Französische Verleger wollen Google doch noch zur Kasse bitten und hoffen dafür auf die Wettbewerbsbehörde. Sie kämen zur Verbreitung ihrer Inhalte an der Suchmaschine nicht vorbei, lautet das Argument. Der Konzern weist den Vorwurf eines Marktmacht-Missbrauchs zurück.
Im Streit um die Anwendung des EU-Urheberrechts wollen französische Verleger Beschwerde gegen Google bei der nationalen Wettbewerbsbehörde einreichen. Das teilten der Verband L'Alliance de la presse d'information générale und andere Medienverbände am Donnerstag in Paris mit.
Die im Frühjahr auf EU-Ebene verabschiedete Reform soll das veraltete Urheberrecht in der EU ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung sichern.
In Frankreich als erstem Land mit den neuen Regeln will Google auf die standardmäßige Anzeige kleiner „Snippet“-Vorschauen von Presseartikeln mit Textausschnitten und Bildern verzichten und kein Geld für die Darstellung von Links mit Überschriften in der Websuche zahlen. „Wir verkaufen Anzeigen und keine Suchergebnisse – und jede Anzeige bei Google ist klar gekennzeichnet“, erklärte der zuständige Top-Manager Richard Gingras vor einem Monat. „Deshalb zahlen wir nicht an Verleger, wenn Leute auf deren Links in Suchergebnissen klicken.“
Europäische Verleger hatten sich Hoffnungen auf Zahlungen von Google gemacht, nachdem in der Urheberrechtsreform das sogenannte Leistungsschutzrecht festgeschrieben wurde. Demnach müssen Suchmaschinen Lizenzen für die Anzeige von Auszügen aus Medieninhalten erwerben.
Daran knüpften die französischen Verleger an, die am Donnerstag erklärten, Google verletze mit seiner Vorgehensweise nationales und europäisches Recht. Sie argumentierten, der Internet-Konzern sei in einer „Quasi-Monopolposition“, da sie bei der Verbreitung ihrer Inhalte nicht auf die Plattform verzichten könnten.
Schützenhilfe kam von Frankreichs Kulturminister Franck Riester: „In Frankreich sorgen 35.000 Journalisten mit einer Pressekarte (...) für eine professionelle, verlässliche Qualitäts-Berichterstattung. Google (hat) auf der anderen Seite wie viele Journalisten?“. Riester kündigte an, beim kommenden Treffen mit seinen EU-Amtskollegen am 21. November über mögliche Regeln für eine bessere Regulierung großer Internetplattformen zu sprechen.
Die Verlage bekommen von Google die Möglichkeit, von sich aus festlegen zu können, dass sie auch Fotos und Textauszüge in der Websuche angezeigt haben wollen. Eine Vergütung der Verlage ist dabei nicht vorgesehen.
„Das Gesetz schreibt keine Zahlung für Links vor, die europäischen Verlage erzielen bereits einen erheblichen Wert aus den acht Milliarden Seitenaufrufen durch Menschen, die bei Google suchen“, erklärte ein Google-Sprecher am Donnerstag. Verlage hätten mehr denn je die Wahl bei der Frage, wie ihre Inhalte bei Google angezeigt werden sollen. „Völlig unabhängig von der Wahl, die sie treffen, entfernen wir niemanden aus der Suche. Auch ändern wir nicht, wie wir die Relevanz einer Seite bewerten.“
Die deutschen Verbände VDZ (Verband Deutscher Zeitschriftenverleger) und BDZV (Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger) sagten den französischen Verlagen ihre Unterstützung zu. „Nach unserer Auffassung missbraucht Google seine Marktmacht dazu, das heute in Frankreich in Kraft getretene neue Urheberrecht zu umgehen“, sagte ein Sprecher der Verbände. „Mit großer Irritation haben wir auch eine E-Mail von Google zur Kenntnis genommen, nach der die in Deutschland erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften ebenfalls ihre Darstellung in den Ergebnissen der Suchmaschine überprüfen sollen und dabei auf die restriktiven Schritte des Suchmaschinengiganten in Frankreich hingewiesen werden.“