Die Geräte aus fast fünfzig Jahren gehören zu den Kronjuwelen der jüngeren Musikgeschichte. Das Studio für Elektronische Musik des WDR Köln wurde 1951 gegründet und sorgte ab 1953 mit radikal neuen Verfahren der Klangerzeugung für Furore. Köln wurde dadurch zu einem Magneten für Musikschaffende aus der halben Welt. Bis heute hat sich das einzigartige Inventar erhalten: analoge Generatoren, Filter, Verzerrer, Ringmodulatoren, Hallplatten, Bandmaschinen, Schneidetische, Emulatoren, Mischpulte, Modularsynthesizer, EMS, Fairlight, Vocoder, erste Sampler und Digitaltechnik der 1990er-Jahre et cetera.
Mit der Einstellung des Betriebs im Jahr 2000 wurde das gesamte Ensemble behelfsmäßig ausgelagert und nur noch zur Digitalisierung von Tonbändern genutzt. Und seitdem wurde dieses internationale Kulturgut ersten Ranges herumgeschoben wie eine heiße Kartoffel. Der WDR wollte sich der kostspieligen Altlast entledigen und die Stadt sah sich nur bedingt für das Erbe des Senders zuständig. Mehrfach gab es Anläufe, den Technikparcours neu unterzubringen: im Museum für Angewandte Kunst Köln, in der Musikhochschule, im Kunsthaus Mödrath, im alten WERAG-Gebäude Raderberg. Nun ist endlich eine vielversprechende Lösung gefunden.
Anfang Februar beschloss der Rat der Stadt Köln das Konzept „zamus 2.0 / SEM“ für den Wiederaufbau des Studios im seit 2011 bestehenden Zentrum für Alte Musik (zamus). Die von der Kölner Gesellschaft für Alte Musik betriebene Einrichtung kommt der freien Szene der Alten Musik, aber auch anderen Sparten zugute. Der historische Gebäudekomplex Rheinlandhalle/Heliosturm in Köln-Ehrenfeld ist über U- und S-Bahnen sehr gut erreichbar. Die Räume werden renoviert und auf die doppelte Fläche von dann 2.250 qm erweitert. Es gibt zusätzliche Büros, Instrumenten-, Gäste- und Stimmzimmer, ein zentrales Foyer, einen Coworking Space sowie einen zweiten Proben- und Konzertsaal für 150 Personen. Hinzu kommen architektonische und akustische Verbesserungen, Anheben der Geschosshöhe, Schall- und Brandschutztechnik, konzerttaugliches Lüftungssystem.
Hier wird auf rund 250 qm auch das vom WDR überlassene elektronische Studio dauerhaft integriert. Dessen neuer Träger wird das Netzwerk ON Cologne für Neue Musik. Geplant ist kein totes Museum, sondern ein mit Leben, Arbeit, Menschen und Ideen gefüllter Ort für künstlerische Produktion und öffentliche Präsentation verschiedener Genres und Stilistiken, für Lehre, Vermittlung und Workshops mit Schulklassen, sowie für wissenschaftliche Forschung und Diskurs. Ausgeschrieben werden drei Planstellen für künstlerische Leitung, technische Leitung und Assistenz. Stipendien und Residenzen sowie Kooperationen mit den Musik- und Medienhochschulen des Landes NRW sollen Arbeits- und Forschungsaufenthalte im Studio ermöglichen.
Der WDR wird das Studio überführen und funktionsfähig installieren. Den zentralen Lautsprecherring werden verschiedene Arbeitsplätze umgeben, die sich an den historischen Ausbaustufen orientieren. Angrenzende Räume beherbergen eine Werkstatt für Wartung und Reparatur sowie ein Lager und ein Archiv für Produktionsunterlagen, Entwürfe, Pläne, Skizzen, Fotografien, Filme, Partituren, Memorabilia. Eine Website soll die Bestände und Möglichkeiten des Studios kommunizieren sowie Datenbanken, Dokumentationen und Musik zugänglich machen. Die Umbauten übernimmt die Firma Bauwens als Eigentümer der Immobilie. Die Fertigstellung ist für März 2025 geplant. Die Betriebs-, Personal- und Mietkosten teilen sich Stadt Köln und Land NRW. – Dann werden wir sehen und hören, endlich!