Berlin - Raubkopierer machen nicht nur der Musik- und Filmindustrie das Leben schwer. Auch die Verleger von Notenbüchern klagen über Piraterie. Am Kopierer vervielfältigt werden Noten zum Leidwesen der Musikverlage zwar schon seit Jahren, doch die illegalen Noten aus dem Internet verschärfen das Problem zunehmend. «Das ist kein schönes Thema für die Verlage», sagt der Geschäftsführer des Deutschen Musikverleger-Verbandes, Heinz Stroh.
Nach Einschätzung von Christian Rittershofer, beim C. F. Peters Musikverlag zuständig für Rechte und Lizenzen, könnte das Downloaden mit der weiteren Verbreitung des Internets einen Teil der Fotokopien verdrängen.
Der Geschäftsführer der urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaft VG Musikedition, Christian Kraus, schätzt die jährlichen Verluste der Verlage allein durch das klassische Kopieren auf einen Betrag «im hohen zweistelligen Millionenbereich». Die wirtschaftlichen Schäden durch illegale Downloads mag er nicht beziffern: Dieser Bereich sei «riesig und kaum überschaubar». Es gebe unzählige Webseiten mit insgesamt Zehntausenden Werken, viele davon seien frei verfügbar, viele aber auch urheberrechtlich geschützt.
Nach Angaben von Stroh müssen die Musikverlage zwar nicht so herbe Einbrüche wegstecken wie die Tonträgerindustrie. «Der Umsatz mit legalen Noten ist in den vergangenen Jahren etwa gleich geblieben», sagt er. 2008 habe der Gesamtumsatz bei rund 57 Millionen Euro gelegen. Dennoch sieht Stroh Handlungsbedarf. Während die Plattenfirmen sich den Musikpiraten bereits mehr oder weniger geschlagen geben mussten, ist der Wettlauf um die Noten aus dem Netz noch relativ offen. «Einige Verlage hoffen, mit legalen Angeboten die illegalen zurückdrängen zu können», sagt Stroh. Auch Rittershofer sieht darin «eine große Chance für die Verlage».
Ein umfassendes Downloadportal für Noten mit vom Autor und Verlag autorisierten Ausgaben gebe es in Deutschland bisher noch nicht, sagt der Vertriebsleiter des Schott Music Verlages in Mainz, Matthias Hutzel. Wie aus Branchenkreisen verlautete, arbeitet die Firma Media Transfer (mtG) aus Darmstadt derzeit gemeinsam mit Verlagen an einem solchen Onlineangebot. Details sollen auf der Frankfurter Musikmesse Anfang April in Frankfurt am Main beraten werden. Diskutiert wird offenbar ein verlagsoffenes Modell unter Einbeziehung des Handels, das noch 2009 auf den Markt kommen soll.
Der Vorsitzende des Verbands deutscher Musikschulen, Winfried Richter, schätzt, dass sich inzwischen rund 50 Prozent der Musikschüler ihre Noten im Internet besorgten. Während Anfänger zunächst meist Notenbücher kauften, nutzten fortgeschrittene Schüler in der Regel Onlineangebote. Es gebe ja auch immer weniger Musikalienhandlungen, sagt Richter.
Generell gilt für Noten ein gesetzliches Fotokopierverbot, das Recht auf eine Privatkopie wie bei CDs gibt es nicht. Ausnahmen gibt es für die beiden großen Kirchen und allgemeinbildende Schulen, die Lizenzvereinbarungen mit der VG Musikedition abgeschlossen haben. Seit etwa einem Jahr können zudem Musikschulen und Kindergärten Verträge abschließen und gegen Zahlung einer Abgabe begrenzt Noten vervielfältigen.
Für die Musikverleger ist der Umgang mit dem Notenklau schwierig. Einerseits wolle man natürlich dagegen vorgehen, andererseits gehe es dabei um die eigenen Kunden, sagt Stroh. Ein Problem seien etwa Orchester und Chöre, wo Musikstücke häufig in großer Zahl kopiert würden. Zwar seien die Verleger prinzipiell auch zu Urheberrechtsprozessen bereit, doch finde sich in der Regel kein Zeuge, der letztlich auch namentlich aussagen würde.
Für Noten gilt ein strenges Kopierverbot
Berlin - Das Kopieren von Musiknoten ist in Deutschland streng verboten. Davon betroffen sind alle Werke, deren Urheber noch leben oder noch keine 70 Jahre tot sind. Diese Voraussetzung erfüllen die meisten der immer wieder kopierten Werke. Gerade in der musikalischen Ausbildung und im Chorgesang ist der Anteil geschützter Bearbeitungen hoch. Auch Bearbeitungen ansonsten freier Werke gelten nämlich als geschützt und dürfen nicht kopiert werden.
Selbst bei Kompositionen, deren Urheber und Bearbeiter schon länger als 70 Jahre tot sind, kann ein Urheberrechtsschutz greifen - etwa wenn es sich bei den Noten um eine wissenschaftliche Neuausgabe handelt.
Unerheblich ist zudem, ob die Kopien für den rein privaten Gebrauch oder für Konzerte hergestellt werden. Auch Werke, für die kein Urheberrechtsschutz mehr gilt, dürfen nicht von Musiklehrern kopiert und dann an Schüler verkauft werden.
Verträge hat die Verwertungsgesellschaft VG Musikedition hingegen mit den Kirchen und der Kultusministerkonferenz abgeschlossen. Diese zahlen jährlich eine Abgabe und dürfen dafür in begrenztem Umfang Kopien herstellen. Pfarrer dürfen für den Gottesdienst einzelne Lieder kopieren, aber nicht für den Kirchenchor. Lehrer an allgemeinbildenden Schulen dürfen für den Unterrichtsgebrauch kopieren. Alle anderen Musiker, Studenten, Hochschullehrer und Chorleiter müssen sich wegen einer Kopiergenehmigung an die Rechtsinhaber, meist die Verlage, wenden.