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Zehn Jahre Bündnis „Singen mit Kindern“
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Als sich im Mai des Jahres 2000 mehr als 100 Persönlichkeiten aus Kultur und Gesellschaft im Stuttgarter Landtag trafen, um das Bündnis „Singen mit Kindern“ aus der Taufe zu heben, da gab es nicht wenige, die der Überzeugung waren, diese Initiative doch besser unter der Flagge „Musik mit Kindern“ auf den Weg zu bringen.

Allein, Walter Pfohl, Gründungsvater des Bündnisses (und seinerzeit Musikreferent im baden-württembergischen Kultusministerium) beharrte entschieden darauf, das Bündnis auf den Wogen des Gesangs voranzubringen, und er tat gut daran: „Singen“ ist zwar zweifellos ein Sonderfall des Musizierens, gleichwohl setzt der Verbund von „Singen“ und „Kinder“ offenbar weitaus mehr Emotionen frei, als dies die „Musik“ je vermocht hätte. Gleich einem Rekurs auf Rousseau’sche Vorstellungen scheint es sich beim Singen um eine Tätigkeit zu handeln, welche den Menschen von jeglicher Entfremdung zu seinen Ursprüngen zurückbringt. Singen ist der Anbeginn allen Musizierens, und das mit Hilfe eines natürlichen Instruments, das jeder besitzt. Es baut Berührungsängs-te ab und schafft Geborgenheit in der Gemeinschaft, indem es zugleich die Generationen mittels einer gemeinsamen Sprache verbindet. Schon Platon wusste schließlich, dass Singen dem Bedürfnis nach sozialer Harmonie entspringt.

Da wundert es denn auch nicht, wenn in einer Republik, die hinsichtlich der Alltagskultur des Singens auf dem Stand eines Entwicklungslandes zu sein schien (Hermann Rauhe, 2001), das Stuttgarter Bündnis „Singen mit Kindern“ eine nachgerade ungebremste Entwicklung verzeichnen konnte. Heute bietet die Stiftung alljährlich 150 Ausbildungsplätze für Erzieherinnen an, die dadurch in Kindertagesstätten als Singementoren oftmals eine bevorzugte Einstellung erfahren. Erwachsene, vor allem aus der älteren Generation, werden in einer (kostenfreien) 20-stündigen Ausbildung zu Singepaten in Kindergärten ausgebildet, wo sie ein generationenübergreifendes Band des Singens bilden. Und in den 2.500 Grundschulen des Landes Baden-Württemberg hängen zwischenzeitlich über 10.000 Liederkalender mit je 12 Monatsliedern. Ohne Übertreibung lässt sich zusammenfassend sagen, dass das Bündnis „Singen mit Kindern“ innerhalb nur eines Jahrzehnts zu einem Muster dessen geworden ist, wie die Förderung von musikalischer Infrastruktur in einem Bundesland beschaffen sein kann.

Wundert es da, wenn es unzählige Nachfolger gibt? Der Begriff „Singen mit Kindern“ ist urheberrechtlich nicht geschützt, und so tummeln sich zwischenzeitlich im Internet unzählige Initiativen gleichen Namens, nahezu in jedem Bundesland. Auch wenn bei manchen Adressen das kommerzielle Interesse gegenüber dem pädagogischen Ethos zu überwiegen scheint, so muss man sich offensichtlich um das Singen mit Kindern zukünftig weitaus weniger Sorgen machen, als dies noch im Jahr 2000 der Fall war, zumal die Stuttgarter Initialstiftung als Bezugspunkt erhalten bleibt. Wenn man in diesem Jahr mit einem Fest auf der Blumeninsel Mainau (Bodensee) sein zehnjähriges Bestehen feiert, dann sind auch die Zukunftsperspektiven ausgesprochen positiv. Mit Gräfin Sandra Bernadotte als Nachfolgerin der 2009 verstorbenen Gräfin Sonja hat man eine profilierte, die Tradition weiterführende Vorsitzende gefunden, überdies sind gleich zwei Minister des Landes Baden-Württemberg organisatorisch in die Stiftung „Singen mit Kindern“ eingebunden.

Und auch weiterhin wird Walter Pfohl aus dem Unruhestand unermüdlicher Ideengeber und Motor sein, beispielsweise durch Zusammenarbeit mit der Medizin, durch Singefeste oder eine nationale wie internationale Vernetzung der von ihm ins Leben gerufenen Singestiftung.

„Singen kann Kreise ziehn“, heißt es in einem Kinderlied. Allein schon um der Kinder Willen möchte man für die kommenden Jahre der Stiftung „Singen mit Kindern“ das Beste wünschen.

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