Pro Woche kommen zwei Neuausgaben auf den Markt.“ Christoph Dohr kann und möchte seine Zufriedenheit über das stetige Wachstum seines Kataloges nicht verbergen. Das Geheimnis von Dohr liegt jedoch nicht allein im Wachstum, sondern auch im Verzicht auf dieses. Denn der Verlag Dohr ist ein Verlag ohne feste Angestellte. Dazu Dohr: „Ich musste von vorneherein mit Lean Management und Outsourcing arbeiten. In der Zeit, in der ein größerer Verlag Lektorenkonferenz hat, habe ich einen Titel durchlektoriert. Auch heute noch setze ich 20 Prozent der Manuskripte selber, den Rest machen die gleichen Notensetzer wie bei Bärenreiter, Breitkopf & Härtel und Schott.“ Effizienz ist der Schlüssel zu Christoph Dohrs Erfolg. Der 36-Jährige beschäftigte sich viel mit Henry Fords Prinzip, für jede Arbeit den kürzestmöglichen Weg zu finden: „Wie viele Handgriffe muss ich machen, um zum Ziel zu kommen?“ Diese Frage stellt sich Dohr bei jeder neuen Aufgabe. „Was ich beim ersten Mal nicht interessant finde, das finde ich auch beim zweiten Mal nicht interessant.“ Um einen verlegerischen Zwölfstundentag kommt aber auch Dohr nicht herum.
Man darf es wohl eine Erfolgsstory nennen. 1990 gründete der Musikwissenschaftler Christoph Dohr den Verlag Dohr in Köln. Bis heute sind rund 700 Notenausgaben erschienen, zunächst mit dem Schwerpunkt zeitgenössische Musik, derzeit kommen zunehmend Erst- und Neuausgaben von Musik des 18. bis 20. Jahrhunderts und auch Faksimiles hinzu. Im Musikfachbuchbereich sind über 50 Titel erschienen. Im Jahre seines zehnjährigen Bestehens erhielten zwei Produkte aus dem Verlag den Deutschen Musikeditionspreis. Genug Gründe also, dem jungen Verlag, der sich so gut zwischen den Programmen der klassischen Verlage etablierte, das erste nmz-Porträt einer neuen Serie „Musikunternehmer“ zu widmen. Pro Woche kommen zwei Neuausgaben auf den Markt.“ Christoph Dohr kann und möchte seine Zufriedenheit über das stetige Wachstum seines Kataloges nicht verbergen. Das Geheimnis von Dohr liegt jedoch nicht allein im Wachstum, sondern auch im Verzicht auf dieses. Denn der Verlag Dohr ist ein Verlag ohne feste Angestellte. Dazu Dohr: „Ich musste von vorneherein mit Lean Management und Outsourcing arbeiten. In der Zeit, in der ein größerer Verlag Lektorenkonferenz hat, habe ich einen Titel durchlektoriert. Auch heute noch setze ich 20 Prozent der Manuskripte selber, den Rest machen die gleichen Notensetzer wie bei Bärenreiter, Breitkopf & Härtel und Schott.“ Effizienz ist der Schlüssel zu Christoph Dohrs Erfolg. Der 36-Jährige beschäftigte sich viel mit Henry Fords Prinzip, für jede Arbeit den kürzestmöglichen Weg zu finden: „Wie viele Handgriffe muss ich machen, um zum Ziel zu kommen?“ Diese Frage stellt sich Dohr bei jeder neuen Aufgabe. „Was ich beim ersten Mal nicht interessant finde, das finde ich auch beim zweiten Mal nicht interessant.“ Um einen verlegerischen Zwölfstundentag kommt aber auch Dohr nicht herum. Die Keimzelle seines Verlages ist das Krefelder Musikleben, wo Dohr seit seinem 16. Lebensjahr nebenamtlich als Kirchenmusiker tätig war. Sein Orgellehrer Reinhold Birk führte ihn in die Krefelder Kirchenmusik ein, machte ihn mit seinen Werken bekannt und unterrichtete ihn in Zwölftonkomposition. Während seines Studiums der Musikwissenschaften an der Universität Köln war Dohr freier Mitarbeiter bei der Rheinischen Post. Aus einem schnell wachsenden Netz von Kontakten entstand wie von alleine die Idee zu einer Magisterarbeit über Krefelder Komponisten. Verlegerische Initiative zeichnete Dohr schon damals aus, als er mit Untersuchungsbeginn zehn Anträge auf Druckkostenzuschüsse stellte. Zwei gingen durch, so dass die Arbeit unter dem Titel „Musikleben und Komponisten in Krefeld. Das 20. Jahrhundert“ in den Studien der Stadt Krefeld sowie in den Beiträgen zur rheinischen Musikgeschichte (Merseburger Verlag) erschien.Die Magisterarbeit hatte weitere Folgen: Mit Stadt- und Landesmitteln gelang es Dohr 1989 eine Konzertreihe zu organisieren, die noch heute Auswirkungen hat auf die Arbeit von Musikern und Musikpädagogen der Region. Die dritte Konsequenz von Dohrs Magisterarbeit war die Gründung eines eigenen Verlages, zuerst mit Krefelder, dann mit internationalen Komponisten.
