In einer öffentlichen Erklärung hat der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum die Sparpläne des SWR bezüglich seiner beiden Orchester scharf kritisiert. Die geplanten Einschnitte bei den beiden Klangkörpern seien ein „Armutszeugnis für den Sender und seinen Intendanten“ und erinnerten an den „glücklicherweise verhinderten Anschlag des früheren Intendanten Voss auf die Donaueschinger Musiktage.“
Wiederholt hatte Gerhart Baum, bekennender Neue-Musik-Anhänger, in der Vergangenheit den Kulturauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingefordert, nicht zuletzt in einem ausführlichen Interview gegenüber der neuen musikzeitung im Oktober 2010. „Die Quote ist wie ein Gift, das immer stärker zur Wirkung kommt, und spiegelt das innige Verhältnis der Entscheidungsträger zum Mainstream, zum Entertainment wider“, hatte Baum dort unter anderem zu Protokoll gegeben. Anlass für das Gespräch waren damals die Kürzungen bei SWR2, zu denen sich Wellenchef Johannes Weiß in der nmz geäußert hatte.
Hier der Wortlaut von Gerhart R. Baums Erklärung:
Die Sparpläne des SWR für seine beiden Orchester gehören vom Tisch!
Die Sparpläne, die der Sender jetzt verfolgt, erinnern an den glücklicherweise verhinderten Anschlag des früheren Intendanten Voss auf die Donaueschinger Musiktage, gegen den sich vor einigen Jahren ein breiter Sturm des Protestes erhoben hatte. Leider nicht verhindert werden konnten Kürzungen beim renommierten SWR Vokalensemble.
Nun verfällt der Sender aber in eine andere Strategie. Am Ziel besteht kein Zweifel: das Stuttgarter Rundfunkorchester und das Rundfunkorchester Baden-Baden/Freiburg sollen in ihrer bisherigen Form nicht erhalten bleiben. Dieses Ziel soll nach und nach erreicht werden, sozusagen scheibchenweise – „ein Tod auf Raten“. Nichts anderes bedeuten die zur Diskussion gestellten so genannten „Lösungswege“. Sie dienen nur der Beschwichtigung der Öffentlichkeit.
Orchesterförderung wird vom Sender offenbar als Teil eines Wirtschaftsunternehmens angesehen, als handele es sich um einen x-beliebigen Produktionszweig. Eine vom Sender beauftragte Unternehmensberatung führt hier das Regime. Die Entscheidung der Verantwortlichen im Sender wird offensichtlich nicht von der Einsicht getragen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als unverzichtbare Voraussetzung seiner Existenzberechtigung einen Kulturauftrag hat. Dazu gehören die Orchester. Unter welchem Druck der Hörfunkdirektor stehen muss zeigt seine Behauptung, er könne den „Schutzzaun“ um die Orchester nicht länger aufrecht erhalten. Was für ein Armutszeugnis für den Sender und seinen Intendanten! Pauschale Kürzung an Stelle von sinnvoller Schwerpunktsetzung – auch in Zeiten notwendiger Sparmaßnahmen. Mit solchen Entscheidungen wird die Kritik gegenüber dem öffentlich-rechtlichen System nur noch verstärkt. Der SWR hat allen Grund, auf diese beiden Orchester stolz zu sein. Was er jetzt vor hat, grenzt an Kulturbarbarei.