Hamburg - In der Musikbranche geben noch immer viele Männer den Ton an. Zwar ändert sich das, aber nur langsam. Das zeigt eine Studie des Reeperbahn-Festivals. Dabei könnte sich ein Wandel auch in den Kassen lohnen. Und inhaltlich sowieso, wie Maria Furtwängler sagt.
Wenn Konzertveranstalter, Clubs, Radiosender und Streamingdienste bei der Auswahl ihrer Künstler verstärkt auf die Ausgeglichenheit der Geschlechter achten, dürften sie künftig auch wirtschaftlich davon profitieren. Das geht aus einer am Donnerstag in Hamburg auf dem Reeperbahn-Festival vorgestellten Studie hervor. «Da wachsen Zielgruppen heran, denen das wichtig ist und deshalb kann es für die Branche klug sein, sich darauf einzustellen», sagte Festivalchef Alexander Schulz dazu.
Schon jetzt achtet demzufolge jeder Fünfte beim Kauf von Musikprodukten auf Geschlechtervielfalt, in der Gruppe der 16- bis 29-Jährigen ist es bereits jeder Dritte. Auch bei der Auswahl eines Radiosenders oder eines Streamingdienstes würden sich 28 beziehungsweise 34 Prozent der Befragten von einer Selbstverpflichtung für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den Playlisten beeinflussen lassen.
Schulz sieht für Unternehmen, die sich für Geschlechtergleichheit stark machen, auch eine Chance auf mehr Abgrenzung zur Konkurrenz. «Damit kann man sich ein Profil schaffen und es schärfen. Das macht die Unterscheidbarkeit von eigentlich gleichen Produkten aus. Diese Chance müssen wir nutzen.»
Die vom Reeperbahn-Festival in Auftrag gegebene repräsentative Studie ist Teil der 2017 angestoßenen Keychange-Offensive. Seitdem macht sich das Festival, das nicht nur Clubfestival, sondern auch internationaler Branchentreff ist, für die Stärkung der Frauen in der Musikwelt stark - sowohl vor als auch hinter den Kulissen. Das geschieht durch Netzwerkarbeit, Schulungen, Mentoring und Präsenzmöglichkeiten für Frauen. Außerdem sind mit Verbänden und Unternehmen Selbstverpflichtungen mit Blick auf eine Frauenquote vereinbart worden.
Die Studie hat auch die Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen in der Musikbranche untersucht. Demzufolge ist nur etwa ein Viertel der Befragten davon überzeugt, dass die bereits erreicht sei. 47 Prozent der Interviewten aus der Musikwirtschaft sehen dagegen noch Nachholbedarf. Noch immer würden Männer trotz gleicher Leistung bevorzugt, die Leistungen von Frauen abgetan und wichtige Entscheidungen unter Männern getroffen.
Die von Schauspielerin Maria Furtwängler und ihrer Tochter Elisabeth Furtwängler gegründete MaLisa-Stiftung hat die Studie inhaltlich begleitet und bei der Analyse unterstützt. Sie macht sich für eine gleichberechtigte Gesellschaft und eine Frauenquote unter anderem in den Bereichen Film und Musik stark. Es gehe auch darum, der Branche klar zu machen, dass andernfalls die Vielfalt der Stimmen verloren geht, sagte Maria Furtwängler dazu. «So lange die Branche in männlicher Hand ist, wird ein Teil der Musik nicht zu hören sein.» Eine Frauenquote sei nichts, wofür man sich schämen müsste. «Da kann ich nur sagen: Es wird höchste Zeit.»
Das viertägige Festival mit rund 300 Konzerten und 150 Fachveranstaltungen war am Mittwoch mit einem Auftritt des Musikstars Sting eröffnet worden und geht noch bis zum Samstag.