Dresden - Mit dem Kapital der Kreuzchorstiftung und der Sozialstiftung will Dresden seinen Kulturpalast retten. Die Stiftungsvermögen sollen einen Großteil der Finanzierungslücke für den Umbau schließen, wie Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) am Mittwoch in Dresden sagte. Der Stadtrat muss nun Anfang April über den neuen Vorschlag entscheiden. Die Stiftung Kreuzchor reagierte mit Entsetzen.
Der Stadt fehlen für den nötigen Umbau des Kulturpalastes etwa 35 Millionen Euro. Ende Januar war bekannt geworden, dass erhoffte EU-Mittel in dieser Höhe nicht zur Verfügung stehen. Zuzüglich zu den Stiftungsvermögen in Höhe von 27,2 Millionen Euro soll die Lücke mit 4,6 Millionen Euro aus einer Nachzahlung der Stadtwerke und 2,6 Millionen Euro aus einer Investitionspauschale des Landes geschlossen werden.
Das Vermögen der Stiftungen soll den Plänen zufolge als Einlage in eine zu gründende Objektgesellschaft eingebracht werden. Die Stiftungen sollen aber weiter bestehen bleiben und Zinserträge von der Stadt erhalten. Im Detail müsste aber noch besprochen werden, wie viel tatsächlich für Stiftungszwecke genutzt wird und wie viel dafür, die eigene Zinslast am Ende zu finanzieren, sagte Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU).
Sanierung des Kreuzchor-Internats rückt in weite Ferne
In den letzten Wochen habe man versucht, eine machbare, "hoffentlich der Mehrheit gerecht werdende Lösung" zu finden, sagte Orosz. Dabei sollten keine Großprojekte in Dresden gegeneinander ausgespielt und auch nicht an der Bildung gekürzt werden. Es habe nur ein kleines Fenster gegeben, in dem die Stadt Finanzierungspotenziale akquirieren konnte, sagte Orosz.
Mit Bestürzung nahm Kreuzkantor Roderich Kreile das Vorhaben der Stadtspitze zur Kenntnis. Mit dem Stiftungskapital sollte die dringend notwendige Sanierung des Internats des bekannten Knabenchors eingeleitet werden. "Mit dem unerwarteten Vorgehen der Stadtverwaltung ist die dringende Sanierung in weite Ferne gerückt", sagte Kreile.
Mit dem Umbau sollen im Kulturpalast bis zum Jahr 2015 ein moderner Konzertsaal, eine städtische Zentralbibliothek und ein Saal für das Kabarett Herkuleskeule entstehen. Dabei muss besonders im Bereich des Brandschutzes und der Bausubstanz nachgebessert werden. Die Kosten liegen bei etwa 74 Millionen Euro. Zusätzlich wird ein Risikorahmen von 7,5 Millionen Euro eingeplant. Zum Ende des Jahres läuft die Betriebserlaubnis für den Kulturpalast aus.
zur Ergänzung die PM des Dresdner Kreuzchores vom 14.03.2012:
Kreuzkantor Roderich Kreile: „Wir sind entsetzt über die Entscheidung der Stadt“
„Stadtstiftung Dresdner Kreuzchor“ soll die Sanierung des Kulturpalastes finanzieren
Mit Bestürzung hat Kreuzkantor Roderich Kreile das Vorhaben der Stadtspitze zur Kenntnis genommen, für die Sanierung des Kulturpalastes Mittel der „Stadtstiftung Dresdner Kreuzchor“ umzuschichten. In einer heute auf einer Pressekonferenz vorgestellten Planung, sieht die Stadtveraltung die Finanzierung des Kulturpalastumbaus unter anderem durch das Kapital der „Stadtstiftung Dresdner Kreuzchor“ vor.
