Immerhin: Es gibt in diesem Präsidium acht neue Köpfe, die versprechen, ein bisschen frischen Wind in das Gremium zu bringen. Mit der vom alten und neuen Präsidenten Martin Maria Krüger viel beschworenen Dauer-Harmonie der letzten vier Jahre ist es dann vielleicht vorbei. Das ist zumindest zu hoffen: Wenn 19 Persönlichkeiten des Musiklebens, Individuen mit eigenen Ideen und Zielen, sich vier Jahre lang regelmäßig treffen und alles ist „Friede, Freude, Eierkuchen“, dann sollte das nicht unbedingt als Erfolgsmeldung gelten.
Also, neue (und alte) Mitglieder des DMR-Präsidiums: Kontroverse Diskussionen, Kämpfe für Ziele und deren Realisierung, auch mal Streitgespräche sind durchaus erlaubt! Noch fruchtbarer wären diese vielleicht in einem überschaubaren Kreis von maximal zwölf Personen. Vier Jahre hätte der Musikrat nun Zeit, an einer Strukturreform zu arbeiten, die unter anderem die Verkleinerung des höchs-ten Gremiums auf eine schlagkräftige Zahl zum Inhalt hat.
Hier sind die Mitgliedsverbände gefragt, denn eine solche grundlegende Änderung ist aus dem Präsidium selbst nicht zu erwarten. Mindestens sieben Personen müssten dann ja ihren Hut nehmen. Mit Dörte Schmidt ist, nachdem Dagmar Sikorski nicht mehr kandidierte, die Frauenquote immerhin bei einer stabilen „Zwei“ geblieben, und Moritz Puschke steht als Unter-Fünfziger für eine jugendliche Erneuerung …
Zu denken sollte geben, dass es die Schulmusikvertreter nicht ins Präsidium geschafft haben. Das ist angesichts der derzeit zentralen musikpädagogischen Debatte um Bildungsreform, Ganztag und G8 sowie Kooperationen mit außerschulischen Bildungsträgern zu bedauern. Die Festlegung auf einen gemeinsamen Kandidaten der beiden ohnehin in intensiven Kooperationsgesprächen sich befindenden Verbände wäre da vermutlich hilfreich gewesen.
Bevor die Präsidiumswahl alle Delegierten vereinnahmte, gab es in der Mitgliederversammlung des Deutschen Musikrats auch Inhaltliches. Traditionell ist der öffentliche Teil einem Thema gewidmet, welches in diesem Jahr „Öffentliche Förderung des Musiklebens“ hieß. Nicht ohne Hintergedanken: Einer neuen Regierung, einem neuen Parlament möchte man ein „Grünbuch“ vorlegen mit Vorschlägen, Diskussionsbeiträgen und Denkanstößen für die neue Legislaturperiode. Spannend besetzt war die Podiumsrunde zum Thema: Gerald Mertens, Dieter Gorny, Stephan Opitz, Albert Schmitt und Michael Söndermann hätten durchaus für Sprengkraft sorgen können. Die nur mäßig ambitionierte Moderation des Deutsche-Welle-Musikredakteurs Rick Fulker ließ allerdings echte Streitgespräche nicht zu. Einzelne Statements aus dem Gespräch sind dennoch fürs „Grünbuch“ festzuhalten: Die Forderung nach einer Gemeindefinanzreform (Mertens), die Beobachtung der grundsätzlichen Veränderung der Gesellschaft und ihres musikalischen Rezeptionsverhaltens (Schmitt) oder den Appell, die Distanz zwischen öffentlich geförderter Kultur und den „Privaten“ flach zu halten (Gorny). Stephan Opitz erklärte das Förderprogramm des Bildungsministeriums „Kultur macht stark“ für einen „Schuss in den Ofen“, der am Kooperationsverbot gescheitert sei.
Die anschließenden Dialogforen zu den Themen „Musikberufe“, „Musikwirtschaft“, „Laienmusik“ und „Musikalische Bildung“ brachten – neben anderen Ergebnissen – vor allem eines zu Tage: Am Schluss landen alle bei der Bildungsfrage. Diese dürfe, so lautet ein Fazit, nicht im Musikbereich stehenbleiben. Vielmehr muss die musikalische Bildung als selbstverständlicher Teil in einem Gesamt-Bildungskonzept mitgedacht werden und hier den ihr angemessenen Stellenwert erhalten.
Inhaltlich und organisatorisch, das darf auch mal gesagt werden, war diese Versammlung bestens vorbereitet. Der Musikrat präsentierte sich hier als ein Verband, der professionell und effektiv arbeitet. Das ist sicher zu einem gro-ßen Teil dem Generalsekretär und seinem kompetenten Team zu verdanken!