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Engagiert in allen denkbaren Sparten

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Jugend-Kultur-Rat: Zum Tod von Bruno Tetzner
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„Relevanz musischer Bildung“ war Bruno Tetzners Stichwort, das ihn lebenslang beschäftigte, Innovation in der „Soziokultur“ das Kürzel, unter dem er antrat, das ihn motivierte, das er aus erkannter defizitärer Situation anreicherte, visionär interpretierte, aber auch kritisch hinterfragte.

 Mit überzeugender Argumentation verstand er, kultur- und gesellschaftspolitisch bei den Entscheidungsträgern zu landen. Was gleichbedeutend war, die Finanzierung erkannter Anliegen aus den Haushalten von Land und Bund dauerhaft zu sichern. Was im Laufe und durch Bruno Tetzners  Wirken auf diese Weise in Summa an finanziellen Mitteln jugendkultureller Arbeit zuwuchs und diese auf- und ausbauend ermöglichte, ist in der Bilanz kaum fassbar.

Obwohl im Nebendienst der Orgel und seinem Chor anhängend, ging es Tetzner keineswegs um Musik allein in allen Facetten zwischen Bach, Pop und Elektronik, sondern gleichrangig um alle denkbaren kulturellen Aktivitäten in der außerschulischen Bildung, machte sie diskussionswürdig und weckte zunehmend Nachfrage nach ergänzender und begleitender Fort- und Weiterbildung. So entstand mit solch selbstbestimmtem Auftrag in Remscheid, dem Ort, wo er nach Kriegseinsatz und Gefangenschaft ganz jung zunächst im Kulturamt tätig war, 1958 die erste bundesweite Musische Bildungsstätte, die er, zunächst Wilhelm Twittenhoff assistierend, dann selbst weiterprägend leitete. Zehn Jahre danach, aktuellen Gegebenheiten und geweckten Bedürfnissen Rechnung tragend, wurde diese Akademie Remscheid für musische Bildung und Medienerziehung (ARS) unter diesem erweiterten Begriff zum exemplarischen Vorreiter und Modell, wie kulturelle Jugend- und Sozialarbeit nachhaltig qualifiziert werden kann.

Durch Jahrzehnte hindurch verstanden es Tetzner und sein Team, die ARS immer wieder zum denkwürdigen Kristallisationstreff werden zu lassen für aufgeweckte junge Kräfte unseres Landes, die sich für weite Initiativen animieren und mitreißen ließen. Aus dem 1955 entstandenen bundesweiten Aktionskreis mit seinen wiederholten Festivals „Musik Spiel Tanz“ entwickelte sich in den sechziger Jahren die ebenfalls von ihm jahrzehntelang geleitete Bundesvereinigung Kulturelle (Kinder- und) Jugendbildung als kompetenter Dachverband und kulturpolitisches Forum für rund 50 Fachinstitutionen, die sich für kulturelle Lebenshilfe und entsprechende Schlüsselqualifikationen in allen denkbaren künstlerischen Sparten engagieren. Tetzners Ansinnen vervielfältig-te sich in der Begründung kultureller Landesarbeitsgemeinschaften, im (Auf-)Bau von weiteren Landes- und Verbandsakademien mit ähnlichem oder thematisch ergänzendem Zuschnitt. Die Idee, Jazz zu lehren und zu lernen, wie sie die junge Jeunesses Musicales in ihren Kursen startete, griff er auf; Jazz, Rock und Pop gehörten fortan zu seinem Akademieangebot. Seit 1967 warb er erfolgreich für sein Konzept von spartenübergreifenden Jugend-Kunstschulen. Beteiigt war er schon 1952 bei der Gründung des Verbandes der Jugend- und Volksmusikschulen und dann erst recht bei der rasanten Entwicklung der Musikschullandschaft in NRW. Seine Mitarbeit im Deutschen Musik-rat und sein Rat im Deutschen Kulturrat waren gefragt; die Gründung des Landesmusikrates in NRW im Jahre 1978 ist sein Verdienst, ebenso 1982 das in der ARS ansässige, interkultureller Begegnung dienende Institut für Bildung und Kultur.

Was unsere Gesellschaft dem multifunktionalen Motor Bruno Tetzner durch seine einzigartige Symbiose von Kulturpädagogik, Kulturmanagement und Kulturpolitik zu verdanken hat, formulierten ihm zu seinem 80. Geburtstag fünfzig Weggefährten, Mitstreiter und Freunde, nachzulesen in „Wirkungen...Spuren...Echo“ (Remscheid 2002), einem einzigartigen weitgefächerten Dokument eines einzigartigen Mannes, der am 25. Juli dieses Jahres eine reiche Ernte, aber auch große Verpflichtung hinterlassen hat.

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