Der Stiftungsrat der kommunalen „Stadtstiftung Dresdner Kreuzchor“, dessen Vorsitzender der Kreuzkantor ist, hatte bislang geplant, mittels des Stiftungskapitals die dringend notwendige Sanierung des Alumnates einzuleiten. Zudem hatte er die Stadtverwaltung vor bereits über einem Jahr mit einer Prüfung beauftragt, ob die Stiftung die städtische Liegenschaft erwerben kann, um so einen erforderlichen Internatsanbau zu realisieren. Ein Ergebnis liegt bis heute nicht vor. Stattdessen wurde zeitgleich der Rückgriff auf das Grundstockvermögen der Stadtstiftung zugunsten des Kulturpalastes geplant. „Mit dem unerwarteten Vorgehen der Stadtverwaltung ist die dringende Sanierung in weite Ferne gerückt“, so Kreile in einer ersten Reaktion.
Im Alumnat, dem Internat des Kreuzchores, wohnen 90 der derzeit insgesamt 147 Kruzianer. Die Wohn- und Arbeitbedingungen für die Internatsbewohner genügen schon seit längerer Zeit nicht mehr den heutigen Anforderungen einer Gemeinschaftsunterkunft. Seit Jahren entspricht die Anzahl der Internatsplätze nicht der tatsächlichen Nachfrage. Zudem fehlt es an hinreichenden Sanitärbereichen, an Überäumen, getrennten Lebens- und Arbeitsräumen sowie an ausreichenden Freizeitbereichen im Haus.
„Ich habe mich über Jahre für den Umbau des Kulturpalastes eingesetzt, der unserem wichtigsten musikalischen Partner – der Dresdner Philharmonie – endlich ein angemessenes Podium verschafft. Umso mehr ist es beschämend, dass nun eine Kulturinstitution zugunsten einer anderen benachteiligt wird. Damit ist die Zukunft unseres Internatbetriebes infrage gestellt. Und letztlich wird die nun heraufbeschworene Situation zulasten unserer Chorsänger ausgetragen.“
Kreuzkantor Kreile vergleicht die Bedingungen für den Dresdner Kreuzchor mit den Gegebenheiten anderer Knabenchöre in vergleichbaren Kulturstädten, wo optimale Wohn- und Arbeitsbedingungen für die Chorsänger garantiert sind. Kreile sieht nun einen deutlichen Wettbewerbsnachteil auch im Bereich der Nachwuchsgewinnung für seinen Chor.
Die Stadtstiftung Dresdner Kreuzchor wurde im Jahr 2009 als kommunale örtliche Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet. Das Grundkapital wurde aus den Erträgen des Verkaufs der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft auf der Basis eines Stadtratsbeschlusses gebildet. Als Stiftungszweck wurde die Förderung von Kunst und Kultur festgeschrieben, der durch die Zuwendung finanzieller Mittel an den Dresdner Kreuzchor verwirklicht werden soll. Die Stiftung ist mit einem Kapitalvermögen von rund 14 Millionen Euro ausgestattet und wird als Sondervermögen der Stadt geführt. Im vergangenen Jahr erlangte die Stiftung einen Kapitalgewinn von ca. 200.000 Euro. Die Planungen der Stadtverwaltungen sehen nunmehr vor, auch diese Erträge des Kapitalvermögens als Betriebskostenzuschuss dem Kulturpalast zuzuführen.
An seinem Ziel, die Lebensbedingungen für die Kruzianer im Chorinternat auf absehbare Zeit wesentlich zu verbessern, hält Roderich Kreile dennoch fest. „Ich erwarte hier ein sofortiges Gespräch mit der Oberbürgermeisterin und den zuständigen Ressortchefs.“ Kurzfristig will der Kreuzkantor auch den Stiftungsrat einberufen.
Der Dresdner Kreuzchor ist eine Einrichtung der Landeshauptstadt Dresden, in dem Knaben und junge Männer im Alter zwischen 9 und 19 Jahren singen und musikalisch ausgebildet werden. Alle Mitglieder des Chores lernen am Evangelischen Kreuzgymnasium. Die Geschichte des Chores reicht mindestens in das Jahr 1300 zurück. Bis in die Gegenwart besteht die Hauptaufgabe des Dresdner Kreuzchores in der musikalischen Ausgestaltung liturgischer Dienste in der Kreuzkirche Dresden. Darüber hinaus gastiert der Chor auf Tourneen regelmäßig in den kulturellen Zentren des In- und Auslandes. In diesem Jahr wird eine neunte Asientournee die jungen Chorsänger nach Korea und Japan führen.