Roth: Soziale Lage von Künstlerinnen und Künstlern verbessern +++ Sächsische Theater und Kulturministerin rufen zu Empathie in der Pandemie auf +++ Staatsballett Berlin sagt nach Corona-Fällen Vorstellungen ab +++ Oper Frankfurt muss erneut die Hälfte der Gäste ausladen - Intendant erbost +++ Internationale Messiaen-Tage Görlitz-Zgorzelec im Jahr 2022 abgesagt
Roth: Soziale Lage von Künstlerinnen und Künstlern verbessern
Berlin (dpa) - Kulturstaatsministerin Claudia Roth will angesichts der verschärften Pandemielage der Kulturszene weiter den Rücken stärken. «Wir werden in unseren Bemühungen nicht nachlassen, den Kulturbetrieb in Deutschland zu stützen», sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag in einer Mitteilung. «Dazu zählt auch, dass wir uns nachhaltig um eine Verbesserung der sozialen Lage von Künstlerinnen und Künstlern bemühen.»
Die neuen Belastungen seien unumgänglich. Deswegen sei es ihr wichtig gewesen, «dass wir Kultur als einen Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander begreifen». Kultureinrichtungen sollten für Genesene und Geimpfte, gegebenenfalls mit zusätzlichen Maßnahmen wie Tests oder Masken, geöffnet bleiben können. Hilfen für die Kultur- und Veranstaltungsbranche seien erneuert worden. «Die beschlossenen Ergebnisse zeigen, dass wir gemeinsam zum Wohle der Kultur und der Gesellschaft handeln», sagte Roth.
Sie bedauere «besonders für die jungen und jung gebliebenen Menschen», dass Clubs und Diskotheken schließen müssten. Es sei aber angesichts der Pandemielage richtig.
Sächsische Theater und Kulturministerin rufen zu Empathie in der Pandemie auf
Dresden/Freiberg (dpa/sn) - Mit einer nachdenklichen Weihnachtsbotschaft haben sich Theater in Bautzen, Dresden und Freiberg sowie Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) an die Bürger gewandt. In Bautzen und Freiberg ist der Protest gegen Corona- Maßnahmen besonders groß. «Wir haben diese gemeinsame Erklärung verfasst, weil wir damit auf die prekäre Lage der Kulturschaffenden in Sachsen aufmerksam machen wollen und mehr Solidarität und Verantwortungsbewusstsein von den Menschen in Sachsen erwarten», erklärte Klepsch am Donnerstag. Es sei wichtig, den «Corona-Spaziergängen» etwas entgegensetzen.
«Das Bild von Sachsen leidet unter der lauten Minderheit. Wir werden aus dieser ständigen Pandemie-Schleife nur herauskommen, wenn sich auch in Sachsen die Impfquote erhöht und wir die Belastung in den Kliniken reduzieren können», betonte die Ministerin. Es sei bitter, dass neben dem Tourismus erneut vor allem Kultureinrichtungen wie die Theater unter den Einschnitten durch die Pandemie leiden müssen.
Die Erklärung trägt den Titel «Wo bleibt die Menschlichkeit?» «Es geht in der Theaterarbeit um die Frage, wie Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen, Ansichten und Haltungen miteinander leben und kommunizieren und wie Menschlichkeit, Empathie und Solidarität in extremen Situationen bewahrt werden kann. «Die Pandemie ist eine solche Situation», betonte Ralf-Peter Schulze, Intendant des Mittelsächischen Theaters Freiberg/Döbeln. Theater müsse gerade schwierigen gesellschaftlichen Diskussionen Haltung zeigen, ergänzte Lutz Hillmann, Chef des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters Bautzen.
«Unser Theater steht für Streit und Meinungsvielfalt mit offenem Visier. Was sich zur Zeit teilweise auf den sächsischen Straßen abspielt, hat aber nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Das ist dumpfe Hetze, gegen die sich nicht nur Theater, sondern alle Sachsen mit Herz und Vernunft stellen sollten», unterstrich Philipp Schaller, Leiter des Dresdner Kabaretts «Die Herkuleskeule».
Staatsballett Berlin sagt nach Corona-Fällen Vorstellungen ab
Berlin (dpa) - Nach mehreren Corona-Fällen im Ensemble hat das Staatsballett Berlin alle Vorstellungen bis Anfang Januar abgesagt. Eine Infektionskette sei nicht bekannt, teilte die Leitung am Mittwoch in Berlin mit. Allerdings fallen Tänzerinnen und Tänzer aus, darunter Kontaktpersonen wie Solistinnen und Solisten. «Die Leitung des Staatsballetts bedauert den Ausfall sehr, der besonders an den Weihnachtstagen das Ensemble sowie die Gäste schmerzt», hieß es.
Zuletzt hatte das Staatsballett für Aufmerksamkeit gesorgt, weil die Inszenierung des Märchen-Balletts «Nussknacker» von Pjotr Iljitsch Tschaikowski ohne Überarbeitung nicht mehr gespielt werden soll. Die kommissarische Staatsballett-Chefin Christiane Theobald hatte dies in der «B.Z.» unter Verweis auf problematische Stellen in postkolonialen Zeiten etwa bei chinesischen und orientalischen Tänzen begründet. Der «Nussknacker» müsse neu kontextualisiert werden. Der russische Botschafter Sergej Netschajew hatte die Entscheidung darauf in der «Berliner Zeitung» heftig unter anderem als «radikale Interpretation von politischer Korrektheit» kritisiert.
