Die Einrichtung fester Stellen an den Berliner Musikschulen steht auch weiterhin nicht in Aussicht. Deshalb ist es notwendig, für die Lehrerinnen und Lehrer, langfristig eine andere Form der Arbeitsplatz- und Einkommenssicherung anzustreben. Einer muss den Anfang machen: Die Berliner Fachgruppe Musik plant, mit Unterstützung der Bundesfachgruppe ein Pilotprojekt zur Sicherung der Freien Lehrer an Musikschulen durchzuführen: Sie will für die große Zahl der Honorarkräfte im Musikschulbereich einen Tarifvertrag mit dem Land Berlin abschließen und damit einem unhaltbaren Zustand ein Ende setzen.
Die Einrichtung fester Stellen an den Berliner Musikschulen steht auch weiterhin nicht in Aussicht. Deshalb ist es notwendig, für die Lehrerinnen und Lehrer, langfristig eine andere Form der Arbeitsplatz- und Einkommenssicherung anzustreben. Einer muss den Anfang machen: Die Berliner Fachgruppe Musik plant, mit Unterstützung der Bundesfachgruppe ein Pilotprojekt zur Sicherung der Freien Lehrer an Musikschulen durchzuführen: Sie will für die große Zahl der Honorarkräfte im Musikschulbereich einen Tarifvertrag mit dem Land Berlin abschließen und damit einem unhaltbaren Zustand ein Ende setzen. Es ist längst an der Zeit, den hauptberuflich tätigen und unfreiwillig Freien endlich ein Mindestmaß an finanzieller und sozialer Sicherheit zu geben. Für sie fordern wir im Kern angemessenen Kündigungsschutz, Krankheits- und Mutterschutz, Sicherung der Stundendeputate und ein besseres Honorar. Angesichts der bundesweiten Tendenz zu ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen würde dies eine große Signalwirkung auf die anderen Bundesländer haben.Berlin hat es nämlich wieder einmal geschafft, die Nase vorn zu haben. Es hat unter ihren zwölf nicht nur die größte Musikschule der Republik, sondern auch zugleich seit Jahrzehnten mit Abstand den günstigsten Kostendeckungsgrad bei gleichzeitig sehr hohem Versorgungsgrad der Bevölkerung. Das Rezept der Kommunalpolitik ist denkbar einfach: Man fange gar nicht erst mit festangestellten Lehrern an, sondern besetze den pädagogischen Bereich konsequent mit Honorarkräften. Die sind billiger, hochgradig abhängig vom monatlich wechselnden Stundendeputat und damit viel besser „lenkbar“ als solche, die sich in gesicherter Beschäftigung wähnen.
Die rund 2000 beschäftigten Musikschullehrerinnen und -lehrer Berlins verfügen weder über ein gesichertes, kalkulierbares Einkommen, noch sind sie auch nur annähernd so sozial abgesichert wie Arbeitnehmer. Wohl aber sind nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 1000 von ihnen „arbeitnehmerähnlich“. Dieser Status bringt ihnen jedoch gerade mal ein etwas höheres Honorar in Form ausbezahlten Urlaubsanspruches. Krank werden sollten sie besser nicht und Kinder bekommen schon gar nicht. Zwar leistet das Land freiwillig 80 Prozent Honorarfortzahlung ab dem vierten Krankheitstag, aber wer weiß wie lange noch. Werdende oder gewordene Mütter sind aus gesetzlichen Schutzbestimmungen gleich ganz ausgeschlossen, und das Thema Alterssicherung ist tabu. Ein trauriger Rekord also, denn er entsteht auf Kosten der finanziellen und sozialen Sicherung derjenigen, die den guten Ruf der Musikschulen in täglichem Einsatz erarbeiten. Fast ein Wunder, dass unter solchen Bedingungen überhaupt ein so hochwertiges Angebot entstehen und blühen konnte.
