Düsseldorf - Die nordrhein-westfälische Landesregierung weitet ihr Hilfsprogramm für von der Corona-Krise betroffene freischaffende Künstler massiv aus. Der Etat dieses Sonderförderprogramms werde um 27 Millionen Euro aufgestockt, sagte Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) am Dienstag in Düsseldorf.
«Diese zusätzlichen Mittel erlauben es, alle weiteren rund 13 000 vorliegenden Anträge positiv zu bescheiden.» Damit beträgt diese Corona-Soforthilfe insgesamt 32 Millionen Euro.
Nach dem Start des Programms im März hatte es einen solchen Ansturm gegeben, dass der Fünf-Millionen-Euro-Topf rasch leer war. Es gab über 17 000 Anträge, aber nur 3000 Künstler erhielten nach einer Prüfung eine einmalige Unterstützung von bis zu 2000 Euro. Tausende Antragsteller gingen leer aus, was Verbände und Künstler heftig kritisierten. In einem offenen Brief rügten 170 Kulturschaffende die Vergabepraxis. Das Ministerium erklärte, man wolle sich beim Bund für einen Lösung einsetzen. Falls das nicht gelinge, werde über eine NRW-spezifische Lösung nachgedacht.
Pfeiffer-Poensgen sagte, die Einmalzahlungen könnten für alle Antragsteller pauschal auf 2000 Euro aufgestockt werden, unabhängig von den im März vorgelegten Honorarausfällen. Diese Aufstockung gelte auch für bereits erfolgte Auszahlungen. Sie sei sehr froh, dass es gelungen sei, das Programm so auszuweiten, «dass es weite Teile der freien Kulturszene in NRW erreicht und zumindest April und März damit abgedeckt sind», sagte die Ministerin. Die Soforthilfe sollte freischaffende Schauspieler, Musiker und andere Kulturarbeiter ohne Auftrittsmöglichkeit unterstützen, bis andere Programme greifen.
[update, 13.5.]
In seiner Rundmail "ON Neue Woche | Neue Fördertöpfe + aktuelle Informationslage" veröffentlicht der ON Neue Musik in Köln e.V. einen Kommentar von Helene Heuser
Wir dürfen also wieder - los geht der Weg in die „verantwortungsvolle Normalität", wie es Armin Laschet bei der Präsentation des NRW-Plans formulierte. Dafür gibt es jetzt schließlich Regeln und Regulierungen - auch für den Kulturbereich. Seit gestern (11.05.) dürfen prinzipiell wieder Veranstaltungen in NRW stattfinden und ab dem 30.05. könnten sogar nach oben geschlossene Veranstaltungsorte wieder Publikum empfangen. Oder wie war das nochmal?
Noch kann niemand sagen, wie schnell Konzertformate aus dem Corona-Schlaf erwachen und was so plötzlich wieder möglich gemacht werden kann. Schließlich haben wir erst vor kurzem alles absagen müssen, was jetzt eigentlich hätte stattfinden sollen. Nach dem Ansturm gegen die vielen Festivalabsagen und den Vorwürfen, der Einkauf im Supermarkt sei doch gefährlicher als ein Konzertbesuch, üben sich seit der Veröffentlichung des NRW Plans bis jetzt noch alle in Zurückhaltung. Wer macht den ersten Schritt? Und wie geht das genau, Pandemie-gerecht konzertieren?
Das größte Problem dabei ist die weiterhin unübersehbare Informationslage. Alle, mit denen ich seit Ende letzter Woche über mögliche Veranstaltungsformate gesprochen habe, kamen mit anderen Informationen. Die einen sagten, sie haben vom Hörensagen mitbekommen, Veranstaltung mit 50 Besuchern wären ab nun erlaubt. Andere waren der Annahme, in Köln dürfe noch nicht veranstaltet werden, und wiederum andere waren sicher, dass alles außer Großveranstaltungen nun doch möglich sei.
Und tatsächlich lassen die Informationen vom Land auf den ersten Blick Platz zur Interpretation: Während der NRW Plan zur stufenweisen Öffnung vom 06.05. eher affirmativ formuliert wurde („Ab 11. Mai sind kleinere Konzerte und andere öffentliche Aufführungen unter freiem Himmel zulässig" sowie „ab dem 30. Mai ist die Öffnung von Kinos, Theatern, Opern und Konzerthäusern zu ermöglichen"), liest sich die zwei Tage später veröffentlichte Mantelverordnung wie folgt: „In geschlossenen Räumen sind Konzerte und Aufführungen von Theatern, Opern- und Konzerthäusern und anderen Einrichtungen bis auf weiteres untersagt."
Wenn man nun beide Texte als voll nimmt und ihre Aussagen kombiniert, bleibt ein kleiner Spalt, in dem Veranstaltungen jetzt möglich wären, die jedoch laut der Verordnung vom 08.06.2020 jeweils nur eine „Ausnahme", erteilt durch die zuständigen städtischen Behörden, darstellen. Formulierungen wie „unter freiem Himmel" und in „nicht-geschlossenen Räumen" besagen zudem nur, dass Veranstaltungen in „eingezäunten" also kontrollierbaren Orten prinzipiell möglich seien, jedoch noch lange nicht im öffentlichen Raum, denn laut dem Ordnungsamt Köln sind Veranstaltungen im öffentlichen Raum hier bis auf weiteres nicht möglich.
Dennoch sieht der Stufenplan laut dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft vor, „die Anti-Corona-Maßnahmen im Kulturbereich in den kommenden Wochen und Monaten schrittweise zu reduzieren – abhängig von der weiteren Entwicklung des Infektionsgeschehens." Vielleicht bringen die nächsten Entscheidungen mehr Klarheit, ich hoffe es.
Undurchsichtiger wird es aber nochmal, wenn man bedenkt, dass es bis jetzt nur um Regeln auf Landesebene ging und die Stadt Köln und die zuständigen Behörden sich erst selber aufgrund dieser Regelgrundlage besprechen muss, wie man die besagten „Ausnahmen" nun erteilt.
Aber selbst, wenn wir auch diese Informationen haben, bedeutet das immer noch keine Planungssicherheit. In zwei Wochen gibt es sicher wieder neue Regeln, die gedeutet werden wollen. Und trotzdem müssen wir lernen in der Ausnahmesituation zu arbeiten und uns damit abfinden, dass niemand es gerade besser weiß und niemand wirklich Schuld hat. Das ist gerade mein Mantra, um gelassen zu bleiben, während links und rechts die Ideen und Arbeit der letzten Monate in den Abgrund der Ungewissheit gerissen werden. Also - weitermachen, abwarten und locker bleiben? Was soll man sonst tun?
Zum Nachlesen:
Pressemitteilung Nordrhein-Westfalen-Plan zur Stufenweisen Öffnung der Anti-Corona-Maßnahmen (Stand 06.05.2020)
Pressemitteilung Ministerium für Kultur und Wissenschaft (Stand 07.05.2020)
Vierte Verordnung zur Änderung von Rechtsverordnungen zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Stand 08.05.2020)
Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) in der ab dem 11. Mai 2020 gültigen Fassung