Zuletzt hatten sich nach Rassismusvorwürfen und einem nicht verlängerten Vertrag eine Tänzerin und das Staatsballett auf einen Vergleich geeinigt. Das Ballett hatte wegen der Vorwürfe bereits Konsequenzen angekündigt, jegliche Form von Diskriminierung und Rassismus seien nicht tragbar. Die Tänzerin soll wiederholt rassistische Kommentare von einer Trainingsleiterin bekommen haben.
Bereits davor hatten die beiden Ko-Intendanten Sasha Waltz und Johannes Öhman das Staatsballett überraschend verlassen. Der Choreograph Christian Spuck, zurzeit Direktor des Balletts Zürich, soll nun zur Spielzeit 2023/24 neuer Intendant werden.
Oper Frankfurt muss erneut die Hälfte der Gäste ausladen - Intendant erbost
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Der Intendant der Oper Frankfurt hat die Einschränkungen für Kulturveranstaltungen in Hessen kritisiert. Ab 28. Dezember darf die Oper wegen der Corona-Auflagen nur vor 250 Zuschauern spielen. «Wenn man nicht will, dass wir vor Publikum spielen, soll man uns offiziell schließen und nicht hoffen, dass wir irgendwann von selbst aufgeben, indem man die Zuschauerzahlen jede Woche weiter reduziert», sagte Bernd Loebe am Donnerstag.
Die Beschlüsse von Bund und Ländern, die vom 28. Dezember an gelten, unterscheiden zwischen kulturellen Großveranstaltungen, die ohne Publikum stattfinden sollen, und regulären Theater- und Opernvorstellungen, die mit strengen Hygieneauflagen weiterhin stattfinden können. Wo die Grenze verläuft, ist nicht definiert - auch der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft vermisst eine klare Definition.
Intendant Loebe hat kein Verständnis dafür, dass es dazu keine gemeinsame Linie der Bundesländer gibt und in Hessen entschieden wurde, dass eine Großveranstaltung ab 251 Besuchern beginnt. Seit Mitte Dezember waren in der Oper 530 Zuschauer erlaubt - das war bereits die dritte Reduzierung in drei Wochen. Nun muss die Oper erneut Gäste ausladen, um die neuen Auflagen umzusetzen. Weiterhin gilt 2G plus Test als Zugangskriterium, Maskenpflicht und eine Platzierung im Schachbrettmuster.
Pressemeldung der Internationale Messiaen-Tage Görlitz-Zgorzelec:
Internationale Messiaen-Tage Görlitz-Zgorzelec im Jahr 2022 abgesagt. Erinnerungen an Messiaens Uraufführung am 15. Januar auf beiden Seiten der Neiße.
Görlitz-Zgorzelec. Nach der zweiten Verschiebung der Messiaen-Tage verkündet der Verein Meetingpoint Music Messiaen die Absage des Festivals. Grund ist die Zuspitzung der pandemischen Lage und die in Sachsen seit dem 13.12.2021 geltende Corona-Notfall-Verordnung, die die Durchführung von Kulturveranstaltungen mindestens bis zum 09.01.2022 nicht zulässt. „Das desaströse Infektionsgeschehen lässt in Sachsen und insbesondere im Landkreis Görlitz keine Hoffnung zu, dass dieses Veranstaltungsverbot ab dem 10.01. aufgehoben werden könnte. Aufgrund der Prognosen sind wir uns auch als Veranstalter der aktuell besonders großen Verantwortung bewusst, nun jede weitere Infektion und Erkrankung zu verhindern.“ – erklärt Samuel Wagner, Leiter des Festivals.
Nun möchten die Organisatoren der Messiaen-Tage rund um den 15. Januar 2022 an den Kern des Festivals erinnern. An dem Tag, vor genau 81 Jahren, fand am Stadtrand von Görlitz eines der ungewöhnlichsten Konzerte des 20. Jahrhunderts statt. Der französische Komponist Olivier Messiaen (1908 – 1992) war Kriegsgefangener im Stalag VIII A. In diesem Lager führte er an jenem Tag mit drei mitgefangenen Musikern erstmals sein „Quatuor pour la fin du temps“ (Quartett auf das Ende der Zeit) auf – eines der bedeutendsten Werke des Zwanzigsten Jahrhunderts.
Am 15.01.2022 laden deswegen zwei katholische Kirchen auf beiden Seiten der Neiße ein – es erklingt eine Aufnahme des „Quartetts auf das Ende der Zeit“ von Olivier Messiaen. Zusätzlich lädt die Universität Halle am 13.01.2022 alle Interessierten zu einem Online-Seminarblock ein, in dem Olivier Messiaen und die Themen `Musik in Gefangenschaft´ und `Messiaens religiöse Weltanschauungsmusik´ im Fokus stehen werden. In diesem kleinen Rahmen möchte somit der Verein an Olivier Messiaen, seine Uraufführung und an 120.000 Kriegsgefangene, die von 1939 bis 1945 in Görlitz als Zwangsarbeiter unter widrigen Lebensbedingungen ausgebeutet wurden und von denen mehr als 10.000 die Gefangenschaft mit dem Tod bezahlten, erinnern.