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Dirigentin Mallwitz: Erfurter Orchester muss aufgestockt werden

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Erfurt - Erfurts Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz hat sich für eine Vergrößerung des Philharmonischen Orchesters ausgesprochen. «Das Missverhältnis zwischen der Größe unseres Spielplanes zur Kleinheit des Orchesters muss gelöst werden», sagte sie in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Das Orchester stoße mit seinen lediglich 59 Musikern an Grenzen.

Große Werke könnten nur mit Aushilfen oder in Kooperation mit der Thüringen Philharmonie Gotha gestemmt werden. Da sei auch die Stadt Erfurt gefordert, die ein großes musikalisches Angebot am Theater möchte. Das Theater Erfurt macht nicht nur bei der Uraufführung zeitgenössischer Opern von sich reden, sondern auch mit der jüngsten Generalmusikdirektorin Deutschlands. Die 28 Jahre alte Joana Mallwitz will dem Orchester einen unverwechselbaren Klang im Konzert der deutschen Klangkörper geben. Ob weiblich oder männlich - am Dirigentenpult spiele das keine Rolle, sagt sie in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Frage: Vor einem Jahr haben Sie als jüngste Generalmusikdirektorin Deutschlands den Taktstock bei der Philharmonie Erfurt übernommen. Wo sehen Sie sich und das Orchester heute?

Antwort: Wir haben sofort intensiv und konzentriert angefangen zu arbeiten, und das war gut zum gegenseitigen Kennenlernen. Die erste Premiere - Puccinis «Butterfly» - war gleich im September, danach die ersten Konzerte. Es blieb keine Zeit zum Luftholen. Es wurde auch bei schwierigeren Momenten nicht drumherumgeredet, sondern sich voll auf die Musik konzentriert. Es ist ein «warmherziges» Orchester mit guten Musikern, wofür ich es einfach liebe.

Frage: Nur wenige Frauen haben es bislang an die Spitze großer Orchester geschafft. Dirigieren Frauen anders als Männer?

Antwort: Noch gibt es zwar mehr Männer als Frauen in meinem Job. Aber am Pult spielt es keine Rolle, ob du eine Frau oder ein Mann bist, da bist du nur Musiker. Es gibt keine weibliche oder männliche Art zu dirigieren. Es gibt jedoch 1000 verschiedene Arten, ein Stück zu interpretieren. Nehmen Sie allein die Unterschiede zwischen Harnoncourt und Thielemann. Und genauso habe ich meine eigene Art zu arbeiten. Die Frage nach dem Unterschied der Geschlechter kommt immer nur von außen.

Frage: Die Australierin Simone Young war zehn Jahre lang Operndirektorin und Generalmusikdirektorin in Hamburg. Hat sie wie auch etwa die US-Amerikanerin Karen Kamensek in Hannover Pionierarbeit geleistet?

Antwort: Frauen wie Young haben die Tür für uns junge Frauen aufgestoßen. Sonst wäre es nicht möglich, dass Dirigentinnen immer öfter vordere Positionen besetzen. Es hat sich in den vergangenen Jahren viel geändert in den Köpfen, bei Männern und Frauen. In meiner Generation gibt es viele fantastische Frauen am Dirigenten-Pult, die ich alle sehr schätze und die großartige Karrieren machen werden.

Frage: Welche Schwerpunkte setzen Sie für das Erfurter Orchester?

Antwort: Ich will unseren eigenen Klang etablieren, unter anderem mit jährlichen Mozart-Opern. Dies ist allerdings auch schwierig, weil wir nur 59 Orchestermusiker sind und große Werke nur mit Aushilfen oder mit Musikern der Thüringen Philharmonie Gotha stemmen können. Für diese Kooperation bin ich sehr dankbar, aber so stoßen auch immer neue Musiker zu uns. Eine Aufgabe: Das Missverhältnis zwischen der Größe unseres Spielplanes zur Kleinheit des Orchesters muss gelöst werden. Da ist auch die Stadt Erfurt gefordert, die ein großes musikalisches Angebot am Theater möchte.

Frage: Haben Sie musikalische Vorlieben - und wenn ja, wie schlägt sich dies in der Spielplangestaltung wieder?

Antwort: Ich bin schon sehr in der deutschen Romantik beheimatet - Schubert, Schumann, Brahms, Mahler. Was nicht heißt, dass ich nicht gern andere Musik dirigiere. Eine Mozart-Oper gibt es jedes Jahr, diesmal «Don Giovanni», und wir beginnen mit Mahler und seiner 1. Sinfonie. Darauf freue ich mich schon. Alles ist offen. Ein Dirigent muss sein Wissen über Musik und sein Repertoire ein Leben lang erweitern. Nach zehn Jahren, die ich den Beruf jetzt mache, ist es meiner Meinung nach viel zu früh, sich auf etwas zu spezialisieren und ein anderes Repertoire auszulassen.

ZUR PERSON: Joana Mallwitz hat seit 2014/205 die musikalische Leitung am Theater Erfurt. Sie studierte Dirigieren bei Martin Brauß und Eiji Oue sowie Klavier an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Noch als Studentin erhielt sie 2006 ihr erstes festes Engagement am Theater Heidelberg - und überzeugte bei der Premiere «Madame Butterfly», die sie kurzfristig dirigieren musste. Von 2012 an arbeitete sie freiberuflich in Riga, Kopenhagen, Hamburg oder Macau. 2009 wurde sie von der Zeitschrift Opernwelt für ihr Dirigat von Brittens «Die Jünglinge im Feuerofen» als «Dirigentin des Jahres» nominiert.

 

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