Erfurt - Etwa ein halbes Jahr ist es her, dass erneut hunderte Rechtsextreme zu einem Konzert ins südthüringische Themar kamen. Auch Proteste dagegen hatte es gegeben - begleitet von Auflagen der zuständigen Behörde. Dagegen klagen die Rechtsrock-Gegner nun und wollen bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Die Gegner der Rechtsrock-Konzerte in Themar lassen juristisch klären, ob Musikfestivals von Neonazis tatsächlich unter den Schutz der Versammlungsfreiheit fallen. Das Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra habe dazu eine sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage beim Verwaltungsgericht Meiningen eingereicht, sagte der Sprecher des Bündnisses, Thomas Jakob, am Donnerstag in Erfurt. Damit greifen sie eine Entscheidung der Versammlungsbehörde des Kreises Hildburghausen aus dem vergangenen Jahr an.
Ziel sei es, mit dieser Klage durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu kommen, sagte Jakob. Geklärt werden solle, wo die Grenze zwischen kommerziellen Musikveranstaltungen und politischen Versammlungen verlaufe.
Sowohl Jakob als auch die Sprecherin einer Vernetzung Thüringer Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Diana Hennig, kritisierten, dass nicht der Landkreis selbst eine solche Klage angestrengt habe. Das Interesse der Verwaltung an Rechtsrock-Konzerten sei immer dann abgeebbt, wenn die Veranstaltung vorbei gewesen sei, monierte Hennig. Jakob sagte, das Interesse der Rechtsrock-Gegner an einer solchen Entscheidung sei offenkundig «nachhaltiger» als das von Verwaltungen. Auflagen der Behörde für Rechtsrock-Konzerte in Themar waren immer wieder in Eilverfahren vor Gericht gescheitert. Diese Niederlagen hatte die Verwaltung akzeptiert.
Konkreter Hintergrund für den nun begonnenen Rechtsstreit ist ein Konzert in Themar vom Juli 2019. Damals waren nach Polizeiangaben hunderte Rechtsextreme zu einem Festival in die Kleinstadt im Süden Thüringens gekommen. Die Protestierenden hatten Kundgebungen links und rechts der Veranstaltungsfläche der Neonazis angemeldet. Die Kundgebungsfläche der Demonstranten, aber auch der Rechtsextremen waren auf jeder Seite von der Versammlungsbehörde um jeweils vier Meter verkleinert worden, um auf beiden Seiten einen insgesamt acht Meter breiten Sicherheitsstreifen für die Polizei zu schaffen.
Die Versammlungsbehörde hatte zur Begründung ihres Vorgehens sowohl die Protestkundgebungen als auch das Rechtsrock-Konzert als grundgesetzlich geschützte Versammlungen bewertet. Genau dieses Argument greifen die Rechtsrock-Gegner nun nach Angaben von Jakob vor Gericht an. Zwar seien die Protestkundgebungen tatsächlich Versammlungen gewesen, sagte Jakob. Bei dem Rechtsrock-Konzert dagegen habe es sich um eine kommerzielle Veranstaltung gehandelt, so dass die Sicherheitsstreifen komplett vom Veranstaltungsgelände der Rechtsextremen hätten abgezogen werden müssen, weil Versammlungen höher zu bewerten seien als andere Veranstaltungen.
Im Zuge der juristischen Auseinandersetzung über diesen Punkt erhofft sich das Bündnis Klarheit über die Frage, ob Rechtsrock-Festivals unter den Schutz der Versammlungsfreiheit fallen. Auch jenseits des Konzerts 2019 in Themar ist diese Frage in Thüringen in den vergangenen Jahren immer wieder diskutiert worden.
Der Rechtsanwalt des Bündnisses, Nils Spörkel, sagte, es werde wahrscheinlich etwa vier Jahre dauern, bis die Klage vor das Bundesverfassungsgericht gelangen werde - immer vorausgesetzt, dass nicht eine der vorherigen Instanzen der Klage der Rechtsrock-Gegner recht gibt. Beim Blick auf die Rechtsprechung von Verwaltungsgerichten sei das aber kaum zu erwarten, erklärte Jakob.