Immer wieder werden in verschiedener Form Differenzen zwischen den kommunalen Musikschulen einerseits und den freien Soloselbstständigen andererseits dargestellt und kommuniziert. Oft werden dabei die kommunalen Musikschulen – meistens im VdM organisiert – als altertümlich-arrogante Relikte bezeichnet, die die Zeichen der Zeit verschlafen hätten und sich zu Unrecht in einer quasi staatlichen Monopolsituation wähnten. Andererseits werden freie Musikpädagogen zuweilen als skurril-eigenwillige Einzelgänger mit fragwürdiger Qualifikation und unangemessenen Forderungen hinsichtlich staatlicher Förderung dargestellt.
Dass derlei Grabenkämpfe auf lange Sicht nicht viel bringen, eine die Interessen beider Seiten wahrende Kooperation hingegen schon, kann man seit mehreren Jahrzehnten in Bremen beobachten. Gerade Großstädte haben den Vorteil der eher kurzen Wege sowie konstruktiver personeller Kontakte.
Eine der Mitbegründerinnen des Bremer TKV und die Initiatorin der in diesem Jahr zum siebzigsten Mal durchgeführten Bremer Hausmusikwoche, Hildegard Meyer, war von 1979 bis 1987 Leiterin der Musikschule Bremen. Die meisten Lehrkräfte der Musikschule – sowohl früher als auch heute – sind ebenfalls Mitglied im DTKV. Schon hier zeigt sich, wie das gemeinsame Boot beschaffen ist. Wobei die Musikschule einerseits ihr spezifisches Standing hatte und hat, andererseits im bürgerlichen Bremen der Privatunterricht immer schon überproportional stark ausgeprägt war. Dass in den Jugendorchestern der Musikschule auch viele Schülerinnen und Schüler von Privatmusikerziehern vertreten sind, ist eine seit Jahrzehnten gelebte Tradition.
Die Bremer Hausmusikwoche des Bremer TKV ist ein Veranstaltungsformat, in das sich über die sieben Jahrzehnte viele Institutionen haben integrieren können: Veranstaltungen finden in vielen Kirchen, im Konzerthaus „Glocke“, aber auch im Rathaus, im Pier 2, in etlichen Museen, in vielen alternativen Konzertorten – und eben auch in der Hochschule für Künste sowie der Musikschule statt. Auch private Musikschulen, deren Lehrkräfte im DTKV sind, sind seit vielen Jahren dabei. In dieser bunten Durchmischung der Beteiligten kommt plastisch zum Ausdruck, dass es letztlich um die Kinder und Jugendlichen sowie um die Musik beziehungsweise die Kultur allgemein geht. Statusdebatten zwischen einzelnen Anbietern sind dabei nur kontraproduktiv.
Kleine Münze des Alltags
Dass es neben solchen exzeptionellen Veranstaltungen auch positive Verbindungen in der kleinen Münze des Alltags gibt, mag man daran erkennen, dass bis vor kurzem zwei Bezirksleiter der Musikschule, die außerdem Regionalausschussvorsitzende bei Jugend musiziert sind, im Vorstand des Bremer TKV vertreten waren (aktuell nur noch einer). Die Tatsache, dass die Sitzungen des TKV-Vorstands in der Regel in den Räumlichkeiten der Musikschule stattfinden, ist dabei nur eine organisatorische Randnotiz. Dass an den Standorten der Musikschule neben eigenen Infoflyern ebenfalls die Adressbücher des DTKV ausliegen (also der Freiberufler), ist auch ein Ausdruck des tolerierenden Miteinanders.
Jugend musiziert ist ein gutes Stichwort. DTKV und VdM sind Mitglied im Beirat von Jugend musiziert. Die Musikschule Bremen unterstützt den Wettbewerb seit Jahrzehnten durch Personal, Räumlichkeiten und Ausstattung. Die Teilnehmerquote von Schülerinnen und Schülern aus dem Privatunterrichtsbereich ist kontinuierlich hoch. Auch hier ist die Musikschule mit der Vorhaltung von Administration und Sachmitteln offen für alle Teilnehmer und bietet ihnen unabhängig von der Unterrichtsform (kommunal oder privat) die gleichen Austragungsbedingungen.
Als sich vor rund zwei Jahren die Honorarlehrkräfte der Musikschule auf den Weg machten, mit der Politik um bessere Bedingungen zu verhandeln, war der DTKV an vorderster Linie dabei, dieses Ansinnen zu unterstützen. Eine kleine Honorarerhöhung ist ein erster Erfolg, weitere Entwicklungen gilt es abzuwarten. Seit 2017 gibt es eine offizielle Kooperationsvereinbarung zwischen Musikschule und dem Bremer TKV, um Fortbildungen für Lehrkräfte wenn möglich gemeinsam zu veranstalten. Die Teilnahme ist für Lehrkräfte der Musikschule sowie für Mitglieder des Bremer TKV in der Regel kostenfrei.
