungefähr 10.000 Mark wenn sie sich in ihrer Freizeit für eine neue Verwendung innerhalb ihrer Musikschule fortbildet. Das kann sie gerne machen, sie muss es aber nicht! Vorausgesetzt sie möchte sich weiterqualifizieren, könnte sie auch sagen: „Ich nehme an der Fortbildung nur teil, wenn sie dienstlich angeordnet wird. Die während der Fortbildung geleistete Arbeitszeit soll auf mein Stundendeputat angerechnet werden.“ Wenn die Lehrerin letzeres nicht will, kann sie auch vorschlagen, dass diese Form der Arbeitszeit vergütet wird.

Sie kann darüber verhandeln, in welchem Umfang sie in dem neuen Bereich eingesetzt werden soll. Auf jeden Fall sollte sie alle Absprachen mit einer Person ihres Vertrauens aus dem Personalrat abklären und vor der Teilnahme an der Fortbildung schriftlich fixieren. Es geht in diesem Beispiel schließlich nicht um ein einzelnes Wochenende, sondern um einen erheblich größeren Zeitaufwand in Verbindung mit der zukünftigen Verwendung in einem neuen Bereich.

Wenn der Kollegin die Bedingungen des Musikschulträgers nicht zumutbar erscheinen wird sie nicht an der Fortbildung teilnehmen. Für diesen Fall bleibt die Suche der Musikschulleitung nach einer weiteren Kursleiterin für den Früherziehungsbereich ohne Erfolg.

Ziel dieses Beitrags ist es, die Sensibilität der an solchen Vorgängen beteiligten Personen zu erhöhen. Musikschulleiter sollten ihrer Sorgfaltspflicht gegenüber ihren Mitarbeitern Rechnung tragen. Musikschullehrkräfte sollten selbstbewusst ihre berechtigten Interessen artikulieren. Personalräte sollten nach der Lektüre dieser Zeilen für die Problematik sensibilisiert sein. Nicht zuletzt sollten sich die Landesverbände der Musikschulen bundesweit in dieser Frage um eine einheitliche Position bemühen, die den Willen der Musikschullehrkräfte zu beruflicher Veränderung nicht ausbremst sondern unterstützt.

Print-Rubriken
Unterrubrik