Einen knappen Tag nach der Eröffnungspremiere mit „Wozzeck“ lieferte die deutsche Oper Berlin als Uraufführung eine Oper „für alle ab 6 Jahren“ in ihrer Tischlerei nach. In François Sarhans „Nacht bis Acht“ stößt der Besucher auf Opern-Topoi, die ihm sofort bekannt vorkommen: auf eine diebische Elster, auf Don Quichotte und einen schweifenden Mann mit Augenklappe, auf eine per blauem Stofftuch imaginierte Wasserwelle, ein fahrbares und sich hebendes Bett sowie auf eine Drehorgel als Taxi. Doch wer dabei an Rossini, Massenet und Wagner, an Barockoper, an Marthaler oder an Wedekind denkt, der ist auf dem Holzweg.
In deutlicher Verwandtschaft zum Ende’schen Opernstoff von „Momo und die Zeitdiebe“ ist die leicht und locker gefügte Geschichte um Fedora und die Suche nach der verschwundenen Acht eine surreale und stellenweise absurde Mixtur von Handlungselementen, die am Ende als Traum gedeutet werden. Eben eine Nacht bis um acht Uhr, in der Sara (Meechot Marrero) davon träumt, von ihrer Uhr sei die Zahl 8 entwendet worden, welche sie in New York suchen soll. Die Überfahrt über den Atlantik, die sie mit ihrer Elster und mit dem doppelten Maurice (Maiju Vaahtoluoto und Amber Frasquelle) unternimmt, führt sie nach der Begegnung mit einem Atlas als Sonnenträger zur Frau Suppenschüssel (Thomas Lehman in einer grellen Travestie-Szene), zur Konfrontation mit einer Kopfkissenpolizei, zu Don Quichotte und zu Sancho Pansa (Seth Josel). Schließlich wird klar, dass die diebische Elster (der Tänzer Ziv Frenkel) diverse Spielelemente, wie den Suppentopf, eine der Pfeifen der Drehorgel und auch die Acht geklaut hat.
In wirkungsvollen Kostümen von Mareille Krettek wird die filmisch empfundene, in der ehemaligen Tischlerei der Deutschen Oper im Zentrum von Tribünen positionierte Geschichte in nur 55 Minuten abgespult.
Der französische Autor François Sarhan, der selbst auch für diverse Objekte verantwortlich zeichnet (darunter wohl für das Drehorgel-Taxi), verfiel als Komponist nicht auf die naheliegende Ausführung einer Partitur verlorener Oktaven. Mit wechselnden Tasteninstrumenten, gespielt von der musikalischen Leiterin Elda Laro, mit Schlagwerk, Gitarre, Klarinette und Bassklarinette, deckt er ein weites Spektrum an Klangmöglichkeiten ab, setzt jedoch primär auf Rhythmen.
In der Inszenierung von Anselm Dalferth übernimmt das singend und instrumental eingesetzte Ensemble teilweise mehrere Rollen. Eine herausragende Leistung bietet dabei der singende Schlagzeuger Alexandros Giovanos in der Rolle des sich selbst virtuos mit Glockenklängen begleitenden Uhrmachers.
Der 55-minütige Spaß, ein Kompositionsauftrag der Deutschen Oper Berlin, kam bei Kindern und den in der Premiere die Überzahl bildenden Erwachsenen gut an.
- Weitere Aufführungen: 8., 10., 11., 13., 14., 18., 19., 20. und 21. Oktober 2018.