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Oper «Bluthaus» wird in Schwetzingen uraufgeführt

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Schwetzingen - Ein transparentes Haus auf der Bühne täuscht eine frisch getünchte, helle Idylle vor. Jedoch heißt die Oper, die am 29. April zur Eröffnung der Schwetzinger SWR Festspiele im Rokokotheater des Schwetzinger Schlosses uraufgeführt wird, nicht umsonst «Bluthaus». Während der Makler potenzielle Käufer durch das Haus führt, erscheinen der Verkäuferin ihre toten Eltern. Nachbarn stellen sich ein, die Bescheid wissen. Und langsam aber sicher kommen die begangenen Verbrechen zum Vorschein.

Vielleicht hat der Fall Kampusch den österreichischen Autor Händl Klaus auf die Idee gebracht, eine Geschichte über Kindesmissbrauch, Inzest und Mord zu schreiben. Klaus Weise, der «Bluthaus» inszeniert, findet das gut: «Hier geht es um Themen, die im Leben stattfinden, ob es uns passt oder nicht.»

«Bluthaus» fängt da an, wo die normale Oper aufhört
Die Sopranistin Sarah Wegener singt die Rolle der Studentin Nadja, die versucht, das Elternhaus zu verkaufen, um nicht mehr an ihren Missbrauch durch den Vater denken zu müssen. «'Bluthaus' fängt da an, wo die normale Oper aufhört», erklärt die Sängerin ihre Rolle: «Wie geht es nach dem Verbrechen weiter? Man vergisst, dass das Opfer sein Leben lang weiter kämpft. In 'Bluthaus' erhält das Opfer eine Stimme.»

Doch auch die toten Eltern - die Mutter hat erst den Vater getötet und dann sich selbst - haben eine Stimme. «Die Toten leben in unseren Erinnerungen, solange wir leben», sagt der Regisseur. Mitten im Trubel der Hausbesichtigung, der Gespräche mit den Interessenten und dem Makler hört Nadja die Stimmen ihrer Eltern. Damit ist ihr Versuch, sich von der Vergangenheit zu befreien, zum Scheitern verurteilt.

Georg Friedrich Haas schrieb komplexe Vertonung
Die verschiedenen Ebenen der Handlung hat der Komponist Georg Friedrich Haas, ebenfalls ein Österreicher, in einer komplexen Vertonung eingefangen. Zwar sind nur die zentralen Personen, also Nadja, ihre Eltern und der Makler, mit Sängern besetzt. Aber es gibt noch die Sprechrollen für die Kaufinteressenten und Nachbarn. Auch die hat Haas in seine Vertonung einbezogen, jeder Rolle ist ein Schlagwerk zugeordnet, das den Darstellern den Sprechrhythmus vorgibt. «Die Schauspieler sind das nicht gewohnt», sagt Klaus Weise. Er hat die Schauspieler vom Theater Bonn mitgebracht, wo er Intendant ist. In Bonn wird «Bluthaus» ab September aufgeführt.

Die Koppelung der Sprache an den musikalischen Rhythmus ist nicht die einzige Schwierigkeit. Ganze Sätze sind collagenartig aufgeteilt zwischen den Sängern und Schauspielern, nahtlos müssen sie einander die Worte zuwerfen, manche Passagen sind übereinandergelegt. «Es gibt keine Möglichkeit zur Korrektur», meint Weise.

Komponist suchte die Sänger selbst aus
Sarah Wegener ist von der Musik begeistert. «Haas arbeitet anders als viele zeitgenössische Komponisten. Er benutzt natürliche Klänge, die man sonst nicht hört.» Seine Naturakkorde würden gerade dann eingesetzt, wenn die Geister der Eltern auftauchten, weil Nadja sich nach Geborgenheit sehnt.

Haas hat die Sänger für die Uraufführung von «Bluthaus» ausgesucht. Sarah Wegener weiß, warum: «Er hat die Stimme im Ohr, wenn er komponiert und weiß, was geht und was nicht geht.» Ende Januar kamen die Noten, seitdem arbeitet die Sängerin an der Rolle der Nadja. «Die Rolle beschäftigt mich sehr», sagt sie.

«Bluthaus» wird in Schwetzingen nach der Uraufführung noch zweimal gespielt, am 30. April und am 2. Mai.

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