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Finanzskandal bei Salzburger Osterfestspielen weitet sich aus

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Der Finanzskandal bei den Salzburger Osterfestspielen weitet sich aus. Wie die Salzburger Landeshauptfrau Gaby Burgstaller (SPÖ) am Mittwoch in Salzburg mitteilte, sind die Osterfestspiele seit 2002 um möglicherweise bis zu zwei Millionen Euro geschädigt worden. Dies habe eine Sonderprüfung der Bücher des Festivals ergeben.

Die Salzburger Landeshauptfrau Gaby Burgstaller war fassungslos: Offenbar sind die Salzburger Osterfestspiele, das von Herbert von Karajan gegründete Salzburger Festival der Berliner Philharmoniker, über Jahre hinweg um Millionen Euro geschädigt worden. Mittlerweile stehe der Verdacht der Untreue oder gar des Betrugs im Raum, sagte die SPÖ-Politikerin und Regierungschefin des Landes Salzburg am Mittwoch. Burgstaller sprach von einer «Unkultur der Selbstbedienung», die nicht in die Kulturberichterstattung gehöre, sondern in den Bereich der Wirtschaftskriminalität. Jetzt sei die Justiz am Zug. In österreichische Medien war von einem «Wirtschaftskrimi» die Rede.

Die am Mittwoch vorgestellten Ergebnisse der von Burgstaller im vergangenen Dezember in Auftrag gegebenen Sonderprüfung der Osterfestspiele deuten auf einen wahren Sumpf bei dem Festival hin. Es gehe um ungerechtfertigt einbehaltene Sponsorengelder, ungerechtfertigte Provisionszahlungen, ungenehmigte Gehaltssteigerungen und Unterschlagung bei Spesenabrechnungen. Darüber hinaus seien Zahlungen an Firmen ohne konkrete Leistungsnachweise geleistet worden. Die Schadenssumme bezifferte Burgstaller auf mehr als zwei Millionen Euro.

Burgstaller, die die Prüfung im Dezember nach ersten Hinweisen auf finanzielle Unregelmäßigkeiten eingeleitet hatte, sprach von einem geschlossenen System innerhalb der Osterfestspiele, mit dem es gelungen sei, diese Tatsachen jahrelang zu verschleiern. «Nach außen hin und gegenüber den Verantwortlichen im Osterfestspiel-Kuratorium gab es den Anschein der lückenlosen Kontrolle und damit der Richtigkeit aller vorgelegten Unterlagen.» Nun stelle sich jedoch heraus, dass trotz des Vorliegens von Bilanzen und Prüfungsberichten international anerkannter Wirtschaftskanzleien offenbar Straftaten begangen worden seien.

Die Vorwürfe richten sich in erster Linie gegen den im Dezember 2009 fristlos entlassenen Osterfestspiel-Geschäftsführer Michael Dewitte. Es habe aber auch «Verflechtungen» mit Drittfirmen und Personen aus dem Umkreis der Sommerfestspiele gegeben, die noch genauer untersucht werden müssten, hieß es. Im Zusammenhang mit diesen Vorwürfen wurde am 22. Januar auch dem langjährigen Technikdirektor der Salzburger Sommerfestspiele, Klaus Kretschmer, fristlos gekündigt. Kretschmer war in der Nacht zu Dienstag mit schweren Verletzungen unter einer Brücke in Bergheim bei Salzburg gefunden worden. Er hatte offenbar einen Selbstmordversuch unternommen und liegt seither im Krankenhaus. Sowohl Kretschmer als auch Dewitte haben die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zurückgewiesen.

Beim «größten Brocken der vermuteten Unregelmäßigkeiten» (Burgstaller) handelt es sich um Provisionszahlungen auf Sponsoreneinnahmen, die sich Dewitte angeblich ohne vertragliche und rechtliche Grundlage auszahlen ließ. So soll der frühere Osterfestspielchef unter anderem einen Betrag in Höhe von 300 000 Euro von der Spende eines russischen Musikfreundes für sich abgezweigt und auf das Konto einer «nach allen vorliegenden Informationen nicht existierenden Firma mit Sitz in der Karibik und eine Kontoverbindung im türkischen Nordzypern» überwiesen haben. Die Wirtschaftsprüfer sollen auch Hinweise darauf gefunden haben, dass Dewitte in den Jahren 2001 bis 2009 mehr als eine halbe Million Euro zu viel Gehalt bezogen hat.

Auch zu den gegen Klaus Kretschmer erhobenen Vorwürfen nennt der Prüfbericht Details. So habe Kretschmer in eigenem Namen und über im bayerischen Freilassing ansässige Firmen den Osterfestspielen Rechnungen für Beratungsleistungen in Höhe von rund 700 000 Euro ausgestellt. Für die Leistungen seien keine Konkurrenzangebote eingeholt worden. Es habe auch nicht festgestellt werden können, inwieweit diese Leistungen überhaupt erbracht worden sind.

Kretschmer hatte sich vor seinem mutmaßlichen Selbstmordversuch in einem Zeitungsinterview heftig gegen die Anschuldigungen gewehrt. Er sprach von einer Intrige gegen Dewitte, er selbst sei «der Kollateralschaden». Dewitte wies die Vorwürfe als unhaltbar und Unfug zurück. Die Salzburger Staatsanwaltschaft prüft derzeit mögliche strafrechtliche Konsequenzen.

Ungeachtet aller Turbulenzen laufen die Vorbereitungen für die diesjährigen Osterfestspiele (27. März bis 5. April) laut Burgstaller störungsfrei. Die künstlerische Qualität sei gesichert.

 

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