Die Qualifikation zum Verleger erwarb sich Dohr gewissermaßen neben dem Studium. Das Studium selbst empfand er als fruchtlos für die Verlags- und Lektoratsarbeit. „Das sehe ich auch bei meinen Praktikanten“, merkt Dohr kritisch zur Ausbildungssituation an. „In Köln beispielsweise wurden jetzt die Propädeutika gestrichen. Die heutigen Studenten der Musikwissenschaft müssen keine Ahnung mehr haben von Harmonielehre, Kon-trapunkt, Gehörbildung und Formenlehre. Kurz, ein Musikwissenschaftler muss heute keine Originalnoten lesen können, um sein Studium zu bestehen.“
Dohr selbst lernte in vielen Richtungen Qualität, am wichtigsten empfand er die Zeit bei Musica antiqua und Reinhard Goebel. Noten-Ausgaben aus dem Originalmanuskript erstellen, das war die Schule des Jungverlegers. Im Anschluss an die Zeit bei Musica antiqua ließen die Aufträge nicht auf sich warten. Dass Dohr von Anfang an mit der Vision eines „mittleren“ Verlages mit komplettem Sortiment heranging („ich wollte nie ein Trompeter- und Orgelverlag werden“), zeigt auch der Erwerb des Rheinischen Musikmagazins „fermate“ als Hauszeitung des Verlages. Neben ihrer Außenwirkung dient das Magazin auch der Qualitätsfindung und -Sicherung: An den zugesandten Rezensionsexemplaren kann Dohr sehen, wie die anderen ihre CDs, Noten und Bücher machen. „Was schafft Verlag x als editorische Leistung“, fragt sich Dohr, „und was muss ich tun, um auch dahin zu kommen?“
Zum zehnjährigen Bestehen zeichnete der Deutsche Musikverlegerverband die „Veperae Solennes de Dominica“ von Valentin Rathgeber (Kategorie Praktische Ausgaben) sowie „Toccata con Fuga pedaliter ex d“ von J.S. Bach (Kategorie Faksimile) mit dem Deutschen Musikeditionspreis aus. „Eine Auszeichnung, die ernst zu nehmen ist“, sagt Dohr und gibt im nächsten Satz zu, einer der großen Kritiker des Deutschen Musikeditionspreises zu sein. Denn es sei ein schwieriger Preis: „Er wurde erfunden, um für die Qualität deutscher Musikverlegerprodukte zu werben. Genau dieses Werben funktioniert überhaupt nicht. Der Preis wird im geheimen Kreis auf einer nichtöffentlichen Sitzung des Verbands deutscher Musikverleger in Berlin verliehen. Da kann man nur hoffen, dass irgendwann in der zweiten Jahreshälfte bekannt wird, dass 1999 Preise vergeben wurden. Eine unglückliche Situation.“
Die Antwort Dohrs auf die Frage nach einer Ästhetik, die ihn bei der Auswahl seiner Komponisten beeinflusst, fällt knapp und präzise aus: „Spielbar, aber nicht anbiedernd. Ich muss zum Stück eine positive Beziehung haben, ich muss das auch verkaufen können. Wenn mich jemand anruft, dann will ich auch was dazu sagen können.“ Einen Hauptkomponisten will Dohr nicht nennen, immerhin betreut er rund 100 lebende Autoren im Verlag. Dohrs Erfahrung zeigt, dass Kunden zeitgenössische Musik nicht ablehnen. Die Highlights aber sind Klassiker, zum Beispiel Hochzeitsmusik für Orgel oder das „Ave Maria“ von Schubert als Einzelausgabe. Chorwerke laufen sehr gut, darunter auch Wiederentdeckungen von Meyerbeer, Fauré, Homilius und nun auch Valentin Rathgeber. Der Start von Rathgeber war gut, und es sind bereits vier Auskoppelungen, aus der „Vesper“ als Einzelausgaben erhältlich. Auch eine aufwendig gemachte Ausgabe von Spohr’scher Harfenliteratur zählt Christoph Dohr zu seinen Cash Cows.
Bei seinen zeitgenössischen Komponisten macht Christoph Dohr eine Mischkalkulation von Papiergeschäft und Klanggeschäft auf. „Es gibt auch Komponisten“, so Dohr, „die laufen bei mir gut und bei den großen Verlagen weniger. Ein Beispiel: Ich bin zweitwichtigster Verleger von Jürg Baur, nach Breitkopf & Härtel.“
Das mag auch an der verlegerischen Leistung von Dohr liegen. Gerade das Heben des Stückes in einen anderen Aggregatszustand, vom Manuskript in das gesetzte Stück, bezeichnet er als ganz entscheidenden Schritt zur Findung der Komposition: „Ein Notensatz ist eine Interpretation des Werkes, genauso wie das Abspielen eine Interpretation des Notensatzes ist. Meine Komponisten profitieren von diesem Wechsel in einen anderen Aggregatszustand.“
Dohr ist den neuen Medien gegenüber aufgeschlossen. Alle seine Komponisten finden sich zum Beispiel auf einer Web-Site, ebenso sein Verlagsprogramm. Skeptisch steht er als ein Verleger mit bibliophilen Interessen jedoch Print on demand gegenüber. Da befürchtet er einen Qualitätsverlust, wenn die Einheit von Format, Papierqualität, Layout und Druckqualität nicht mehr gegeben ist. So kann sich Dohr bestenfalls „Demonstrationsseiten ins Netz als pdf-Datei“ vorstellen, oder als eine gute Zwischenlösung, „dass sich die Musikalienhändler selber Ausdruckgeräte hinstellen.“ Der wichtigste Effekt der neuen Medien ist für Dohr die Verfügbarkeit der Noten kleinerer Verlage und unbekannter Komponisten für den Musikalienhändler und Endkunden.