In einer Pressemitteilung hat sich nun doch die Bayerische Akademie der Schönen Künste zum Fall Siegfried Mauser geäußert. Tenor: Wir haben nix damit zu tun. Aber wir beantragen den Ausschluss Siegfried Mausers aus der Akademie durch eine Abstimmung. Diese Pressemitteilung ist ein Zeichen des Scheiterns einer Institution der Kunst- und Kulturpflege. Sie macht sich selbst unmöglich.
So distanziere man sich beispielsweise von Aussagen der Mitglieder der Akademie, die die „Presse“ angeblich fälschlicherweise nicht als Privataussagen wahrgenommen oder zitiert habe. Ein geradezu grotesker Vorwurf, geht es doch um Leserbriefe von den mittlerweile ehemaligen Präsidenten der Akademie Dietrich Borchmeyer und Michael Krüger, die eben als Präsident und Altpräsident der Akademie gekennzeichnet wurden (folgen Sie dem Link). Wenn man schon Zitatfehler unterstellt, so schadet es nicht, erst einmal im eigenen Hause sich präzise zu informieren.
Auch der Beginn der Mitteilung, dass man sich unmittelbar nach Rechtskraft der Urteile des BGH im Fall Mauser geäußert habe, entbehrt nicht einer gewissen Blindheit. Einerseits ist jetzt eine Woche ins Land gegangen und andererseits gibt es bereits ein weiteres rechtskräftiges Urteil in Sachen Mauser.
Das Ausschlussverfahren ist übrigens auch nicht ohne Reiz. Zunächst wird in der Musikabteilung darüber abgestimmt, ob man einen Antrag auf Ausschluss von Siegfried Mauser stellen soll. Sollte dies gelingen, müssen in einer zweiten Abstimmung 75 Prozent aller Akademiemitglieder für einen Ausschluss stimmen. Geht das schief, bleibt Mauser Mitglied.
Gegen Ende wird die Festschrift für Siegfried Mauser erwähnt, weshalb das der Fall ist, wo sie doch keine Publikation der Akademie ist, fragt man sich kopfschüttelnd. Etwa deshalb, weil deren Autoren und einer der Herausgeber zugleich Mitglied oder Altpräsident der Akademie ist? Insofern: Schönen Dank für den Einblick ins Netzwerk Mauser.
Absurd wird es, wenn man zu betonen müssen glaubt, dass sich kein Mitglied in der Funktion als Amtsträger zum Fall Mauser geäußert habe. Bis auf Krüger und Borchmeyer mag das sogar stimmen, gleichwohl ist das Schweigen des Restes genau der Punkt, den man der Akademie zum Vorwurf machen muss. Kein Wort der Entschuldigung in Richtung Opfer. Keine Selbstverpflichtung, keine Stellungnahme zu Machtmissbrauch in der Musik- oder Kunstwelt. L'art pour l'art. Lalalalala. Dabei hat die Akademie unter anderem „ferner die Aufgabe, einen Beitrag zur geistigen Auseinandersetzung zwischen den Künsten sowie zwischen Kunst und Gesellschaft zu leisten und für die Würde der Kunst einzutreten.“ Für den Musikbereich scheint das eher nicht so wichtig zu sein.
So bleibt die Stellungnahme ein Zeichen extremer Hilflosigkeit, so dass schon der Begriff „Stellungnahme“ irrig ist. Man fühlt sich eher an Sicherheitshinweise bei Gebrauchsanweisungen von elektrischen Vorrichtungen erinnert.
Es ist ein Dokument des Versagens und eines Institutions-Egoismus. Man muss leider so zynisch werden und hoffen, dass Siegfried Mauser der Akademie noch lange erhalten bleibt und man ihm vielleicht sogar ein Denkmal setzt: Als Zeichen von Ignoranz, von fehlender Empathie nach außen und ebenso fehlender wirksamer und selbstloser Klugheit nach innen. Es ist armselig.
Martin Hufner
Nachtrag [19.10.2019]: Im Gespräch mit dem BR sagte die Kammersängerin Brigitte Fassbaender:
"Sollte die Dreiviertelmehrheit, die zum Ausschluss der Person M. nötig ist, nicht erreicht werden, möchte ich die Akademie, die ihren Nimbus des vorbildlichen und fundierten Umgangs mit den 'Schönen Künsten' auch im Sinne der Integrität ihrer Mitglieder für mich verloren hätte, verlassen."
Hier die Mitteilung im Wortlaut:
Stellungnahme der Musikabteilung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste zum Fall Siegfried Mauser
Unmittelbar nach der Rechtskraft des letzten ausstehenden Urteils des BGH gegen Akademiemitglied Siegfried Mauser haben die anwesenden Mitglieder der Musikabteilung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in ihrer Sitzung am 17.10.2019 folgende Stellungnahme abgegeben:
Mit einstimmigem Votum der Anwesenden hat die Musikabteilung der BAdSK beschlossen, gemäß § 7 (2) der Akademiesatzung umgehend die Abstimmung über die Beantragung des Ausschlussverfahrens für Siegfried Mauser einzuleiten.
Ergänzend stellen die anwesenden Mitglieder Folgendes fest: Wir distanzieren uns ausdrücklich von den Handlungen und den privaten Meinungsäußerungen einzelner Mitglieder zum Fall Mauser, die die Institution selbst nicht zu verantworten hat. Anders als kolportiert, hat sich zu keinem Zeitpunkt ein Mitglied in seiner Eigenschaft als Amtsträger der Akademie über den Fall Mauser geäußert. Äußerungen, die in der Presse zitiert wurden, wurden als Privatpersonen getätigt.
Wir bedauern, dass die Akademie in der Öffentlichkeit mit privaten Handlungen und Meinungsäußerungen gleichgesetzt wird.
Die geplante Festschrift zum 65. Geburtstag von Siegfried Mauser ist keine Publikation der Akademie. Sie wird weder von ihr finanziert, noch bezuschusst, noch hat die Akademie Einfluss auf das Erscheinen.
gez. Peter Michael Hamel
(Direktor der Musikabteilung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste)