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Kitsch an der Brücke. Foto: Hufner
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Deutschland hat 'ne Debatte – und die heißt „Layla“

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Der Song „Layla“ steht wegen seiner Textzeilen in der Kritik. Längst nicht das erste Partylied mit fragwürdigen Lyrics. Eine Musikwissenschaftlerin erklärt, was Menschen daran fasziniert – und warum man bei der Debatte eines beachten sollte.

Für das Experiment muss man sich vielleicht ein Bier aufmachen. Wenn man herausfinden will, wie Ballermann-Hits so funktionieren, kann man verschiedene Playlists durchhören. Eines der Lieder darauf sorgte diese Woche für Debatten: „Layla“ soll auf einem Volksfest in Würzburg nicht mehr gespielt werden. Auch auf der Düsseldorfer Kirmes soll es nicht überall laufen. Grund ist der Text. „Ich hab' 'n Puff – und meine Puffmama heißt Layla. Sie ist schöner, jünger, geiler.“ Wie steht es also um deutschsprachige Partysongs?

Hört man sich durch die Playlists durch, findet man Lieder, zu denen selbst manche Politiker schon getanzt haben („Mach den Hub Hub Hub; Mach den Schrauber, Schrauber, Schrauber; Mach den Helikopter 117...“). Mickie Krause sieht in „Eine Woche wach“ die Sonne über Malle aufgehen. Und gut mitgrölen ließe sich vermutlich auch „Der Zug hat keine Bremse“: „Döp, döö-döö-döö-dööp“.

Es gibt Lieder mit inspirierenden Titeln wie „Saufi saufi“ („Ich feier' richtig hart, ich bin ein Saufautomat“). Alkohol ist ohnehin ein, wie würde man sagen, wiederkehrendes Motiv. Schön bearbeitet etwa in „Dicht im Flieger“ („Und ich sitz schon wieder dicht in 'nem Flieger. Alles egal, denn mein Kopf macht nur La – Lalalala...“).

Das Hirn macht nur La – manche Menschen, die den Karneval oder die Kirmes mögen, kennen diesen Zustand sicherlich. Andere rollen schon beim Gedanken an die Musik mit den Augen. Partyhits sind ein umstrittenes Phänomen. Warum ist nun ausgerechnet „Layla“ von DJ Robin & Schürze auf dem ersten Platz der deutschen Charts gelandet?

Die Musikwissenschaftlerin Marina Forell hat sich das ehrlich gesagt auch gefragt. Sie hat an der Universität Leipzig zur Schlagerwelt geforscht und ist Herausgeberin des Buchs „Das verdächtig Populäre in der Musik: Warum wir mögen, wofür wir uns schämen“.

„Layla“ sei ein moderner Partysong. Ansprechend produziert. „Als ich den zum ersten Mal angemacht habe, dachte ich mir so: „Oh, das könnte was sein“, sagt Forell. Bei ihr sei der positive Eindruck verflogen, als der Gesang eingesetzt habe. Trotzdem hat Forell nach eigenen Worten einen Ohrwurm. Vielleicht sei das das Erfolgsrezept.

Vielleicht hätten Leute nach den Pandemiejahren einfach Lust auf einen Partysong. Dabei hat Forell zum Inhalt eine klare Haltung. Über den Text wird seit einigen Tagen diskutiert. Würzburg hat das Abspielen von „Layla“ auf dem Kiliani-Volksfest untersagt. Und auf der Düsseldorfer Kirmes haben die Schützen das Lied als Veranstalter in ihrem Festzelt verboten. Den anderen Zeltbetreibern und den Betreibern von Fahrgeschäften legten sie nahe, das Lied ebenfalls nicht zu spielen. Manche fragen: Ist der Text wirklich so schlimm? Andere finden die Antwort eindeutig.

