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Dresdner Philharmonie will weltweit Kulturbotschafterin sein

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Die Dresdner Philharmonie steuert als eines der ältesten bürgerlichen Orchester in Deutschland auf ein Jubiläum zu. 2020 wird sie 150 Jahre alt. Von Januar an steht erstmals eine Frau als Intendantin an der Spitze des Hauses. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht Frauke Roth unter anderem über Klangvorstellungen, Rivalitäten und die «philharmonische Familie».

Interview: Jörg Schurig, dpa

Frage: Sie übernehmen das Orchester in einer schwierigen Zeit. Bis Frühjahr 2017 fehlt ein eigener Saal, weil der Kulturpalast umgebaut wird. Welche Baustellen gibt es noch für Sie?

Antwort: Der Blick richtet sich auf naheliegende Aufgaben, aber auch auf die Eröffnung des Kulturpalastes 2017. Bis dahin gibt es kein «Augen zu und durch». Unsere derzeitigen Ausweichspielstätten sind einerseits eine große Herausforderung für Musiker und Publikum. Zum anderen verbindet sich mit ihnen die Chance, neue Hörer zu interessieren und ihnen an verschiedensten Stellen der Stadt zu begegnen (...). Das möchten wir ausbauen. Für unsere spezielle Situation in dieser Interimszeit spüren wir viel Entgegenkommen von Solisten und Dirigenten. Es gibt so etwas wie eine große philharmonische Familie. Sie ist stark und hat eine lange Tradition.

Frage: Wollen Sie das Orchester noch stärker international verankern?

Antwort: Es ist international bereits gut aufgestellt. Wie haben sehr viele Anfragen aus Asien. Gleiches gilt für unsere Partner, die Gastspiele der Dresdner Philharmonie in Europa veranstalten, und für Südamerika. Es gibt ein hohes Interesse an dem, was das Orchester mit seinem Chefdirigenten Michael Sanderling und in Verbindung mit bestimmten Solisten plant. Egal, wo die Philharmonie in letzter Zeit war: Die Resonanz des Publikums und der Veranstalter ist extrem gut. Im Frühjahr sind wir erstmals seit der Ära von Rafael Frühbeck de Burgos wieder in den USA, im Sommer folgen Japan und Korea. Obwohl der Turnus bei Asien-Touren für Orchester meist bei drei Jahren liegt, will man uns dort schon nach zwei Jahren wieder hören.

Frage: Wie sieht es mit dem musikalischen Nachwuchs und Vakanzen aus?

Antwort: Für alle Orchester ist das eine Herausforderung. Dabei ist es immer besonders schwierig, prominente Stellen zu besetzen. Das hat etwas mit Ansprüchen zu tun. In unserem Fall kommt die Spezifik des Dresdner Klangideals hinzu. Heute ist der Run auf die Besten international, sie spielen in New York, Chicago, Berlin, Wien oder auch in Dresden vor. Unsere Vakanzen sind jedoch glücklicherweise überschaubar. Derzeit bewerben sich viele Frauen. Ihr Anteil im Orchester liegt momentan bei 25 Prozent. Es geht aber nicht darum, das Orchester paritätisch zu besetzen. Es geht um die beste Qualität.

Frage: Im Zuge der Globalisierung gibt es die Befürchtung, dass die Orchester immer ähnlicher klingen? Teilen Sie diese Meinung?

Antwort: Es ist normal, dass es Angleichungen gibt. In Dresden ist eine bestimmte Klangidentität noch stark im Orchester verankert - ein dunkler Klang, eine ganz andere Farbe als zum Beispiel in den amerikanischen Orchestern. Bei der Auswahl neuer Orchestermitglieder spielt das eine Rolle. Wir haben die Verantwortung, dieses Klangideal zu bewahren. Auf der anderen Seite ist gerade die Musikszene offen und international. Wir begreifen das als Chance. Im übrigen ist es ja so, dass sich junge Musiker leicht mit ihrer eigenen Identität in eine bestehende Gruppe und damit in ein Klangideal belebend einfügen. 

ZUR PERSON: Frauke Roth stammt aus Hamburg. Sie studierte an der Musikhochschule Freiburg im Breisgau, in London und Berlin. Engagements als Flötistin hatte sie in Pforzheim, Rostock und Bremen. Ab 1998 arbeitete sie als Orchestermanagerin. Vor ihrer Zeit in Dresden leitete sie die Kammerakademie Potsdam. 

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