In den nächsten Jahren sollen möglichst alle Grundschulkinder im Ruhrgebiet ein Instrument lernen können. Diese ehrgeizige Initiative stellten Ministerpräsident Rüttgers und Schulministerin Sommer gemeinsam mit den Repräsentanten der Bundeskulturstiftung, Kulturstaatsminister Neumann und die Künstlerische Direktorin Völckers, auf einer Pressekonferenz in der Bochumer Jahrhunderthalle vor.
Bochum hat an dieser Stelle erstmals gezeigt, dass sich im und für das Ruhrgebiet der Kulturhauptstadt 2010 auch weitere Städte neben dem bisherigen Bewerbungsführer Essen engagieren und kann hier bereits einiges vorweisen.
Die Initiative, die jetzt Land und Bund nach der Föderalismusreform doch in einem wichtigen bildungspolitischen Thema zur engen Kooperation zusammenführt, baut auf Erfahrungswerten auf, die an Bochumer Grundschulen gemeinsam mit der Bochumer Musikschule nunmehr im dritten Jahr gemacht werden. Der unaufgeregt und um so effizienter wirkende Kulturdezernent Küppers, den die Stadt tief im Westen nun an München abgibt, und sein Musikschulleiter Grunenberg hatten das richtige Gespür, als die Zukunftsstiftung Bildung der Bochumer GLS-Bank mit ihnen gemeinsam dieses Projekt angestoßen hat, das allgemeine Musikerziehung im Grundschulalter und die Begegnung mit dem Instrument zueinander finden lässt. Dies will die Landesregierung in den nächsten Jahren als Angebot für 212.000 Grundschulkinder modellhaft auf das Ruhrgebiet ausweiten und bei einem Erfolg im Ballungsraum im Anschluss auf ganz Nordrhein-Westfalen ausdehnen.
Zu fragen wäre, ob durchgängige Unterrichtskonzepte vom ersten bis zum vierten Schuljahr vorhanden sind oder ob die speziellen Rahmenbedingungen in der Grundschule ein solches Angebot in breiter Form angemessen ermöglichen. Da hierfür bezahlt werden u u muss, wenn auch in überschaubarem Maße und teils durch Sozialstipendien befreit, kann es keine schulische Verpflichtung sein Daher ist sicher zu stellen, dass die Unterrichtsstrukturen im Ganzen an diese Initiative angepasst werden, für Nutzer des Angebots wie für diejenigen, die es nicht wahrnehmen. Auch ist sicher noch zu klären, woher die übrigen Mittel des 50-Millionen-Budgets kommen, die noch nicht durch Bundeskulturstiftung, Land Nordrhein-Westfalen und erwarteten Elternbeiträgen gesichert sind oder wer die Fortbildung kompetent organisiert. Aber die Initiative ist zunächst als ein großer Wurf in dreifacher Hinsicht zu loben: die Zusammenarbeit von Schule und kommunaler Musikschule als Einrichtung der Kulturellen Jugendbildung, das Zusammenspiel von Land und Bund (unter Einbeziehung der Ruhrgebietskommunen) und die Finanzierung aus öffentlicher und privater Hand – dies sind zunächst Ausgangspunkte, die auf ein Gelingen dieser Initiative hoffen lassen.
So mögen in diesem ersten wunderbaren Schwung auch politische Träume erlaubt sein, etwa die, dass sich die faszinierenden Ergebnisse aus Venezuela nach Deutschland übertragen lassen, was erkennbar nicht der Fall sein kann, wenn man sich nur ein wenig mit der Materie und den Gelingensbedingungen befasst hat. Den Traum eines „Kinderorchesters Ruhr“ sollte man auf jeden Fall Wirklichkeit werden lassen; gute Ansätze fanden sich schon dazu bei der Orchesterformation, die anlässlich der Pressekonferenz einige kleine Werke mit Engagement präsentierte.
Wenn ein erfahrener Dirigent gefunden wird, der künstlerisch wie pädagogisch mit Kindern zu arbeiten versteht, wird sicher in naher Zukunft ein begeisterndes Orchester entstehen können. Die Kinder, die in der Jahrhunderthalle musiziert haben, zogen zunächst einmal den Zuhörer mit ihrer frischen Art in ihren Bann. Also: man darf gespannt sein auf diese Initiative „Jedem Kind ein Instrument“. Schulministerin Sommer machte in ihren Worten bei der Pressekonferenz übrigens deutlich, dass diese Initiative nicht den Musikunterricht in der Schule ersetzen kann und das Land daher weiter Anstrengungen unternehmen will, diesen stärker als bisher in der Schule – vor allem in der Grundschule - stattfinden zu lassen. Wie das erfolgen soll, ist an diesem Tag noch offen geblieben.