Man teilt sich fair die Kosten und die Organisation und kann dadurch für die Kolleginnen und Kollegen deutlich mehr Fortbildungen anbieten, als wenn das jeder für sich machen würde. Seitdem ist die Zahl an Fortbildungsveranstaltungen in Bremen rapide angestiegen. Hin und wieder ist auch die Hochschule für Künste als dritter Partner dabei. Dieses auch im Alltag geräuschlose Miteinander dient letztlich nur dem Nutzen und der künstlerischen und pädagogischen Qualität der Musikerinnen und Musiker und damit allen Kindern und Jugendlichen vor Ort, die sich in ihrer Freizeit mit Musik beschäftigen.
Seit 2014 beteiligt sich die Musikschule Bremen auch an dem Bundesprogramm „Kultur macht stark“. In mittlerweile fast zehn Projekten arbeiten gut 20 Lehrkräfte, von denen bis auf zwei alle freiberuflich Tätige sowie Mitglieder im Bremer TKV sind. Hier leitet also die kommunale Musikschule erhebliche Bundesmittel in die freie Szene um und ermöglicht damit freiberuflich Arbeitenden zumindest in den Projekten auskömmliche Honorare.Dass die Musikschule weiterhin Räumlichkeiten zum Beispiel für Proben an Ensembles der freien Szene, die meistens aus DTKV-Mitgliedern bestehen, in aller Regel kostenfrei zur Verfügung stellt, ist ebenfalls ein Ausdruck gewachsener Kooperation. Aber auch verschiedene Kooperationen mit den beiden Bremer Orches_tern, den Bremer Philharmonikern und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen sind sowohl von der Musikschule als auch dem DTKV offen und teamorientiert angelegt.
Solidarische Tarife
Und nicht zuletzt die Tatsache, dass die Gebührenstruktur der kommunalen Musikschule so gestaltet ist, dass es zwar umfangreiche Sozialermäßigungen gibt, aber die Basistarife für die Kunden so hoch angesetzt sind, dass den Soloselbstständigen in der Honorargestaltung genug Luft zum eigenen Überleben bleibt, ist auch schlichtweg ein Akt der brancheninternen Solidarität. Die regelmäßig durchgeführten Honorarumfragen bei den Bremer TKV-Mitgliedern belegen dies eindrucksvoll.
Insbesondere die Musikschule Bremen als kommunale Institution sieht diese vielfältige Kooperation mit der freien Szene und dem DTKV als zentralen Bereich in der Wahrnehmung einer Querschnittsfunktion für musikalisch-kulturelle Bildung und erfüllt damit eine ihrer originären Aufgaben.
Alles richtig gemacht? Nun ja, der Markt verändert sich, eine Institution wie die Musikschule ist dabei naturgemäß schwerfälliger. Er wird auch immer enger, denn die Bremer Hochschule für Künste entlässt zuverlässig Jahr um Jahr neue Musikpädagoginnen und -pädagogen auf den Markt, die auch ihre Überlebensnische suchen. Das gibt im Detail immer wieder mal kleinere Reibereien zwischen der kommunalen Institution und einem freien Einzelkämpfer. Aber angesichts der Gesamtkonstellation in Bremen sind das nur punktuelle Einzelfälle. Kundenakquise ist für alle Mitspieler auf dem Markt fordernder geworden, und in einzelnen Fällen hat die oft als übermächtig wahrgenommene kommunale Institution auch mal das Nachsehen gegenüber agil und geschickt agierenden Einzelkämpfern!
Schulterschluss
Die Relevanz einer vernünftigen musikalischen Bildung gegenüber der Politik und der breiten Bevölkerung zu verdeutlichen, dies kann nur im Schulterschluss aller Akteure gelingen. Das gilt auch über beide Institutionen hinaus für die gesamte Branche, wobei hier der strategische Wert des Landesmusikrates nicht außer Acht gelassen werden darf. Und an dieser Stärkung von Kunst, Kultur und Bildung im finanzklammen Bremen weiter zu arbeiten, ist sowohl der Musikschule Bremen als auch dem Bremer Tonkünstlerverband ein zentrales Anliegen. Es gilt hier wie so oft: Gemeinsam ist man stärker.
- Stefan Lindemann, Andreas Lemke, komm. Leiter der Musikschule Bremen, Tim Günther, 1. Vorsitzender des Deutschen Tonkünstlerverbandes, Landesverband Bremen