Nach 1945 erhielt jeder Berliner Bezirk eine eigene Musikschule. Die unterschiedliche Entwicklung in Ost und West wirkte sich insofern auf die Musikschulen aus, als man im Osten verstärkt auf relativ kleine Einrichtungen mit hohem Leistungsniveau der Schülerinnen und Schüler setzte, im Westen mehr auf Breitenbildung. Deshalb weist die Statistik für den Osten eine hohe Zahl festangestellter Lehrkäfte bei niedrigerem Versorgungsgrad der Bevölkerung aus. Wegen des Auftrages zur Breitenbildung fristeten umgekehrt die West-Berliner Musikschulen ihr Dasein sehr lange als Unterabteilung der Volkshochschulen, wo für sie abgestellte Verwaltungskräfte Schüleranmeldungen an freiberuflich tätige Dozentinnen vermittelten und im Wege der Nachnutzung Schulräume für den Unterricht organisierten. Wo dies nicht ging, wurde der Unterricht in den Privaträumen der Honorardozenten erteilt. Das Unterrichtshonorar wurde durch das Land festgelegt. Erst 1979 erhielten die Musikschulen in den Bezirken den Status von eigenen Ämtern der Abteilung Volksbildung, mit eigenen Leitern und Verwaltungsangestellten. Im Frühjahr 1981 ersetzte das Land aufgrund einer erfolgreichen Klage von Gewerkschaftern gegen die Honorarbegrenzungsklausel die Vermittlungsverträge durch „Dienstverträge“. Unter der Führung der GdMK (Vorläuferin der Fachgruppe Musik) konnte in groß angelegten Aktionen und Kämpfen der als Knebelungsvertrag konzipierte Vertrag zugunsten der Lehrkräfte wesentlich verbessert werden. In dieser Fassung gilt er noch heute und wird im nächsten Frühjahr 20 Jahre alt. Obwohl zwischenzeitlich vornehmlich für Fachbereichsleitungen, dann doch überwiegend teilzeitlich besetzte feste Stellen in den Westschulen eingerichtet wurden, gelang es nicht, zu einer angemessenen Stellenausstattung zu gelangen. Und wie fast überall werden die Stellen an den Musikschulen Ost-Berlins sukzessiv reduziert und in Honorarmittel umgewandelt. So wird also der anfallende Unterricht noch immer zu 90 Prozent von Honorarkräften erteilt, Tendenz steigend.
Die Forderung nach deutlich mehr festen Stellen für die Berliner Musikschulen ist durchaus nicht obsolet. Aber es wird so oder so auch weiterhin unfreiwillig Freie geben, die vom Beruf leben, jedoch äußerst schlecht gesichert sind. Für Honorarkräfte, die „arbeitnehmerähnliche Personen“ sind, kann die Gewerkschaft mit dem Land Berlin einen Tarifvertrag nach §12a des Tarifvertragsgesetzes (TVG) abschließen. Ein Entwurf ist in Arbeit und steht unmittelbar vor der internen Verabschiedung. Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um Beschäftigungssicherung, Rentenreform. Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes und damit verbunden einer Neudefinition des Arbeitnehmerbegriffes sowie der gestiegenen Bereitschaft zu gesetzlichen Regelungen für die Musikschulen scheint der Zeitpunkt für eine erneute Tarifvertragsinitiative günstig. Auch bei den Betroffenen und Bündnispartnern haben wir bessere Voraussetzungen. Das Anliegen stößt nun auch bei den nicht gewerkschaftlich organisierten Kolleginnen auf breiteres Interesse. Und wir haben die Unterstützung der ötv. Mit oder ohne ver.di wird sie uns mit Rat und Tat zu Seite stehen, die Zusage ihrer Berliner Bezirksvorsitzenden Susanne Stumpenhusen steht. Was die Bereitschaft des Landes Berlin zum Eingehen neuer Verpflichtungen angeht, machen wir uns nichts vor. Die Haushaltslage ist katastrophal, die Neigung der Regierung, sich möglichst vieler Pflichten zu entledigen, groß.
Aber ebenso groß sind die Sympathie der Hauptstadtbevölkerung für ihre Musikschulen und das fachliche Engagement der Lehrkräfte. Ihnen wird einleuchten, warum das vehemente Eintreten der Freiberuflichen für eine tarifliche Sicherung des Berufsstandes allemal effektiver ist als der Gang zum Sozialamt.