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Streitbarer Unruhegeist der Musikwissenschaft: Fred K. Prieberg ist tot. Foto: Anne Lieberwirth
Streitbarer Unruhegeist der Musikwissenschaft: Fred K. Prieberg ist tot. Foto: Anne Lieberwirth
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In seinem Bereich ein Pionier: Zum Tod des Musikforschers Fred K. Prieberg

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Der polnische Historiker Joseph Wulf, der 1963 seine Dokumentation „Musik im Dritten Reich“ veröffentlicht hatte, schrieb am 20. April 1964, dem 75. Geburtstag Adolf Hitlers, an Fred K. Prieberg: „Ich war der erste, der als Außenseiter an dieses Thema heranging. Falls Ihnen dort etwas fehlt, so schlage ich Ihnen vor, einen Ergänzungsband zu veröffentlichen und zu veröffentlichen.“ Der deutsche Musikwissenschaftler, 1928 in Berlin geboren, griff diese Anregung auf.

Fast zwei Jahrzehnte lang durchsuchte er 192 Bibliotheken, Archive und Verlage im In- und Ausland, korrespondierte mit 329 Zeitzeugen und legte 1981 das Ergebnis seiner Recherchen im Fischer-Taschenbuch „Musik im NS-Staat“ vor. Diese differenziert argumentierende, Pauschalurteile meidende Musikgeschichte, die auch die Nachkriegszeit einbezog, widmete er dem Andenken an Joseph Wulf, der angesichts des Unverständnisses, dem er begegnete, 1974 aus dem Leben geschieden war.

Prieberg setzte das von Wulf Begonnene fort, ebenfalls auf eigene Initiative und auf eigene Kosten. Da er die Aufarbeitung des Vergangenen für eine Aufgabe „von nationalem Zuschnitt“ hielt, nahm er auch Anfeindungen in Kauf. Viele Repräsentanten der akademischen Musikwissenschaft hielten es damals noch für „verfrüht“, sich mit diesem heiklen Thema zu befassen, und taten den „Nestbeschmutzer“ als Außenseiter ab. Prieberg ließ sich jedoch nicht beirren. Anders als Wulf resignierte er nicht. Ermutigt dadurch, dass sein Buch „Musik im NS-Staat“ von der jüngeren Generation durchaus rezipiert wurde, setzte er von seiner Einsiedelei in den Vogesen aus, wo er sein ständig wachsendes Privatarchiv untergebracht hatte, die Recherchen fort. Von hier aus korrespondierte er nicht nur mit Opfern, sondern auch mit Tätern. Wenig beliebt machte sich Prieberg mit seinem Buch „Musik und Macht“, in dem er 1991 auch aktuelle Nachwirkungen der NS-Politik beschrieb. So zitierte er beispielsweise einen deutschen Bundeskanzler, der unbefangen wieder gegen „entartete Kunst“ polemisierte.

Die Stärken Fred K. Priebergs lagen allerdings weniger im essayistischen, sondern – wie bei Joseph Wulf - mehr im dokumentarischen Bereich. Dies zeigte sich, als im Jahre 2005 auf einer CD-ROM sein umfangreiches Handbuch „Deutsche Musiker 1933-1945“ herauskam, das auf mehr als 10.000 Seiten Dokumente zu etwa 5000 Musikern enthält. Unerbittlich wies Prieberg dabei auf alle Versuche hin, umstrittene Biographien zu glätten, indem Unbequemes ausgeschieden oder negiert wurde. Er selbst war andererseits stets zu Korrekturen bereit, sofern Dokumente dies belegten.

Die Generation der selbst noch ins NS-Musikleben verstrickten Musikwissenschaftler ist inzwischen fast verschwunden. Jüngere Fachkollegen haben erkannt, dass dieses Thema nicht mehr ausgeklammert werden kann. So kam es, dass das Musikwissenschaftliche Institut der Universität Kiel den Vertrieb von Priebergs Dokumentation und auch dessen Archiv übernahm. 2008, als er bereits schwer erkrankt war, zeichnete die Ernst von Siemens Musikstiftung den Musikforscher zu seinem 80. Geburtstag mit einem Ehrenpreis für sein musikologisches Gesamtwerk aus. Am 28. März ist dieser zuvor wieder ins Badische übersiedelte Pionier verstorben.

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