Der umstrittene Verkauf des sanierungsbedürftigen Weimarer Hauses der Frau von Stein am 14. Oktober an einen spanischen Investor schlägt weiterhin hohe Wogen. Den Entschluss des Stadtrates und die entsprechende Unterstützung des Kulturausschusses der Stadt Weimar, das Gebäude dem spanischen Investor und Kunsthändler Joan Xavier Bofill zu überlassen, will die Kulturinitiative Thüringen nicht hinnehmen.
Bofill, der eine quasi bankrotte Spanische GmbH betreibe, wolle in dem Gebäude eine Dalí-Ausstellung mit überwiegend grafischen Werken und Skulpturen einrichten. Dafür habe er aber weder ein fundiertes Nutzungs- und Raumkonzept noch eine belastbare Finanzierungsbestätigung vorgelegt. Die Kulturinitiative Thüringen moniert außerdem, dass der Investor eine kommerziell ausgerichtete Veranstaltungsagentur sei, die an einem denkmalgerechten Umbau des Hauses der Frau von Stein nicht interessiert sei. Ein weiterer Bewerber, die Klassik Stiftung Weimar,
hatte ein alternatives Betreiberkonzept erarbeitet, wurde von der Stadt nicht favorisiert.
Das Haus der Frau von Stein ist ein zweigeschossiges Gebäude nach barocken Formprinzipien, das 1770 von Anton Georg Hauptmann erbaut wurde. Im westlichen Obergeschoss lebte Charlotte von Stein von 1776 bis zu ihrem Tode 50 Jahre später, zunächst mit ihrem Ehemann Oberstallmeister Josias Freiherr von Stein und drei Kindern. Die literatur- und kunstinteressierte Freundin und Vertraute Goethes der ersten zehn Weimarer Jahre tauschte Gedanken über Dichtung, Naturwissenschaft und Politik mit ihm aus. Er schrieb an sie allein 1.700 „Zettelgen“. Im Erdgeschoss befanden sich bis 1794 die Pferdeställe der herzoglichen Husaren; später Gesellschaftsräume und ein von der russischen Zarentocher Maria Pawlowna 1804 als russisch-orthodoxe Kirche eingerichteter Raum. Heute befindet sich im Haus der Frau von Stein unter anderen eine Außenstelle des Goetheinstitutes.
Kurz vor der Unterzeichnung des Verkaufsvertrages bittet die Kulturinitiative Thüringen die Rechtsaufsichtsbehörde des Landes um Eingreifen. Dazu folgende Pressemeldung:
„Nachdem es der Weimarer Stadtrat mehrheitlich abgelehnt hat, den Verkauf des Hauses der Frau von Stein auf seiner jüngsten Sitzung erneut zu behandeln, wird die Kulturinitiative Thüringen jetzt das Landesverwaltungsamt um ein Einschreiten bitten. Der Weimarer Stadtrat hat in seiner Sitz am 8.10. einen Antrag nicht zur Tagesordnung zugelassen, den für den 14.10.2008 angesetzten Kaufvertragsabschluss zu verschieben und zunächst weitere Auskünfte zur Finanzkraft des Investors einzuholen.
Dazu erklärt Andre Störr, Vorstandsvorsitzender der Kulturinitiative Thüringen: ‚Es ist nicht mehr rational erklärbar, wenn sich der Weimarer Stadtrat trotz der begründeten Zweifel an der Finanzkraft des Investors nicht einmal dazu bewegen lässt, die Vertragsunterzeichnung aufzuschieben, bis Klarheit besteht. Weder wurde der Öffentlichkeit bisher ein klares Nutzungskonzept vorgestellt noch hat der Investor die sich aus den Bilanzen ergebenden Zweifel an seiner Bonität ausgeräumt. Wenn dies den Stadtrat in seiner Mehrheit nicht interessiert, beweist das nur, dass der Stadtrat in seiner Verantwortung für die Kulturstadt überfordert ist.’
Die Kulturinititative Thüringen wird sich deshalb nun an das Landesverwaltungsamt wenden und dieses um ein Einschreiten bitten. Ziel ist es, der Stadt den für nächste Woche geplanten Vertragsschluß zu untersagen, bis die Zweifel am Investor beseitigt sind. Die Kulturinitiative Thüringen hofft zudem noch immer, dass die sich nun bietende Chance, unterschiedliche Nutzungsvorschläge für das Haus diskutieren zu können, von der Stadt doch noch genutzt wird.“
Quellen: ddp, wimare.de