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GDBA protestiert gegen Strukturreform in Mecklenburg-Vorpommern

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Zum Diskussions- und Eckpunktepapier der Landesregierung zur Weiterentwicklung der Theater- und Orchesterstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern 2010-2020 äußert sich Hans Herdlein in einem Schreiben wie folgt:

"Die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) als gewerkschaftliche Organisation der Bühnenkünstler wendet sich entschieden gegen die im Eckpunktepapier der Landesregierung geplanten Strukturänderungen der Theater und Orchester im Land Mecklenburg-Vorpommern. Die Umsetzung dieser Vorlage ist mit dem sich aus Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz ergebenden Kulturauftrag, ein freiheitliches Kunstleben zu erhalten und zu fördern, nicht vereinbar. Sie stellt keine Weiterentwicklung der Theater und Orchester dar, wie behauptet, sondern führt zu einem Bruch mit der bestehenden kulturellen Infrastruktur des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Sie steht in diametralen Widerspruch zum fortgeltenden Recht des Art. 35 – Kultur – Einigungsvertrag, nach dem die kulturelle Substanz keinen Schaden nehmen darf.

Die regierungsseitigen Vorgaben für die Sicherung eines ausgewogenen Theater- und Konzertangebots mit Schauspiel, Musiktheater, Ballett und Konzertwesen führen geradewegs zu einer drastischen Veränderung der Ensemblestrukturen der einzelnen Häuser und zur Auszehrung der künstlerischen Arbeitsgrundlagen. Die beabsichtigte Schaffung so genannter „Kooperationsräume“, die nach Art der früheren Wanderbühnen bespielt werden sollen, zieht zwangsläufig eine erhebliche Reduzierung der künstlerischen Qualität nach sich.

Sie gefährdet die Betriebs- und Spielfähigkeit der jetzt noch funktionsfähigen Häuser. Das in dem Eckpunktepapier ausdrücklich betonte Ziel, mit den beabsichtigten Strukturveränderungen eine „hohe künstlerische Qualität des Theater- und Konzertwesens“ zu erreichen, kann im Wege der vorgegebenen „Straffung der Strukturen“ – also durch Personalabbau, Fusionierung bis zur Schließung kleinerer Spielstätten – nicht verwirklicht werden.

Die künstlerische Arbeit am Theater folgt anderen Gesetzmäßigkeiten als ein gewerblicher Produktionsbetrieb. Ein Theater kann auch nicht wie eine Behörde organisiert sein. Die materiellen Ressourcen und die Arbeit aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter orientieren sich am künstlerischen Prozess. Die Arbeit aller Abteilungen des Theaters – von der Verwaltung über die Technik bis zu den künstlerischen Abteilungen – sind auf diesen Prozess ausgerichtet. Diesen Besonderheiten trägt das an rein betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichtete Eckpunktepapier keine Rechnung. Die betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise wird allerdings in dem entscheidenden Punkt verlassen, wenn es um die finanzielle Ausstattung der Theater tragenden Kommunen geht, denen bis zum Jahr 2020 der gegenwärtige Zuschuss in Höhe von 35,8 Mio. € aus dem Finanzausgleichsgesetz zugestanden wird. Dieser Zuschuss ist darüber hinaus an die Bedingung der „Einsparung und Zusammenarbeit mit anderen“ gebunden. Von den Theater tragenden Kommunen wird erwartet, dass sie sich angemessen, mit mindestens 50 Prozent des jeweiligen Landesanteiles an der Finanzierung ihrer Einrichtung beteiligen. Auch diese kommunale Teilfinanzierung ist an die gleiche Bedingung der Einsparung und Zusammenarbeit mit anderen – also Personalabbau und Fusionierung – gebunden.

Kulturpolitik darf sich nicht darin erschöpfen, Stellen abzubauen und Theater zu schließen. Bei allen noch so notwendigen Strukturveränderungen müssen immer Jene, für die und von denen Kultur gemacht wird, im Mittelpunkt stehen.

Hans Herdlein
Präsident der GDBA"