Dresden - Semperoper-Intendant Peter Theiler ist es um die Zukunft der Oper nach der Corona-Pandemie nicht bange. «Ich sehe nie schwarz, sondern versuche immer Licht zu sehen», sagt der 64 Jahre alte Schweizer der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Bislang hoffte er, die Premiere der Oper «Capriccio» von Richard Strauss am 8. Mai szenisch und vor Publikum zu zeigen.
«Ich hatte den Mai noch nicht abgehakt, aber nun können wir doch nicht spielen. Nun heißt der Plan B: Spielbetrieb frühestens ab Juni.» Momentan bereitet die Semperoper die Aufzeichnung von «Capriccio» vor.
Oper per Streaming ist für Theiler nur eine ergänzende Alternative. «Wir sind auf ein Spiel vor Publikum ausgerichtet und können nicht einfach Fernsehen machen. Dazu besitzen wir auch gar nicht die Technik. Die müsste man sehr kostenintensiv anmieten.» Für eine professionelle Aufzeichnung kämen schnell gut 150 000 Euro zusammen. «Wir wollen mit Publikum an den Start gehen, sobald das Infektionsgeschehen es wieder zulässt. Das ist der Schwerpunkt, auf den wir uns konzentrieren. Wir müssen auch wirtschaftlich denken.»
«Im Moment machen wir nur Verluste, weil wir keine Einnahmen haben», sagte der Intendant. Das sei gewissermaßen der Fluch des Erfolges. Denn die Semperoper decke 35 bis 40 Prozent ihres Gesamtetats aus Eigeneinnahmen. «Ich bewege mich in einem Dreieck. Auf der einen Seite sind wir durch die Pandemie-bedingten Vorgaben eingeschränkt. Auf der anderen Seite gibt es Erwartungen auch der Mitarbeiter. Schließlich haben wir noch unsere Konzepte und künstlerischen Ideen Das schafft massive Spannungen.» Es sei oft schwierig, den «Deckel auf dem Topf» zu halten.
Dabei fühlt Theiler mit allen seinen spielbereiten Mitarbeitern mit. Sollte es die pandemische Lage erlauben, werde man den Opernbetrieb aber nicht sofort voll hochfahren können. «Das funktioniert nicht wie bei einem Lichtschalter.» Ein umfangreicher Testbetrieb für die Mitarbeiter erlaube nun wieder mehr Spielraum für den Probenbetrieb. «Wir arbeiten auch an Testkonzepten für das Publikum.» Das werde sich sicher über den Sommer hinaus fortsetzen und sei nicht zuletzt für Besucher aus dem Ausland und aus anderen Regionen von Belang.
Theiler zufolge wird viel davon abhängen, was mit einer zunehmenden Immunisierung der Bevölkerung durch Impfungen künftig möglich ist. «Die Normalität wird sich langsam einspielen. Das hängt auch von der Entwicklung des Tourismus ab. Fast 50 Prozent unserer Opernbesucher kommen von außerhalb Sachsens. Das wird alles seine Zeit brauchen; wir müssen das behutsam angehen.» Das Konzept der Semperoper sehe vor, mit 500 bis 600 Zuschauern zu beginnen. Damit wäre das Haus nicht ganz zur Hälfte ausgelastet.
«Ich teilte die Ängste nicht, dass nach der Pandemie niemand mehr in die Semperoper will», sagte Theiler. Dieses Haus stehe schon für sich als architektonisches Juwel mitten in der Stadt. Jeder, der an diesem Gebäude vorbeigeht, wisse auch, was sich dahinter verbirgt und dass dort Musik gemacht wird. Der Bedarf an Oper und Theater sei da: «Vielleicht werden die Leute nicht alle auf einen Schlag kommen. Vielleicht wird Vorsicht überwiegen. Diese Schwelle gilt es zu überwinden. Die Oper muss ein für den Kunstgenuss sicherer Ort sein.»