„Ich finde den Song extrem sexistisch“, sagt Forell. Die besungene Frau werde extrem auf ihren Körper reduziert. Zudem werde Prostitution ein bisschen als Lifestyle abgefeiert, dabei habe sie bekanntermaßen Schattenseiten. Prostitution stehe oft mit Menschenhandel und Zwang in Verbindung, habe oft nichts Selbstermächtigendes an sich.

Wenn man sich durch solche Partyhits hört, findet man auch Lieder wie „Beate, die Harte“ oder „Anna-Lena“ („Geiler Arsch, geiler Blick, geiles Stück“). Gibt es sexistische Textzeilen öfter? „Ja, der Eindruck ist schon richtig“, sagt Forell. Viele Songs drehten sich ums Saufen und ums Urlaubmachen. Aber es gebe natürlich Songs wie „Dicke Titten, Kartoffelsalat“, die seien schon an den Grenzen des guten Geschmacks und natürlich auch sexistisch.

„Dicke Titten, Kartoffelsalat“ ist ein Lied von Ikke Hüftgold, der eigentlich Matthias Distel heißt. Seine Plattenfirma hat auch „Layla“ veröffentlicht. Online wirbt er nun mit anderen Künstlern für die Petition #freelayla. Im Begleittext heißt es: „Gegen Zensur! Für ein Leben nach Corona! Für künstlerische Freiheit!“ Einige Tausend Menschen haben bisher online unterzeichnet.

Musikwissenschaftlerin Forell wundert sich, dass nun manchmal mit der Kunstfreiheit argumentiert wird. „Meiner Meinung nach ist es nicht Cancel Culture, wenn man versucht, 50 Prozent der Menschheit mit Respekt zu behandeln und nicht wie ein Stück Fleisch“, sagt sie. Der Song sei nicht allgemein verboten und werde auch nicht verboten werden. Privat und auf Mallorca könne ihn jeder anhören. Das Lied werde nur in einigen Kontexten nicht mehr gespielt.

Über das Argument, dass es im Rap mitunter schlimmere Zeilen gebe, hat Forell auch schon nachgedacht. Ein Unterschied sei, wie die Musik genutzt werde. Rapmusik mit extrem krassen Texten habe nicht so viel Airplay. Es sei ein Unterschied, ob man Musik mit Freunden oder einer kleinen Gruppe höre. Oder ob man damit Tausende Menschen auf einem Volksfest beschalle. Wo dann auch Frauen seien, die sich vielleicht in einer aufgeheizten, alkoholisierten Atmosphäre und bei einem solchen Song, den Männer mitgrölten, unwohl fühlten. Sie findet die Entscheidungen in Würzburg und Düsseldorf richtig.

Fragt man Forell, warum Menschen solche Songs überhaupt mögen, dann erinnert sie an deren Kontext. Diese Songs würden nur von einigen zu Hause gehört, der primäre Verwendungszweck sei beim Après-Ski, beim Karneval, auf Mallorca. Der Urlaub am Ballermann sei für manche bewusst gebuchter Exzess. Dort sei eine Art Erlebnisraum entstanden.

„Und da lassen viele Leute halt los.“ Im Urlaub werde dann über die Stränge geschlagen, die Regeln des Alltags zählten nicht mehr. Auch der gute Geschmack werde dann zu Hause gelassen.

In der Schlagerwelt beobachtet Forell aber auch eine andere Entwicklung. Sie habe sich mit Popschlager beschäftigt, mit Andrea Berg, Helene Fischer, Vanessa Mai, Beatrice Egli. Dort gebe es auch Songs, die schon feministisch seien, etwa „Die Erste deiner Art“ von Helene Fischer oder „Anders ist gut“ von Michelle.

Dass es übrigens auch am Ballermann nicht immer kontrovers sein muss, zeigt einer der Überraschungshits dort in diesem Jahr – ein Remix von „Wir sagen Danke schön“ der Flippers. Darin heißt es vergleichsweise unverfänglich: „Liebe ist, wenn man sich zärtlich küsst.“

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