Die kleine TVK-Tarifkommission der DOV hat sich am 22. März 2020 für den Bereich der Orchester und Musiktheater mit der in den letzten Tagen häufiger aufgeworfenen Frage eine Einführung von Kurzarbeit in Orchestern und Theaterbetrieben befasst. In einzelnen Theatern/Orchestern, die in privater Rechtsform geführt werden, hat es in der vergangenen Woche bereits zahlreiche Vorstöße von Arbeitgebern gegenüber den Betriebsräten gegeben, doch möglichst rasch Betriebsvereinbarungen zur Einführung von Kurzarbeit zu unterzeichnen.
Soweit die DOV hiervon Kenntnis erlangt hat, wurde versucht, derartige Bestrebungen erst einmal zu bremsen. Die Betriebsräte sind in dieser Frage zwar autonom, sie werden aber teilweise von der Arbeitgeberseite an einzelnen Stadtorten erheblich unter Druck gesetzt.
Die DOV sieht für die Einführung von Kurzarbeit im öffentlichen Dienst ebenso wie in öffentlich getragenen bzw. überwiegend öffentlich finanzierten Orchestern und Theaterbetrieben gegenwärtig keinen Spielraum, da die öffentlichen Verwaltungen durch die aktuellen Einschränkungen ohnehin schon ausgedünnt sind und bei weiterer Ausbreitung des Coronavirus die Handlungsfähigkeit systemrelevanter Einheiten der öffentlichen Verwaltung nicht mehr gewährleistet werden kann.
Im Theater- und Orchesterbereich im Besonderen gilt diese Ablehnung – unabhängig von der jeweiligen Rechtsform und privaten oder öffentlichen Trägerschaft – vor allem auch deshalb, da die Orchester und Theater mit ihren Personalkosten grundsätzlich ausfinanziert sind und gegenwärtig „lediglich“ die Eigeneinnahmen aus Kartenverkauf und Gastspielbetrieb/Tourneen wegbrechen. Diese betragen im Durchschnitt aller Orchester und Theater bundesweit rund 17,8 % der jeweiligen Budgets (Quelle: Theaterstatistik des DBV 2017/2018).
Es geht also wirtschaftlich betrachtet „nur“ darum, diese durch Schließungen und Quarantäne entstehenden Einnahmeausfälle auszugleichen. Die Personalkosten als solche sind aber grundsätzlich durch die öffentlichen Haushalte bzw. mehrjährige Zuwendungsverträge, teilweise deutlich über 2020 hinaus, gesichert.
Eine weitere Sorge, die die kleine TVK-Tarifkommission umtreibt, sind die prekären Arbeitsverhältnisse des Garderoben- und Schließpersonals sowie sonstigen Personals, welches beispielsweise auf 450-Euro-Basis beschäftigt wird. Dieses Personal würde bei Einführung von Kurzarbeit völlig durch den Rost fallen.
Fazit: Vor dem Hintergrund der vollen Finanzierung der Personalkosten durch die öffentliche Hand sieht die DOV für Kurzarbeit im Theater- und Orchesterbereich gegenwärtig keine echte inhaltliche Begründung. Musiker*innen und Sänger*innen halten sich auch zu Hause durch tägliches Üben weiter fit. Auch diese häusliche Tätigkeit gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Arbeitszeit.
Letztlich würden die bereits beschlossenen Finanzierungen der Orchester und Theater über die Kulturetats nunmehr auf die Bundesagentur für Arbeit teilweise abgewälzt. Das macht politisch, aber auch gesamtwirtschaftlich nicht so recht Sinn.