Berlin - Zur Rettung der Kulturszene in der Corona-Krise sieht Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda Bedarf für ein Milliardenprogramm von Bund und Ländern. Damit soll direkt auch die Produktion von Kultur angekurbelt werden.
Zur Rettung der Kulturszene in der Corona-Krise wird aus den Ländern Bedarf für ein Milliardenprogramm von Bund und Ländern angemeldet. Damit soll direkt auch die Produktion von Kultur angekurbelt werden. «Wir sollten gemeinsam überlegen, wie wir rauskommen aus einer Logik, derzufolge wir nur die Ausfälle kompensieren», sagte Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda, der auch für die SPD-geführten Länder verhandelt, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Die aktuelle Hilfen haben aus Sicht des Kultursenators eine zu defensive Perspektive. «Wir müssen viel mehr darüber nachdenken, wie wir Förderprogramme entwickeln, die die Produktion von Kunst und von kulturellen Angeboten auch unter den Bedingungen von Corona ermöglichen.» Kulturproduktion müsse wieder gefördert werden. «Damit erübrigt sich dann auch ein Stück weit die Frage, inwiefern wir Künstlerinnen und Künstler in Hilfssysteme verweisen müssen, weil wir dann wieder fördern, dass sie Kunst schaffen können», sagte der Vorsitzende des SPD-Kulturforums.
«Dafür haben die Länder Mechanismen mit ihren Fördersystemen, dafür hat der Bund mit seinen großen Fonds und Stiftungen Mechanismen.» Brosda sieht ein immenses finanzielles Potenzial. «Wenn wir alles zusammenzählen, was Länder, Bund und Kommunen machen, dann kommen wir sicher in einen Bereich von bis zu zwei Milliarden Euro, die man bewegen muss. Wir müssen gucken, wie man das miteinander hinkriegt.»
Das Geld solle dabei nicht in einen Topf geworfen werden. «Wir müssen schauen, wie die verschiedenen Ansätze gut zusammenpassen, die jeder entwickelt. Dafür brauchen wir gemeinsame Ideen und Mechanismen.»
Die von den Länder-Kulturministern geforderten Gesprächen mit dem Bund sind für Brosda eine Möglichkeit für rasches Handeln. «Wir müssen keine lange Grundsatzdiskussion führen, sondern können sehr schnell vorgehen und - gegebenenfalls gemeinsam mit den Verbänden - Formate entwickeln, die zueinander passen. Da kann man sich sehr zeitnah treffen und gemeinsam etwas vereinbaren.» Die Kulturminister wollten mit dem Bund auch darüber sprechen, «wie wir nötige Öffnungen organisieren und die Hilfs- und Förderangebote abgestimmt so gestalten, dass Kulturproduktion jetzt und in Zukunft in einer neuen Normalität möglich ist.»
Kulturstaatsministerin Monika Grütters zeigt sich nun ebenfalls offen für einen Strukturfonds. An einem solchen Rettungsschirm arbeite sie intensiv mit dem Finanzministerium, sagte die CDU-Politikerin im Inforadio des rbb. «Das läuft mit Hochdruck.» Wie einzelne Elemente einer solchen zusätzlichen Kulturhilfe aussehen könnten, müsse beraten werden. «Ich bin gerne bereit, in diese Gespräche jetzt auch Länderminister mit einzubeziehen», sagte Grütters. Sie hoffe sehr, dass «angesichts der dringenden Not» auch rasche Abstimmungen mit dem Bundestag möglich seien. Zudem kündigte Grütters an, vom Bund geförderte Kulturinstitutionen könnten nun Honorare für Engagements zahlen, die wegen der Corona-Krise abgesagt wurden. Dies erwarte sie auch von Ländern und Kommunen.
Die Länder hatten zuletzt mehr Einsatz vom Bund gefordert und eine gemeinsame Arbeitsgruppe angeregt. «Es bedarf weiterer gemeinsamer Anstrengungen, um eine drohende Verarmung der Kunst- und Kulturlandschaft nach der Corona-Krise zu verhindern», hieß es in einem Schreiben an Grütters sowie die Minister für Finanzen und Wirtschaft, Olaf Scholz (SPD) und Peter Altmaier (CDU). Auch die Länder verweisen auf Forderungen etwa des Kulturrates nach einem Infrastrukturfonds. Nach dessen Schätzung müsste ein solcher Fonds etwa 500 Millionen Euro umfassen.
Brosda erinnerte daran, die Kulturminister hätten bereits am 11. März in einem gemeinsamen Beschluss eine nationale Kraftanstrengung gefordert. «Leider haben danach erst einmal alle alleine losgelegt», sagte der SPD-Politiker. Nun gehe es auch um Ideen, «wie wir die Einrichtungen dabei unterstützen können, Standards, Regularien und Kriterien zu entwickeln, nach denen Kultur wieder stattfinden kann.» Dabei seien gleiche Maßstäbe für kommunale, länderspezifische oder Bundeseinrichtung sinnvoll.
«Jetzt muss politisch das Signal gesetzt werden, wie wir das gesellschaftliche Leben langsam und nach epidemiologischen Vorgaben wieder hochfahren und dabei auch die Räume öffnen, die wir für gesellschaftlichen und kulturellen Reflexionen brauchen», sagte Brosda.